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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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etwas verändern kann. Zumal diese Fahrt auch nur vertretungsweise erfolgt ist. Ich nehme aber stark an, dass ich nach Spanien fahren muss. Wenigstens hatte man so etwas verlauten lassen. Aber wie gesagt, dass kann sich in letzter Minute noch ändern.«
    »Und das war schon immer so?«
    Er lachte. »Gottbewahre! Aber seit einigen Jahren schon, da jagd ein Termin den anderen. Die Anbieter von Billigreisen schossen aber auch wie Pilze aus der Erde. Um da mithalten zu können, bedarf es mit Sicherheit einer bis zum Limit ausgeklügelten Kalkulation. Nun, was soll’s, das dürfte mehr oder wenig alle Branchen betreffen.«
    »Deshalb könnte ich es mir auch sehr gut vorstellen, dass du froh darüber bist es bald geschafft zu haben.«
    »Tja«, er machte eine undefinierbare Handbewegung, »vorausgesetzt der Gesetzgeber lässt sich bis dahin nicht noch etwas Gegenteiliges einfallen. Weiß man’s …« Er legte plötzlich den Arm um ihre Schultern und drückte sie einen kurzen Moment lang fest an sich und flüsterte zärtlich an ihr Ohr: »Ich werde immer an dich denken – so schnell gebe ich nicht auf.«
    Lenas Herz klopfte heftig bis zum Hals hinauf. Sie spürte plötzlich, wie ein wohlig warmes Glücksgefühl, so wie sie es nie für möglich gehalten hätte, sie durchdrang.
    »Lena, meine Liebe, ich muss mich jetzt verabschieden, da mich morgen ein anstrengender Tag erwartet.«
    »Ich weiß, Knut. Gute Nacht also, und träum was Schönes!«
    In dieser Nacht floh Lena der Schlaf. Sie konnte einfach nicht zur Ruhe kommen, viel zu viele Gedanken hielten sie gefangen, umgarnten sie mit ihren belastenden Für und Wider. Selbst ihr Zuhause, das so völlig fern, irgendwie in endlose weite Ferne gerückt schien, nahm plötzlich handgreifliche Konturen an – die des ganz normalen Alltags nämlich. Fernab von all den berauschend schönen Urlaubsfreuden, ins besondere der Wiederfindung, der längst ausgegrenzten, sinnlichen Gefühle, musste das nicht auf längerer Sicht ihren heißumkämpften, inneren Frieden stören? Sie hatte schließlich nicht umsonst ihr Leben völlig verändert. Ja in bewusster Voraussicht, jede, auch noch so unscheinbare Eventualität ausgeklammert. Denn nicht noch einmal wollte sie ihre liebgewonnene Eigenständigkeit, wegen irgendwelchen trügerischen, vielleicht morgen schon gänzlich verblassenden Gefühlen, auf’s Spiel setzen – und schon gar nicht jetzt, wo ihr Leben endlich greifbar feste Konturen angenommen hatte.
    Sie wälzte sich unruhig im Bett hin und her. Durch die sperrigen Lamellen der Balkontür, war das streifenartig weiße Mondlicht zu sehen. Sie stand auf und öffnete die Tür ganz weit. Ruhe lag über dem Meer. Der milchige Dunst engte ein, begrenzte auf seiner Weise … Ein Gecko huschte geräuschlos über die vom Mondlicht beschienene Brüstung. In der Ferne, erst beim genaueren Hinsehen, war das aufblinkende Licht des Leuchtturmes bei Capri zu sehen, obwohl es die Insel selbst nur zu erahnen galt. Sogar die schräg gegenüber, weithin sichtbar in den Himmel ragende Pinie, die ihr vom ersten Tag an als sicherste Wegmarkierung diente, hob sich nur schablonenhaft dunkel im Mondlicht ab. Von dieser beschaulichen, in sich ruhenden Sanftheit tief berührt, begann sich Lenas zwiespältige Gedanken- und Gefühlswelt zu glätten; sie spürte wieder Zuversicht.
    Der Morgen brach an, so wie die Nacht geendet – ruhig und voller Zuversicht. Auch wenn nun allem ›ein letztes Mal‹ anhaftete, überwog die Gelassenheit.
    Das Gepäck stand mit Adressenanhänger versehen neben der Tür, brauchte also nur noch in die Hotelhalle gebracht zu werden, um auch den letzten kleinsten Hauch von Persönlichkeit aus dem Zimmer zu entfernen. Bald würde nichts mehr an sie, die ›Überbuchte‹ erinnern. Morgen oder heute schon, würde da auf dem Balkon ein anderer aufs Meer hinausschauen, und wahrscheinlich ebenso wie sie, von der wundervollen Ruhe und Schönheit der Insel entzückt sein.
    Ein letzter vergewissernder Blick noch, dann zog sie ein für allemal die Tür hinter sich zu. Sie stellte ihr Gepäck zu den bereits aufgereihten Gepäckstücken in der Halle. Eine Handlung nach der anderen, war von einer derart konsequenten Endgültigkeit geprägt, dass es fast schon wieder unwirklich wirkte.
    Bedächtig aber mit wachen Blick, betrat Lena den Speisesaal. Bis auf die Gäste, die nicht zu ihrer Reisegruppe gehörten, schienen bereits alle ihre Plätze eingenommen zu haben. Sie grüßte freundlich nach

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