Die Ueberbuchte
zu ihr um, als sie ihn von hinten ansprach.
»Mein Gott, Knut, du machst vielleicht ein Gesicht!«
»Na, ich möchte dein Gesicht mal sehen, wenn du erfährst, dass du gleich am nächsten Tag nach Spanien fahren musst.«
»Oh, das tut mir natürlich leid. – Aber hattest du denn nicht damit gerechnet? Ich dachte nämlich, du hättest es einmal erwähnt.«
»Das ist gut möglich – aber doch nicht mit so kurzen Zeitabständen. Lass uns mal einige Verspätung haben, was ohne weiteres passieren kann, was dann?«
»Ja wirklich, das ist direkt unverantwortlich, schließlich müsst ihr irgendwann auch mal schlafen.«
»Schlafen ist gut«, lachte er bitter auf, »angeblich hätte ich auf der Insel Erholung genug gehabt. Was mir jetzt, im Nachhinein, auch immer seltsamer anmutet; wieso diese Erholung …? Was steckt dahinter? Denn Dieter hat so ein vage Andeutung gemacht, dass dieser Vertrag dieses Jahr ohnehin auslaufen würde.«
»Ich versteh dich nicht ganz, wieso interessiert dich das überhaupt? Denn wenn ich dich recht verstanden habe, fährst du sowieso eine ganz andere Tour – also warum darüber aufregen? Außerdem nützt es dir eh nichts, egal ob du nun weißt was hinter dieser Angelegenheit steckt oder nicht. Manchmal werde ich das Gefühl nicht los, als wenn wir bereits hinter allem etwas Schlechtes, Verbotenes vermuten … Schrecklich …!«
»Das ist nun mal so«, sagte er abweisend und schob den letzten Koffer in die Luke unterhalb den Sitzreihen. »So, das hätten wir.« Er richtete sich gerade auf, und zu den eifrig plaudernden Grüppchen gewandt: »Bitte, alle einsteigen, damit wir die Fähre rechtzeitig erreichen!«
Wie endgültig das alles war, wurde Lena erst auf der Fähre richtig bewusst. Je weiter sie sich von der Insel entfernten, je endgültiger wurde alles. Sie hatte Mühe nicht in Tränen auszubrechen, so elend fühlte sie sich mit einem mal. Deshalb war sie auch heilfroh, als sie in Neapel an Land gingen – um genügend Abstand zu gewinnen.
Die Sonne brannte erbarmungslos vom wolkenlosen Himmel. Neapels überquellende, laute Straßen, dampften im übermäßigen Abgasdunst und sengender Gluthitze gequält vor sich hin. Die Wärme machte schläfrig und so dösten die Fahrgäste mehr oder weniger vor sich hin.
»Knut, willst du etwas trinken?«, fragte Lena, als sie die glänzenden Schweißperlen auf seiner Stirn entdeckte.
»Ja, gern, aber bitte nur Mineralwasser.«
Lena nickte und holte eine Flasche.
»Wenn wir erst diesen Brutkessel von Stadt überwunden haben, dann wird es wesentlich erträglicher.«
Lena erwiderte nichts. Sie lehnte den Kopf zurück und überließ sich ihren Gedanken.
Endlich ging es wieder zügiger voran. Der quälende Stau zwischen den unterschiedlichsten Fahrzeugen, hatten sie endgültig hinter sich gelassen.
Bald schon würden sie die Toskana erreichen. Und kaum dass in der Ferne die bläulich schimmernde Bergkette sichtbar wurde, bauten sich riesige dunkle Haufenwolken über den Bergkämmen auf. Sie verdichteten sich zusehends, wurden dunkler und dunkler. Bald schon versanken die Berggipfel völlig im gespenstigen, weißumränderten Dunkel – und sie fuhren schnurstracks in dieses Dunkel hinein.
»Das sieht wahrhaftig nicht gut aus«, bemerkte Lena mit sorgenvollem Blick zum Himmel.
»Naja, das sieht manchmal schlimmer aus als es ist. – Hoffen wir das Beste, denn ein allzu heftiger Sturzregen, hat schon so manchen harmlosen Bach zum reißenden Strom verwandelt, und außerdem mit Schlamm und Geröll die Straßen unpassierbar gemacht.«
»Um Himmels willen, nur das nicht!«
Da zuckten auch schon die ersten Blitze am tiefdunklen Himmel auf und die Donner hallten langatmig in den Bergen wider. Noch während es unausgesetzt vor sich hin grollte, begann der Wind sich mit Macht zum Sturm zu erheben. Der Regen klatschte gegen die Scheiben, so dass die Scheibenwischer quietschten vor lauter Anstrengung. Und obwohl sie mit Licht fuhren, war kaum etwas zu erkennen. Knut fuhr so vorsichtig wie nur möglich. Sein Körper, sehr aufrecht, etwas nach vorn gebeugt, war bis aufs Äußerste angespannt. Doch immer tiefer fuhren sie in die dichte Wolkenwand hinein, so dass nur mit Müh und Not, die seitlichen Leitblanken zu erkennen waren. Nur, als sie den letzten Tunnel passiert hatten, lag die dunkle Wolkenwand bereits hinter ihnen und vor ihnen tat sich eine blendende Helligkeit auf.
Die Fahrt bis zum Gardasee, zur vorgesehenen Zwischenübernachtung, hatte etwas
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