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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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allen Seiten und bemerkte sofort an der angespannten Haltung der Leute, dass sie sich in Aufbruchsstimmung befanden. In einer Abschiedsstimmung halt, die zwischen Erlebten und zu Erwartenden unsicher hin und her pendelte. Ihr Blick tastete unbemerkt von Gast zu Gast und bemerkte – oder bildete sie sich das etwa nur ein, das die meisten der Gesichter, trotz unumgänglichen Abschied, dennoch viel gelöster, viel entspannter als bei der Ankunft wirkten. Selbst das verdrossenste, ewig mürrische Gesicht der blonden Frau am ersten Tisch, dem sie ehemals zugeteilt war, wirkte gelassener, irgendwie freundlicher. Oder war sie es etwa, die aus übervollen Herzen, die Leute plötzlich mit anderen Augen sah? Möglicherweise war sogar sie diejenige, die sich verändert hatte.
    Wie Lena sehen konnte, hatte Knut bereits gefrühstückt. Sie sah auf die Uhr, nein, beeilen musste sie sich nicht, da die Abreise erst für halb zehn Uhr vorgesehen war. Plötzlich sah sie erstaunt auf, denn das Ehepaar aus Stuttgart war an den Tisch herangetreten. Die blonde Frau mit einem bestechend schönen, weißen Leinenkleid, welches ihr vollendet gut stand, sah sie lächelnd an. Sie war, das musste der Neid ihr lassen, eine absolute Schönheit. Zumal die leicht gebräunte Haut, ihr jugendliches Aussehen noch vorteilhafter unterstrich. Mit einem Wort; sie sah umwerfend schön aus! Und wie sie unschwer an den bewunderten Blick der anderen Gäste ersehen konnte, teilten diese ausnahmslos ihre Wahrnehmung.
    »Nun, wieder wohlauf heute?«, erkundigte sich Lena und fügte lächelnd hinzu: »Zumindest sehen Sie ganz hervorragend aus!«
    »Danke, vielen Dank, aber mir geht es wieder ganz vortrefflich!«
    »Es war, wie ich richtig vermutet habe, die Sonne«, warf ihr Mann erklärend ein.
    »Ich weiß, mein Schatz, du hast es wie immer sofort gewusst!« Wobei sie ihn mit unverkennbar ironischem Lächeln aber dennoch sanft, anblickte. Sie stieß ihn leicht mit der Schulter an und fügte mit einem gekonnten Augenaufschlag hinzu: »Gib doch zu, mein Bester, dass du mit deiner Prognose, mir lediglich die Sonne vermiesen wolltest. Und das mit der Begründung; die Sonnenstrahlen könnten ja Krebs erzeugen! Und wennschon …! Oder siehst du hier jemand, der das so tierisch ernst wie du nimmst? Höchstens bei der Auswahl der Creme, das ist aber auch schon alles. Oder soll ich etwa zugeknöpft bis zum Hals an den Strand gehen?«
    »Das ist unfair von dir, mein Schatz, denn du weißt sehr genau, dass meine Vorsicht nun wahrhaftig nicht unbegründet ist, da ein blonder Typ wie du es bist, besonders leicht einen Sonnenbrand bekommt.«
    »In diesen Punkt muss ich Ihren Mann beipflichten«, sagte Lena, »denn die Sorge dürfte berechtigt sein.«
    »Ach was«, warf die blonde Frau trotzig ihren hübschen Kopf zurück, »mir wird schon nichts passieren – ich benutze schließlich eine Creme mit hohen Lichtfaktor. Außerdem, was sollen unsere Freunde sagen, wenn ich ans Meer fahre und genauso blass zurückkomme?«
    Ihr Mann lachte. »Das, meine Liebe, dürfte wohl der einzig wahrhafte Grund sein!« Er wandte sich plötzlich an Lena: »Sie verlassen uns also nachher?«
    »Jetzt schon? Nach so wenigen Tagen?«, wunderte sich die Frau.
    »Leider … Ich wäre auch liebend gern länger geblieben …«
    »Wieso verlängern Sie dann nicht? So viel ich gehört habe, ist ab nächste Woche das Hotel nicht ausgebucht.«
    Lena lächelte. »Erstens gehöre ich einer Reisegruppe an und Zweitens könnte ich es mir nicht leisten – auch wenn ich es wollte.«
    »Ach ja«, verzog die Frau mitleidig den Mund, »ich verstehe, Sie kommen aus dem Osten.«
    Der Mann sah seine Frau mit großen Augen an. »Nanu, was sind das auf einmal für sonderbare Töne? Ich denke die im Osten …«
    »Ist ja gut«, unterbrach sie ihn brüsk. »Das sind schließlich nur allgemeine Meinungen, die haben in diesem Fall nichts zu sagen.«
    »Na, na, kneifen gibt es nicht!«, rügte sie ihr Mann.
    »Lassen Sie nur«, wehrte Lena rasch ab, »so wie Ihre Frau, denken schließlich die meisten Menschen – ich würde wahrscheinlich genauso denken, wenn plötzlich von Solidarität und Teilen die Rede wäre. Nein, ich kann das wirklich keinen verübeln. Nur der Ton, der gefällt mir sehr oft überhaupt nicht.« Sie machte einen langen Hals und blickte in Richtung Einfahrt. »Ah, da kommt ja unser Bus.« Sie stand auf und verabschiedete sich von dem Ehepaar.
    Knut hatte inzwischen das Gepäck eingeladen. Er drehte sich

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