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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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für Sie – für Sie und den Kleinen.«
    »Ach, Sie meinen –«
    »Foster Ohnefurcht.« Die Worte waren lächerlich, doch es war nichts Lächerliches an der Art, wie Miss Plenderleith sie sagte. Sie sagte sie, als spräche sie ein Gebet. »Foster Farnholme Ohnefurcht – so nannten wir ihn immer, als wir noch zur Schule gingen. Es gab für ihn in der ganzen Welt nichts, wovor er sich fürchtete.«
    »So lange kennen Sie ihn schon, Miss Plenderleith?«
    Miss Plenderleith schien die Frage überhaupt nicht gehört zu haben. Sie schüttelte nachdenklich den Kopf, und ihr Blick wurde weich in der Erinnerung. »Er sagte, Miss Drachmann, Sie seien besser als wir alle zusammen. Heute nachmittag noch meinte er, es sei ihm unverständlich, was eigentlich mit den Männern der jungen Generation los sei. Wenn er dreißig Jahre jünger wäre, wahrhaftig, dann hätte er Sie schon längst zum Standesamt geschleift. So sagte er.«
    »Er war sehr liebenswürdig«, sagte Gudrun lächelnd und ohne jede Verlegenheit. »Ich fürchte nur, er kannte mich zu wenig.«
    »Das meinte er auch, genau das hat er auch gesagt.« Der Kleine, der fast schlief, hatte den Daumen im Mund, und Miss Plenderleith entfernte ihn sanft. »Foster pflegte immer zu erklären, Bildung sei etwas sehr Wichtiges, doch so wichtig sei sie auch wieder nicht, denn noch mehr käme es darauf an, daß ein Mensch intelligent sei, und daß man auch die Intelligenz nicht zu hoch veranschlagen dürfe, weil die Weisheit noch wesentlich wichtiger sei. Er meinte, er habe nicht die geringste Ahnung, ob Sie gebildet seien oder intelligent oder weise, und daß es darauf ja auch überhaupt nicht ankäme, da ja selbst ein Blinder mit dem Krückstock fühlen könne, daß Sie ein gutes Herz hätten, und das gute Herz sei das einzige, worauf es in dieser Welt wirklich ankäme.« Miss Plenderleith vergaß über der Erinnerung für einen Augenblick ihren gegenwärtigen Kummer und lächelte wehmütig. »Foster pflegte immer zu sagen, es sei schade, daß es auf der Welt nur noch so wenige Menschen gäbe, die ein ebenso gutes Herz hätten wie er.«
    »Brigadier Farnholme war ein sehr liebenswürdiger Mensch«, sagte Gudrun leise.
    »Brigadier Farnholme war ein sehr kluger Mann«, sagte Miss Plenderleith mit sanftem Tadel. »Er besaß immerhin Klugheit genug, um – aber lassen wir das. Ja, Sie und der Kleine. Er war sehr angetan von dem Kleinen.«
    »In hellem Glorienschein geh'n wir zum Himmel ein«, sagte Willoughby leise.
    »Was war das?« Miss Plenderleith sah überrascht zu ihm hin. »Was haben Sie da eben gesagt?«
    »Oh, nichts – es ging mir nur eben etwas durch den Kopf, Miss Plenderleith.«
    Miss Plenderleith sah ihn lächelnd an und richtete den Blick dann wieder nach unten auf den Kleinen. Es wurde von neuem still im Boot, doch diesmal war es ein gutes Schweigen. Es war Kapitän Findhorn, der es schließlich brach und zum erstenmal wieder seine Stimme erhob. Er stellte die Frage, auf deren Antwort sie alle begierig waren.
    »Sollten wir je die Heimat wiedersehen, so werden wir es Brigadier Farnholme zu verdanken haben. Ich glaube nicht, daß irgend jemand von uns das jemals vergessen könnte. Sie haben uns erklärt, warum er es tat. Sie scheinen ihn sehr viel besser gekannt zu haben als irgendeiner von uns, Miss Plenderleith. Könnten Sie mir auch sagen, wie er es gemacht hat?«
    Miss Plenderleith nickte. »Das will ich Ihnen sagen. Die Sache war sehr einfach, weil auch Foster ein sehr einfacher und gradliniger Mensch war. Sie erinnern sich an seinen großen Koffer?«
    »Gewiß«, sagte Findhorn lächelnd. »Der Koffer, der seine – hm – Vorräte enthielt.«
    »Das stimmt – den Whisky. Nebenbei, das Zeug war ihm zuwider – er benutzte es nur zur Tarnung. Jedenfalls hinterließ er sämtliche Flaschen und alles, was er sonst noch in seinem Koffer hatte, auf der kleinen Insel, ich glaube, unter einem großen Felsblock. Und dann –«
    »Was? Was haben Sie da eben gesagt?« Die Frage kam von van Effen. Er war noch benommen von dem Schlag mit der Whiskyflasche, und er beugte sich jetzt auf seinem Platz so weit nach vorn, daß der Schmerz von der Verwundung an seinem Bein ihn zusammenzucken ließ. »Er – er hat den gesamten Inhalt seines Koffers auf der Insel gelassen?«
    »Ja, das sagte ich ja soeben. Und aus welchem Grund überrascht Sie das so, Mister van Effen?«
    »Aus gar keinem, nehme ich an.« Van Effen lehnte sich wieder zurück und sah lächelnd zu ihr

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