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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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festgemacht war, weiter achtern zu belegen. Nicolson und McKinnon fenderten das Rettungsboot an der Bordwand des Torpedobootes entlang, und bald schwammen sie an einer Leine von einigen Metern Länge hinter dem Heck her.
    Die beiden Matrosen standen nebeneinander auf dem Achterdeck, ihre Maschinenpistolen schußbereit im Anschlag. Sie hielten das Rettungsboot wachsam im Auge, begierig auf der Suche nach der geringsten verdächtigen Bewegung, die ihnen einen Vorwand geboten hätte, von ihren Schußwaffen Gebrauch zu machen.
    Das Torpedoboot hatte sich wieder in Fahrt gesetzt, seine Motoren liefen auf niedrigsten Touren. Das genügte, es mit einer Geschwindigkeit von drei bis vier Knoten durch das Wasser zu bewegen. Sein Kurs war Nordost, hinaus auf See und hinein in den Regen. Das Rettungsboot fing am Ende der straff gespannten Leine zu stampfen an, aber nicht besonders heftig.
    Miss Plenderleith saß mit dem Rücken zum Regen und zu den Posten. Möglicherweise rollten noch immer Tränen über ihre Wangen, doch das ließ sich nicht genau feststellen – der heftige Regen hatte den Rand ihres Strohhutes durchnäßt, und ihr ganzes Gesicht war naß. Ihre Augen aber waren jetzt klar, und sie waren auf Nicolson gerichtet. Er erhaschte ihren Blick, sah, wie sie ihn nach unten auf den Karabiner richtete, der neben ihr lag, wo Farnholme ihn hatte liegen lassen, und wie sie den Blick dann wieder hob und erneut auf ihn richtete.
    »Sehen Sie nicht zu mir her«, sagte sie leise. »Beachten Sie mich nicht. Können die da oben mich hören?«
    Nicolson starrte voraus zu den Posten hin, mit bleichem Gesicht. Er schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf, und die Posten hatten es offenbar auch nicht gesehen.
    »Können Sie das Gewehr sehen? Hinter meinem Koffer?«
    Nicolson sah beiläufig und wie zufällig dorthin, wo Miss Plenderleith saß, und sah dann wieder beiseite. Hinter dem Lederkoffer, in dem sich Miss Plenderleiths Strickzeug und ihre gesamten sonstigen Habseligkeiten befanden, konnte er das Ende des Kolbens des Karabiners sehen. Des Karabiners, dessen sich Farnholme so wirkungsvoll bedient hatte – und plötzlich schoß in Nicolson die Erinnerung an all die Gelegenheiten hoch, bei denen der Brigadier mit dieser Waffe geschossen hatte: an den Schaden, den er damit anrichtete, als er die schwere Kanone des U-Boots erledigte, als er das Jagdflugzeug in die Flucht schlug, als er das Rettungsboot angriff, und wie er damals am Strand der kleinen Insel ihm, Nicolson, das Leben rettete. Schlagartig wurde ihm klar, daß an dieser Fahnenflucht und diesem Verrat irgend etwas nicht stimmte, daß das Ganze auf eine phantastische Weise anders sein mußte, daß es völlig unvorstellbar war, ein Mann könnte seine Haltung so schnell ändern.
    »Können Sie die Waffe sehen?« fragte Miss Plenderleith zum zweitenmal und noch dringlicher. Nicolson gab es einen Ruck, doch er ließ sich nichts anmerken. Er nickte. Der Kolben des Karabiners war keine dreißig Zentimeter von seiner Hand entfernt.
    »Sie ist geladen und entsichert«, sagte Miss Plenderleith ruhig. »Foster bat mich, Ihnen zu sagen, sie sei schußbereit.«
    Diesmal sah Nicolson zu ihr hin, auf seinem Gesicht erschien eine erstaunte Frage, und seine Augen blinzelten in dem treibenden Regen, während er versuchte, den Ausdruck ihres Gesichts zu deuten. Doch im nächsten Augenblick hatte er Miss Plenderleith völlig vergessen; er war hochgefahren von seinem Sitz und starrte angespannt nach vorn, während seine Hand automatisch nach dem Karabiner griff.
    Selbst auf die Entfernung von rund fünfzehn Metern war das Krachen der Detonation ohrenbetäubend, und der Luftdruck schlug ihnen wie eine unsichtbare Faust ins Gesicht. Rauch und Flammen schlugen aus einem großen Loch in der Bordwand an Steuerbordseite, und fast im gleichen Augenblick stand das Torpedoboot mittschiffs hell in Flammen. Die Posten, die ihren Auftrag völlig vergessen hatten, waren herumgefahren und sahen nach vorn. Doch der eine, der durch den Luftdruck der Explosion das Gleichgewicht verloren hatte, taumelte, warf seine Maschinenpistole fort in dem verzweifelten Versuch, Balance zu halten, schaffte es aber nicht und stürzte rücklings über das Heck ins Meer. Der andere war kaum zwei oder drei Schritt weit nach vorn gerannt, als ein Feuerstoß aus dem Karabiner in Nicolsons Hand ihn zu Boden streckte und vornüber mit dem Gesicht auf das Deck fallen ließ. Und noch während er fiel, stürzte McKinnon nach vorn zum

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