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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Grade unratsam, sie längsseits zu haben. Lassen Sie uns unter Deck gehen. Nur einen kurzen Augenblick noch – ich vergesse ganz meine guten Manieren. Schließlich muß sich ja der Gast höflicherweise beim Abschied bei seinen Gastgebern bedanken.« Er verbeugte sich ironisch. »Kapitän Findhorn, Mister Nicolson, meinen verbindlichsten Dank. Seien Sie bedankt dafür, daß Sie mich mitgenommen haben, und meinen besonderen Dank für Ihre Höflichkeit und Ihre navigatorische Geschicklichkeit, mit der Sie mich genau an die Stelle gebracht haben, wo ich mich mit meinen guten Freunden verabredet hatte.«
    »Sie verdammter Verräter!« sagte Nicolson langsam.
    »Da spricht die jugendliche Stimme des blinden Nationalismus.« Farnholme schüttelte bekümmert den Kopf. »Wir leben in einer harten und grausamen Welt, mein Sohn. Man muß zusehen, wie man auf irgendeine Weise sein Auskommen darin findet.« Er winkte lässig und ironisch mit der Hand. »Au revoir – es war mir ein Vergnügen.«
    Einen Augenblick später war er unter Deck verschwunden, und der Regen ergoß sich in prasselnden Schauern.

Zwölftes Kapitel
    L ange Zeit fiel an Bord des Rettungsbootes kein Wort, und niemand machte irgendeine Bewegung. Sie achteten nicht auf die kalten Regenschauer, sondern saßen einfach da und starrten dumpf und nichts begreifend zu der Stelle hin, wo Farnholme gestanden hatte, bevor er verschwunden war.
    Vermutlich war es gar nicht lange, sondern schien nur so, vermutlich dauerte es nur einige Sekunden, bis Nicolson hörte, wie Miss Plenderleith seinen Namen rief und irgend etwas sagte. Doch bei dem prasselnden Geräusch des Regens, der auf das Wasser klatschte und wie besessen auf dem Deck des Torpedobootes trommelte, drang ihre Stimme nur als ein unverständliches Gemurmel an sein Ohr. Er drehte sich um und beugte sich zu ihr hinunter, um besser zu hören, und selbst in diesem Augenblick der Verzweiflung und Verwirrung war er durch ihren Anblick gefesselt. Sie saß auf der Bank an Steuerbordseite, so gerade und aufrecht wie ein Lineal, hielt die Hände fest gefaltet vor sich auf dem Schoß, und ihr Gesicht war ruhig und beherrscht. Man hätte meinen können, sie säße zu Hause in ihrem Wohnzimmer, wenn nicht das eine gewesen wäre: ihre Augen standen voller Tränen, und eben jetzt, während er zu ihr hinsah, rollten zwei große Tropfen langsam über ihre faltigen Wangen und fielen auf ihre gefalteten Hände.
    »Was ist, Miss Plenderleith?« fragte Nicolson behutsam. »Was ist denn?«
    »Nehmen Sie das Boot weiter nach hinten«, sagte sie. Sie starrte blind vor sich hin und gab durch nichts zu erkennen, daß sie ihn sah. »Sie haben gehört, was er gesagt hat. Weiter nach hinten, sofort.«
    »Ich verstehe Sie nicht ganz.« Nicolson schüttelte den Kopf. »Warum möchten Sie denn, daß wir –«
    Er brach unvermittelt ab, als ihn ein harter, kalter Gegenstand heftig hinten am Hals traf. Er fuhr herum und starrte nach oben zu dem Japaner, der ihn eben mit dem Lauf seiner Maschinenpistole gestoßen hatte, sah in das glatte, gelbe Gesicht, das undeutlich über ihm durch den Regen schimmerte.
    »Du nicht sprechen, Englischmann.« Sein Englisch war sehr viel schlechter als das seines Offiziers. Er sah gefährlich aus, wie ein Mann, dem es vermutlich lieb wäre, wenn er Gelegenheit hätte, von der Waffe Gebrauch zu machen, die er sacht in der Hand schwenkte. »Keiner von euch sprechen. Ich euch nicht trauen. Ich schießen.«
    »Sie haben gehört, was ich sagte.« Miss Plenderleiths Stimme war fest und bestimmt, ohne jede Spur eines heimlichen Bebens. »Also bitte.«
    Der Matrose schwenkte seine Waffe, bis ihr Lauf auf den Kopf von Miss Plenderleith gerichtet war. Viele Augenpaare sahen gespannt zu, wie die Knöchel seines rechten Zeigefingers weiß wurden, während er sich krümmte. Seine Lippen waren zu einem bösartigen Lächeln verzogen, und Nicolson wußte, daß es für viele Japaner einer weit geringeren Provokation bedurfte, um zu töten. Doch Miss Plenderleith starrte nur mit ausdruckslosem Gesicht zu ihm hinauf – sie schien ihn ohnehin nicht wahrzunehmen –, und der Japaner nahm seine Maschinenpistole plötzlich mit einem ärgerlichen Ausruf herunter und trat einen Schritt zurück. Er machte mit dem Kopf eine Bewegung zu dem anderen bewaffneten Matrosen hin – den dritten hatte der Offizier mitgenommen, als er unter Deck gegangen war – und bedeutete ihm durch eine Geste, die Leine, die am Bug des Rettungsbootes

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