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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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brummte irgendeine Frage. Telak lächelte.
    »Mein Vater meint, daß sich nur Dummköpfe und ganz kleine Kinder im Urwald die Füße naßmachen. Er vergißt, daß man den Urwald kennen muß.« Sein Lächeln verstärkte sich zu einem Grinsen. »Er vergißt auch, wie es war, als er das erste und letzte Mal in seinem Leben in einem Auto saß. Als das Auto anfuhr, sprang er heraus und verstauchte sich das Bein.«
    Telak sprach weiter, während sie durch das grüne Dämmerlicht des Dschungels schritten, und äußerte sich freimütig und ohne Scheu. Er machte kein Hehl daraus, daß er und sein Vater keinerlei Sympathien für die Engländer hätten, aber genausowenig hätten sie irgendwelche Sympathien für die Holländer oder für einen Japaner. Sie seien weiter nichts als Indonesier, erklärte er, und hätten den Wunsch, ihr Land für sich zu haben. Wenn sie aber nach Beendigung des Krieges mit irgend jemandem über die Frage der Freiheit ihres Landes verhandeln müßten, dann würden sie am liebsten mit den Engländern oder den Holländern verhandeln. Die Japaner würden ihnen zwar mit großen Worten versichern, daß sie ihre Freunde seien, doch wenn die Japaner in irgendeinem Land erst einmal Fuß gefaßt hätten, dann würden sie dort nie mehr weggehen. Sie verlangten etwas, was sie Kooperation nannten, meinte Telak, doch sie ließen bereits deutlich erkennen, daß sie sich diese Kooperation, wenn sie sie nicht freiwillig bekamen, auf andere Weise verschafften – mit dem Bajonett und der Maschinenpistole.
    Nicolson sah ihn überrascht und mit plötzlichem Unbehagen an. »Gibt es denn hier in der Nähe Japaner? Sie sind also schon gelandet?«
    »Ja«, sagte Telak ernst, »sie sind schon da.« Er deutete nach Osten. »Die Engländer und die Amerikaner kämpfen noch, doch sie können sich nicht mehr lange halten. Die Japaner haben schon ein Dutzend Städte und Dörfer im Umkreis von hundert Meilen von hier eingenommen. Und sie haben – wie nennt man das in Ihrer Sprache – eine Garnison, sie haben eine Garnison in Bantuk. Eine große Garnison, mit einem Oberst an der Spitze. Oberst Kiseki.« Telak schüttelte den Kopf, wie jemand, der vor Kälte erschauert. »Oberst Kiseki ist kein Mensch. Er ist ein Unmensch, eine Dschungelbestie. Doch die Tiere des Dschungels töten nur, wenn sie töten müssen. Kiseki würde einem Mann den Arm abreißen und sich genausowenig dabei denken wie ein Kind, das einer Fliege den Flügel ausreißt.«
    »Wie weit ist diese Stadt von Ihrem Dorf entfernt?« fragte Nicolson langsam.
    »Bantuk?«
    »Ja, wo die Garnison ist.«
    »Vier Meilen. Nicht mehr als vier Meilen.«
    »Vier Meilen! Und Sie wollen uns Obdach geben – Sie wollen so viele Engländer bei sich aufnehmen, obwohl die Japaner nur vier Meilen entfernt sind! Wenn nun aber –«
    »Ich muß Ihnen leider sagen, daß Sie nicht lange bei uns bleiben können«, unterbrach ihn Telak mit ernster Stimme. »Trikah, mein Vater, sagt, es ist zu gefährlich für Sie, und auch für uns. Es gibt Spione, es gibt Leute, die etwas mitteilen, um Belohnung zu bekommen, auch unter unseren eigenen Leuten. Die Japaner würden Sie gefangennehmen und meinen Vater, meine Mutter, meine Brüder und mich mitnehmen nach Bantuk.«
    »Als Geiseln?«
    »So würden sie es nennen«, sagte Telak mit einem bitteren Lächeln. »Die Geiseln, die die Japaner mitnehmen, kehren niemals in ihre Dörfer zurück. Die Japaner sind grausam. Deshalb helfen wir Ihnen.«
    »Wie lange werden wir bei Ihnen bleiben können?«
    Telak besprach sich kurz mit seinem Vater, dann wandte er sich wieder an Nicolson: »Solange es sicher ist. Wir werden Ihnen zu essen geben und eine Hütte, in der Sie schlafen können, und die alten Frauen unseres Dorfes verstehen sich darauf, alle Wunden zu heilen. Vielleicht können Sie drei Tage bleiben, aber länger nicht.«
    »Und dann?«
    Telak zog schweigend die Schultern hoch und ging schweigend auf dem Weg durch den Dschungel voraus.
    Knapp hundert Meter von der Stelle, wo in der vergangenen Nacht das Boot gestrandet war, kam ihnen McKinnon entgegen. Er kam ihnen eilig entgegen, fast im Laufschritt, und er taumelte dabei hin und her, aber nicht seines steifen Beines wegen: mitten auf seiner Stirn war die Haut aufgeplatzt, das Blut lief herunter und sickerte ihm in die Augen, und Nicolson brauchte nicht erst zu hören, wer dafür verantwortlich war.
    McKinnon war wütend, fühlte sich gedemütigt und machte sich heftige Vorwürfe, suchte die

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