Die Überlebenden der Kerry Dancer
vorgesehenen japanischen Invasion in Australien – bis in alle Einzelheiten, allerdings verschlüsselt. Es ist so gut wie unmöglich, den japanischen Schlüssel zu knacken, doch es ist uns bekannt, daß es in London einen Mann gibt, der dazu in der Lage ist. Wenn es jemandem gelungen wäre, mit diesen Plänen durchzukommen und sie nach London zu bringen, so wäre das für die Alliierten ein Vermögen wert gewesen.«
»Mein Gott!« Nicolson war wie betäubt. »Und woher – wo stammen diese Pläne her?«
»Das weiß ich auch nicht.« Van Effen schüttelte den Kopf. »Hätten wir es gewußt, so hätten wir von Anfang an dafür gesorgt, daß sie nicht in die falschen Hände fielen. Es handelt sich um alle Einzelheiten der geplanten Invasion, Mister Nicolson – die genaue Angabe aller Streitkräfte, die eingesetzt werden sollen, der Zeitpunkt des Angriffs, die Angriffsziele –, alles bis auf jede Kleinigkeit. Wenn diese Pläne in die Hand der Engländer oder Amerikaner geraten wären, so hätte das für die Japaner einen Zeitverlust von mindestens drei Monaten bedeutet, vielleicht von sechs Monaten. Ein solcher Zeitverlust hätte für die Japaner verheerende Folgen haben können. Sie werden daher verstehen, daß sie so erpicht darauf waren, dieses Material wieder in die Hand zu bekommen. Was bedeuten demgegenüber Diamanten, und seien sie auch noch so wertvoll! Meinen Sie nicht auch, Mister Nicolson?«
»Allerdings«, sagte Nicolson leise. Er bildete die Worte automatisch, doch sein Geist war ganz woanders.
»Doch jetzt haben wir beides – die Pläne und die Diamanten.« Noch immer war van Effens Stimme so seltsam und so völlig frei von jedem Unterton des Triumphs. Er zeigte mit der Fußspitze auf den Haufen der vor ihm liegenden Diamanten. »Vielleicht war es voreilig von mir, mich so verächtlich über diese Steine zu äußern. Sie sind von einer eigenartigen Schönheit.«
»Ja, da haben sie recht«, sagte Nicolson. Das Gefühl der Niederlage war ein bitterer Geschmack in seinem Mund, doch sein Gesicht ließ nichts davon erkennen. »Wirklich ein phantastischer Anblick, van Effen.«
»Genießen Sie diesen Anblick, solange Sie noch dazu in der Lage sind, Mister Nicolson!« Hauptmann Yamatas kalte, zynische Stimme brach den Bann und ließ sie aus der Verzauberung schreckhaft zurückkehren in die Wirklichkeit. Er berührte die Diamanten mit der Spitze seines Schwertes, daß die Steine funkelnd und blitzend auseinanderrollten. »Sie sind in der Tat schön, aber man muß Augen haben, um diese Schönheit sehen zu können.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte Nicolson.
»Nichts weiter, als daß Oberst Kiseki nur den Auftrag hat, diese Diamanten sicherzustellen und sie unbeschädigt den japanischen Behörden zu übergeben. Über die Gefangenen wurde dabei nichts gesagt. Sie haben seinen Sohn getötet. Sie werden schon sehen, wie meine Worte gemeint waren.«
»Ich kann es mir denken.« Nicolson sah ihn verächtlich an. »Eine Schaufel, um ein Loch auszuheben, zwei Meter lang und einen halben Meter breit, und wenn ich damit fertig bin, bekomme ich einen Genickschuß. Wir haben von Ihren Methoden gehört.«
»O nein«, sagte Yamata lächelnd. »So einfach wird die Sache nicht sein, das kann ich Ihnen versichern.«
»Hauptmann Yamata.« Van Effen sah den japanischen Offizier an, mit völlig ausdruckslosem Gesicht, und nur die Augen, die eine Winzigkeit schmaler geworden waren, deuteten auf irgendeine innere Erregung.
»Herr Oberstleutnant?«
»Dieser Mann ist kein Spion, den man standrechtlich erschießen könnte. Er ist nicht einmal ein Mitglied der feindlichen Truppe. Formal genommen ist er überhaupt kein Kriegsteilnehmer.«
»Zweifellos, zweifellos«, sagte Yamata mit hörbarer Ironie. »Bisher ist er nur verantwortlich für den Tod von vierzehn Angehörigen unserer Marine und eines Piloten. Ich schaudere bei dem Gedanken, was er anrichten würde, falls er jemals ein Kriegsteilnehmer werden sollte. Und er hat Oberst Kisekis Sohn getötet.«
»Das stimmt nicht. Siran wird es bezeugen.«
»Das kann er, wenn er mag, dem Oberst erklären«, sagte Yamata gleichgültig. Er steckte sein Schwert in die Scheide. »Halten wir uns nicht weiter auf bei dieser Haarspalterei, die ohnehin zu nichts führt. Gehen wir lieber. Unser Lastwagen wird in Kürze hier sein.«
»Lastwagen?« fragte van Effen.
»Wir hatten ihn etwa eine Meile von hier entfernt stehenlassen«, sagte Yamata mit breitem Lächeln. »Wir
Weitere Kostenlose Bücher