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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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langsam auf sein frisches, blütenweißes Uniformhemd. Nicolson war im nächsten Augenblick hoch, lief stolpernd quer durch das Ruderhaus und fiel vor dem Kapitän auf die Knie.
    Findhorn lächelte und wollte sprechen, doch es wurde wieder nur ein Husten und noch mehr Blut, hellrotes Blut, das in einem mitleiderregenden Kontrast zu der Blässe seiner Lippen stand. Seine Augen waren matt und glasig.
    Eilig suchte Nicolson überall nach der Wunde. Zunächst konnte er nichts entdecken, doch dann sah er es plötzlich – er hatte es irrtümlich für einen der Blutstropfen gehalten, die auf Findhorns Hemd feuchte Flecke bildeten. Doch dies hier war kein blutiger Fleck, sondern ein Loch – ein kleines, unscheinbares Loch, kreisrund, dessen Rand sich rötlich färbte. Wie klein so ein Loch ist, mußte Nicolson im ersten Schreck denken, und wie harmlos es aussieht. Fast genau in der Mitte der Brust. Es saß ungefähr zwei oder drei Zentimeter links vom Brustbein und fünf Zentimeter über dem Herzen.

Siebentes Kapitel
    V orsichtig nahm Nicolson den Kapitän bei den Schultern und hob seinen Rücken sacht vom Schott weg. Dabei sah er sich nach dem Bootsmann um, doch McKinnon kniete bereits neben ihm, und ein Blick auf sein bemüht ausdrucksloses Gesicht ließ Nicolson erkennen, daß der Blutfleck auf der Hemdbrust des Kapitäns offenbar größer wurde. Rasch, ohne daß Nicolson ein Wort gesagt hätte, hatte McKinnon sein Messer herausgeholt und das Hemd des Kapitäns hinten auf dem Rücken mit einem Ruck aufgeschlitzt, dann klappte er das Messer wieder zu, nahm die beiden Enden des zerschnittenen Stoffs in die Hände und riß das Hemd auseinander. Er musterte den Rücken des Kapitäns einen Augenblick prüfend, legte dann das auseinandergerissene Hemd wieder zusammen, hob den Blick zu Nicolson und schüttelte den Kopf. Genauso vorsichtig wie zuvor lehnte Nicolson den Kapitän wieder gegen die Wand.
    »Erfolglos, meine Herren, wie?« Findhorns Stimme war nur ein leises, mühsames Murmeln, ein Kampf gegen das Blut, das in seiner Kehle hochstieg.
    »Es ist schlimm genug, aber so schlimm ist es auch wieder nicht.« Nicolson wählte seine Worte mit Bedacht. »Tut es Ihnen sehr weh, Sir?«
    »Nein.« Findhorn schloß für einen Moment die Augen, dann machte er sie wieder auf. »Bitte, beantworten Sie meine Frage: ist es ein Durchschuß?«
    »Nein, Sir.« Nicolsons Stimme war sachlich, fast klinisch. »Das Geschoß muß wohl die Lunge angekratzt haben und hinten in den Rippen steckengeblieben sein. Wir werden es rausholen müssen, Sir.«
    »Ich danke Ihnen.«
    ›Angekratzt‹ war unverschämt milde ausgedrückt, und auf das Wagnis einer Operation im Brustkorb durfte man sich nur in einer komplett eingerichteten Klinik einlassen; doch sollte sich Findhorn darüber klar sein, so ließ jedenfalls weder seine Stimme noch seine Miene etwas davon erkennen. Er hustete unter Schmerzen und versuchte dann zu lächeln. »Das Rausholen werden wir verschieben müssen. Wie steht es mit dem Schiff, Mister Nicolson?«
    »Es sinkt«, sagte Nicolson. Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Sie können die Flammen selbst sehen, Sir. Fünfzehn Minuten noch, wenn wir Glück haben. Sie gestatten, daß ich nach unten gehe, Sir?«
    »Aber natürlich, selbstverständlich! Wo habe ich denn meine Gedanken?« Findhorn machte einen mühsamen Versuch, aufzustehen, doch McKinnon hielt ihn am Boden fest, sprach ihm in seinem sanften, schottischen Tonfall beruhigend zu und sah hilfesuchend zu Nicolson hin. Doch die erhoffte Unterstützung kam nicht von Nicolson, sondern durch das Aufheulen eines Flugzeugmotors, das wütende Hämmern einer Bordkanone und in Form einer Granate, die durch das zerschmetterte Fenster über ihren Köpfen zischte und die Tür zum Kartenraum oben aus den Angeln schlug.
    Findhorn leistete keinen Widerstand mehr, lehnte sich erschöpft gegen das Schott und sah mit einem halben Lächeln zu McKinnon auf. Dann drehte er den Kopf zur Seite, um etwas zu Nicolson zu sagen; doch Nicolson war schon aus dem Raum und machte gerade die Tür zum Kartenraum, die sonderbar in ihren angeschlagenen Angeln schwankte, halb hinter sich zu.
    Nicolson rutschte die innere Leiter nach unten und ging durch die Tür auf Steuerbordseite in die Messe. Als er hineinkam, sah er van Effen neben der Tür am Boden sitzen, die Pistole in der Hand, unverletzt. Er hob den Blick, als die Tür aufging.
    »Ziemlich viel Lärm, Mister Nicolson, das muß ich schon

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