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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Und so war es auch.
    Nach der barbarischen Größe des Sterbens war der Tod dann seltsam gedämpft und unscheinbar. Eine weiße Flammensäule stieg auf, unmittelbar hinter der Brücke, hob sich über hundert Meter hoch in den Himmel und verschwand dann ebenso plötzlich wie sie gekommen war. Und noch während sie verschwand, kam ein leises, dumpfes, lang anhaltendes Rumpeln über das schweigende Meer; das Echo hallte über das Wasser und verging allmählich in der Ferne, und dann war nur noch Schweigen. Das Ende kam rasch und ruhig, ja sogar mit einer gewissen Anmut und Würde: die Viroma glitt sacht unter den Meeresspiegel, ohne Schlagseite, ein müdes, schwerverwundetes Schiff, das ausgehalten hatte, solange es konnte, und froh war, zur Ruhe zu gehen. Die Menschen in den Rettungsbooten, die zusahen, konnten das leise, rasch erstickte Zischen hören, als das Wasser in die rotglühenden Laderäume strömte, konnten sehen, wie die Spitzen der zwei schlanken Masten senkrecht im Wasser verschwanden; dann kamen ein paar Blasen, und dann gar nichts mehr, keine schwimmenden Planken oder sonst irgendein Treibgut auf dem öligen Wasser, überhaupt nichts. Es war, als hätte es die Viroma niemals gegeben.
    Kapitän Findhorn wandte den Kopf und sah Nicolson an, das Gesicht wie versteinert, die Augen trocken und ohne jeden Ausdruck. Fast alle im Boot sahen zu ihm hin, offen oder heimlich, doch er schien es nicht zu bemerken: ein Mann, versunken in völliger, achtloser Gleichgültigkeit.
    »Unveränderten Kurs, Mister Nicolson, bitte.« Seine Stimme war leise und heiser, doch das lag nur an dem Blut und an seiner Schwäche. »200 Grad, wenn ich mich recht erinnere. Unser Ziel bleibt das gleiche. In etwa zwölf Stunden müßten wir den Macclesfield-Kanal erreichen.«

Achtes Kapitel
    S tunden vergingen, endlos gedehnte Stunden unter einem blauen, windstillen Himmel, aus dem sengend die tropische Sonne schien, und immer noch tuckerte das Rettungsboot Nummer eins gleichmäßig auf südlichem Kurs und schleppte das andere Boot hinter sich her. Normalerweise führt ein Rettungsboot nur soviel Treibstoff mit sich, wie man für rund hundert Meilen bei einer Geschwindigkeit von etwa vier Knoten braucht. Sein Motor ist ausschließlich für Fälle dringender Gefahr vorgesehen, so etwa, um andere Rettungsboote aus der gefährlichen Nähe eines sinkenden Schiffes abzuschleppen, die Umgebung nach Überlebenden abzusuchen, rasche Hilfe zu leisten oder das Boot bei grober See auf Kurs zu halten. Doch McKinnon hatte vorsorglich zusätzliche Benzinkanister an Bord gebracht, und selbst für den Fall schlechten Wetters hatten sie genug, mehr als genug, um damit bis nach Lepar zu kommen, einer kleinen Insel, die bei der Durchfahrt durch den Macclesfield-Kanal an Steuerbord lag. Kapitän Findhorn, der fünfzehn Jahre in diesen Gewässern hier hinter sich hatte, kannte Lepar genau; und was noch wichtiger war, er wußte, wo auf der Insel Lepar Benzin zu finden war, und zwar in Massen. Die einzige Unbekannte in der Rechnung waren die Japaner; möglicherweise saßen sie bereits auf der Insel. Doch da ihre Landstreitkräfte bereits so dünn über weite Gebiete verteilt waren, schien es nicht sehr wahrscheinlich, daß sie Zeit oder ausreichende Veranlassung gehabt haben sollten, ein so kleines Fleckchen Erde zu besetzen. Und mit einem reichlichen Vorrat an Benzin und Trinkwasser war schwer vorauszusagen, wie weit sie möglicherweise kommen konnten: vielleicht erreichten sie die Sunda-Straße zwischen Sumatra und Java. Das war durchaus nicht unmöglich, besonders, wenn der Nordost-Passat wieder einsetzte und ihnen auf ihrem Weg behilflich war.
    Doch jetzt im Augenblick wehte kein Passat; nicht einmal das leiseste Lüftchen; es war absolut windstill und erstickend heiß. Das bißchen Fahrtwind, der bei ihrer niedrigen Geschwindigkeit aufkam, war reiner Hohn und schlimmer als gar nichts. Die Sonne stand schon niedrig am Himmel, war aber immer noch stechend heiß; Nicolson hatte beide Segel als Sonnenschutz ausgebracht, die Fock für den vorderen Teil des Bootes, das Großsegel für die Mitte und achtern. Doch auch unter diesem Schutzdach war die Hitze noch erdrückend, um fünfunddreißig Grad, bei einer Luftfeuchtigkeit von mehr als 85 Prozent. Es war in Ostindien sehr selten, gleichgültig zu welcher Jahreszeit, daß die Temperatur unter dreißig Grad sank. Es gab auch keine Möglichkeit, sich Kühlung zu verschaffen, indem man ins Wasser sprang, da auch

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