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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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übernommen und wachte darüber, daß die Verwundeten alles, was sie ihnen anbot, bis auf den letzten Happen aufaßen und bis zum letzten Schluck tranken. Sie entriß auch Farnholme seinen Koffer, verstaute ihn unter ihrem Sitz, ergriff das Beil, das McKinnon aus der Hand gelegt hatte, und machte dem vor Wut kochenden Brigadier unmißverständlich und mit funkelnden Augen klar, daß es mit dem Trinken für ihn aus und vorbei sei: der Inhalt des Koffers, den er gerade hatte anzapfen wollen, sei von nun an ausschließlich für medizinische Zwecke reserviert. Und danach hatte sie, es war nicht zu fassen, aus der Tiefe ihres eigenen umfangreichen Koffers Nadeln und Wolle hervorgeholt und sich in aller Ruhe darangemacht, weiterzustricken. Und sie war es auch, die jetzt dasaß, ein Brett auf den Knien, und Dosenfleisch und Brot säuberlich in Scheiben schnitt, Zwieback, Zucker und mit Wasser verdünnte Büchsenmilch verteilte, und einen ernst dreinschauenden McKinnon herumkommandierte, der es sorgfältig vermied, zu lächeln. Sie hatte den Bootsmann kurzerhand zu ihrem Kellner gemacht, so als sei er eines ihrer zuverlässigeren, aber nicht allzu intelligenten Schulkinder. Grandios, dachte Nicolson, während er sich nach besten Kräften bemühte, eine ebenso tierisch ernste Miene zu machen wie der Bootsmann, einfach grandios.
    Miss Plenderleiths Stimme wurde plötzlich scharf und um eine Oktave höher. »Mister McKinnon! Was um alles in der Welt machen Sie denn da?« Der Bootsmann hatte die letzte Ladung Brot und Dosenfleisch auf die Bodenbretter fallen lassen und war neben ihr in die Knie gesunken; er spähte unter dem Rand des Sonnensegels hervor nach draußen und achtete nicht auf Miss Plenderleith, die ihre Frage wiederholte. Sie wiederholte sie ein drittes Mal, erhielt noch immer keine Antwort, preßte die Lippen zusammen und stieß dem Bootsmann mit dem Griff des Messers kräftig in die Rippen. Das wirkte.
    »Wollen Sie sich vielleicht einmal ansehen, was Sie da angerichtet haben, Sie ungeschickter Tölpel?« Ärgerlich zeigte sie mit der Messerspitze auf McKinnons Knie: darunter lag, fast plattgedrückt, ein halbes Pfund Fleisch.
    »Tut mir leid, Miss Plenderleith.« Der Bootsmann stand auf, rieb sich geistesabwesend die Reste des Dosenfleisches von der Hose und drehte sich zu Nicolson herum. »Maschine im Anflug, Sir. Backbord querab, ziemlich nah.«
    Nicolson warf ihm aus plötzlich schmalgewordenen Augen einen raschen Blick zu, beugte sich vor und starrte unter dem Sonnensegel hinaus nach Westen. Er hatte die Maschine fast augenblicklich entdeckt: sie war höchstens zwei Meilen von ihnen entfernt und flog ungefähr dreihundert Meter hoch. Walters, der als Ausguck im Bug saß, hatte sie nicht gesehen, was aber nicht verwunderlich war: sie kam genau aus der Sonne auf sie zugeflogen. McKinnon, mit seinen guten Ohren, mußte das weitentfernte Geräusch des Motors gehört haben. Wie er das trotz des ununterbrochenen Redestroms von Miss Plenderleith und dem gleichmäßigen Tuckern ihres eigenen Motors fertiggebracht hatte, das allerdings war für Nicolson eine Rätsel. Er selbst konnte auch jetzt noch immer nichts hören.
    Nicolson zog den Kopf wieder zurück und warf einen Blick zu dem Kapitän hin. Findhorn lag auf der Seite, entweder schlafend oder in einer Ohnmacht. Doch um festzustellen, was von beiden es war, dafür war jetzt keine Zeit.
    »Nehmen Sie das Segel herunter, Bootsmann!« sagte er rasch. »Gordon, Sie helfen ihm dabei. Los, los! Vierter?«
    »Sir?« Vannier war bleich, machte aber im übrigen einen eifrigen und durchaus zuverlässigen Eindruck.
    »Schußwaffen – je eine für Sie, den Brigadier, den Bootsmann, van Effen, Walters und mich.« Er sah Farnholme an. »Wir haben da so eine Art automatischen Karabiner, Sir – können Sie damit umgehen?«
    »Das will ich meinen!« Farnholme, dessen blaßblaue Augen selbstbewußt funkelten, streckte die Hand nach dem Karabiner aus, hatte ihn mit einer raschen, fachmännischen Bewegung gespannt, nahm ihn zärtlich in die Arme, legte an und sah begierig dem sich nähernden Flugzeug entgegen: ein altes Streitroß, das begeistert den Geruch der Schlacht witterte. Bei aller Eile fand Nicolson doch noch Zeit, über diese völlige Verwandlung gegenüber dem zeitigeren Nachmittag zu staunen; es war, als hätte es den Mann, der sich dankbar und eilig in die Sicherheit der Pantry geflüchtet hatte, nie gegeben. Diese Verwandlung war ebenso unglaubhaft wie

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