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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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unbestreitbar; und ganz im Hintergrund seines Bewußtseins hegte Nicolson den vagen Verdacht, daß die Inkonsequenz des Brigadekommandeurs nur allzu konsequent sein könne, daß seinem sonderbaren Benehmen möglicherweise ein ganz bestimmter, wenn auch sorgsam verborgener Plan zugrunde lag. Doch das war nur eine Vermutung. Er wurde aus dem Ganzen nicht schlau, und vielleicht geheimniste er auch in das seltsame, widerspruchsvolle Verhalten etwas hinein, was gar nicht existierte. Was auch immer die Erklärung sein mochte, jedenfalls war jetzt nicht die Zeit, danach zu suchen.
    »Nehmen Sie Ihre Knarre 'runter«, sagte Nicolson scharf. »Sie alle. Halten Sie die Gewehre so, daß man sie nicht sieht. Und die andern legen sich flach ins Boot, so tief wie möglich.« Er hörte den Jungen wütend protestieren, als die Schwester ihn neben sich auf die Bretter zog, und verbannte entschlossen jeden Gedanken an ihn aus seinem Bewußtsein.
    Die Maschine – ein sonderbar aussehendes Wasserflugzeug eines ihm unbekannten Typs – hielt weiterhin genau auf sie zu und war inzwischen bis auf etwa eine halbe Meile heran. Das Flugzeug kam, beständig an Höhe verlierend, sehr langsam näher; offenbar ein Typ, der nicht gebaut war, um damit hohe Geschwindigkeiten zu erreichen.
    Jetzt ging die Maschine in die Kurve und fing an, die Rettungsboote zu umkreisen. Nicolson beobachtete sie durch sein Glas. An ihrem Rumpf erglänzte, während sie erst nach Süd und dann nach Ost drehte, das Emblem der aufgehenden Sonne. Ein schwerfälliges Flugzeug, plump und unbeholfen, dachte Nicolson, höchstens für langsame Aufklärungsflüge zu verwenden. Und dann fielen ihm die drei Jäger ein, die gleichgültig am Himmel ihre Kreise gezogen hatten, als sie von Bord der brennenden Viroma gegangen waren – und plötzlich stieg ein Gedanke in ihm auf, der sich zu absoluter Gewißheit verdichtete.
    »Sie können die Gewehre beiseite legen«, sagte er ruhig. »Und alle können sich wieder auf die Bänke setzen. Dieser komische Knabe da oben trachtet uns nicht nach dem Leben. Die Japaner haben genügend Bomber und Jagdflieger, um uns rasch und gründlich zu erledigen, wenn sie das wollten. Wenn sie wirklich die Absicht hätten, uns fertigzumachen, dann hätten sie nicht diesen alten Droschkengaul von Wasserflugzeug geschickt, der die besten Aussichten hat, selbst abgeschossen zu werden. Dann wären sie mit Jägern und Bombern gekommen.«
    »Das scheint mir nicht ganz sicher.« Farnholmes Blut war in Wallung geraten, und es behagte ihm nicht, daß er darauf verzichten sollte, die japanische Maschine über Kimme und Korn seines Karabiners anzuvisieren. »Ich traue diesen gelben Brüdern nicht über den Weg!«
    »Das tut keiner von uns«, sagte Nicolson. »Aber ich glaube nicht, daß der da mehr als ein Maschinengewehr an Bord hat.« Das Wasserflugzeug umkreiste sie weiter, immer noch in dem gleichen vorsichtigen Abstand. »Ich vermute, daß sie es zwar auf uns abgesehen haben, uns aber lebend haben wollen. Der Himmel mag wissen, warum.« Nicolson hatte zu viele Jahre im Fernen Osten verbracht, um nicht detaillierte Schilderungen der Grausamkeiten gehört zu haben, die von den Japanern im Verlauf des Chinesischen Krieges verübt worden waren. Er wußte, daß für einen feindlichen Zivilisten der Tod ein angenehmes und wünschenswertes Ende war, verglichen mit dem, was einen Gefangenen erwartete. »Warum wir für die Japaner so wichtig sein sollten, das kann ich allerdings nicht ahnen. Freuen wir uns also unseres Glücks, und bleiben wir noch ein wenig länger am Leben.«
    »Ich bin der gleichen Ansicht wie der Erste Offizier.« Van Effen hatte sein Gewehr bereits weggepackt. »Diese Maschine hält nur Fühlung. Sie wird uns nichts tun, Brigadier, da können Sie ganz unbesorgt sein.«
    »Vielleicht, und vielleicht auch nicht.« Farnholme brachte seinen Karabiner wieder zum Vorschein. »Jedenfalls sehe ich nicht ein, weshalb ich dem Burschen nicht eins verpassen sollte. Verdammt noch mal, er ist schließlich ein Feind, oder nicht?« Farnholme atmete aufgeregt. »Ein Schuß in seinen Motor –«
    »Sie werden nichts dergleichen tun, Foster Farnholme.« Miss Plenderleiths Stimme war kalt, scharf und gebieterisch. »Sie benehmen sich wie ein Idiot, wie ein unvernünftiges Kind. Legen Sie augenblicklich dieses Gewehr aus der Hand.« Farnholme wurde bereits klein und häßlich unter ihrem eisigen Blick und der beißenden Schärfe ihrer Zunge. »Wozu in ein

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