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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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und bis das U-Boot uns stoppt, sind wir annähernd auf eine halbe Meile an die Insel heran. Es ist eine Chance, allerdings eine verdammt geringe Chance, aber immerhin –« Er hob von neuem das Glas an die Augen, sah zu dem U-Boot hin und schüttelte dann langsam den Kopf. »Richtig, so hatte ich es auch in der Erinnerung. Diese Kanone, Kaliber 9,5 oder so ähnlich, hat einen großen Panzerschild zum Schutz der Kanoniere. Vermutlich so ein zusammenklappbares Ding mit Scharnieren.« Er verstummte, und seine Finger trommelten heftig auf den Dollbord. Er sah ein wenig geistesabwesend den Kapitän an. »Erschwert die Sache ziemlich, finden Sie nicht auch, Sir?«
    »Habe eben nicht ganz mitgekriegt, was Sie meinen, Jonny.« Findhorns Stimme klang bereits wieder erschöpft. »Mein Kopf ist leider nicht in einem besonders guten Zustand für derartige Überlegungen. Aber falls Sie irgendeinen Plan haben sollten –«
    »Ja, ich habe einen. Vollkommen verrückt, aber es könnte klappen.« Nicolson erklärte es ihm eilig und winkte dann Vannier heran, der die Ruderpinne abgab an den Bootsmann und zu ihnen herüberkam. »Sie rauchen nicht, Vierter, oder doch?«
    »Nein, Sir.« Vannier sah Nicolson an, als habe er jemanden vor sich, der nicht mehr ganz zurechnungsfähig ist.
    »Dann werden Sie heute abend damit anfangen.« Nicolson langte in die Hosentasche und holte eine flache Zigarettenpackung und eine Schachtel Streichhölzer heraus. Er überreichte sie Vannier und erteilte ihm einige rasche Instruktionen. »Sie gehen ganz nach vorn, noch vor van Effen. Und vergessen Sie nicht: alles hängt von Ihnen ab. Brigadier, würden Sie bitte einen Augenblick herkommen?«
    Farnholme hob überrascht das Gesicht, stieg schwerfällig über mehrere Ruderbänke und nahm bei Nicolson und Findhorn Platz. Nicolson sah ihn ein oder zwei Sekunden lang schweigend an und sagte dann ernsthaft: »Sie können also wirklich mit diesem Schnellfeuergewehr umgehen, Brigadier?«
    »Aber ja, Mann!« grunzte der Brigadier indigniert. »Ich habe das blöde Ding sozusagen erfunden.«
    »Und wie steht es mit Ihrer Treffsicherheit?« fragte Nicolson ruhig, aber eindringlich.
    »Bisley-Champion«, antwortete Farnholme lakonisch. »Nur damit Sie Bescheid wissen, Mister Nicolson.«
    »Was, Sie haben in Bisley einen Preis gemacht?« fragte Nicolson erstaunt.
    »Scharfschütze Seiner Majestät.« Farnholme sprach jetzt völlig anders als sonst, genauso ruhig wie Nicolson. »Werfen wir eine Konservenbüchse über Bord, lassen wir sie abtreiben bis auf dreißig Meter, und ich werde es Ihnen demonstrieren. Innerhalb von zwei Sekunden mache ich mit diesem Karabiner ein Sieb daraus.« Was der Brigadier sagte, klang nicht nur sachlich – es klang überzeugend.
    »Keine Demonstrationen, bitte«, sagte Nicolson hastig. »Das können wir jetzt ganz und gar nicht brauchen. Soweit es sich um unsere gelben Brüder handelt, haben wir hier an Bord nicht einmal einen Knallfrosch. Was ich von Ihnen möchte, ist folgendes.« Seine Instruktionen für Farnholme waren rasch und gedrängt, und genauso waren die, die er unmittelbar anschließend den übrigen Insassen des Bootes erteilte. Es war keine Zeit mehr für umständliche Erklärungen und Rückfragen, um sicherzustellen, daß seine Anweisungen von allen genau begriffen worden waren: der Feind war schon fast heran.
    Im Westen war der Himmel noch farbig belebt, er erstrahlte in Rot und Orange und Gold, die Wolkenbänke am Horizont standen in Brand, doch die Sonne war untergegangen, im Osten war er grau, und die plötzliche Dunkelheit der tropischen Nacht verbreitete sich rasch über das Meer. Das U-Boot schob sich achtern an Steuerbordseite heran, düster, schwarz und drohend in der zunehmenden Dämmerung, ein dunkler Umriß im weißlichen Phosphoreszieren der See. Das Brummen der Dieselmaschinen erstarb zu einem leisen Schnurren, die bösartige, dunkle Mündung der großen Kanone auf dem Vorschiff ging nach unten und schwenkte langsam nach achtern, während sie erbarmungslos, Meter um Meter, der Bewegung des kleinen Rettungsbootes folgte. Und dann kam vom Kommandoturm des U-Boots ein scharfes, unverständliches Kommando; auf einen Wink von Nicolson stellte McKinnon den Motor ab, und der stählerne Rumpf des U-Boots schurrte am Fender des Rettungsbootes entlang.
    Nicolson hob den Kopf und ließ seinen Blick rasch über das Deck und den Kommandoturm des U-Boots gleiten. Die große Kanone auf dem Vorschiff zeigte in ihre

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