Die Ueberlebenden von Mogadischu

Bundesrepublik Deutschland wird der Roman Der Butt von Günter Grass zum Buch des Jahres 1977.   Die Literaturkritik lobt das Werk, in dem es um den Kampf der Frauen gegen die männliche Vorherrschaft geht, einhellig. Es wird auch ein Verkaufserfolg: Vier Wochen nach Erscheinen sind bereits 150 000 Exemplare verkauft, Ende 1977 sind es über 200 000 .
    Zur Frankfurter Buchmesse erscheint die deutsche Ausgabe von Shere Hites Buch über das »Sexuelle Erleben der Frau«, der Hite 48 Report . Die Autorin berichtet darin über die sexuellen Erfahrungen und Wünsche von 3000 befragten Amerikanerinnen. Laut Hite Report ist die Klitoris von zentraler Bedeutung für das weibliche Lustempfinden. Acht von zehn Frauen bekennen sich zur Selbstbefriedigung als einem wichtigen Bestandteil ihrer Sexualität. Der Hite Report wird in der Bundesrepublik Deutschland ein Bestseller.
    Der polnische Philosoph Leszek Kolakowski erhält in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der mit 10 000 Mark dotierte Preis wird jedes Jahr zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse für die »Förderung des Gedankens des Friedens, der Menschlichkeit und der Verständigung der Völker untereinander« verliehen.
    Der Protest gegen die Atomkraft schwillt zu einer sozialen Bewegung an. Die Gegner eines geplanten Atomkraftwerks in Brokdorf erwirken einen vorläufigen Baustopp. In Grohnde liefern sich Demonstranten und Polizisten eine blutige Schlacht. Proteste gibt es auch gegen ein mögliches Endlager für radioaktiven Abfall in Gorleben. Das Bundesverfassungsgericht befasst sich mit dem Bau eines »Schnellen Brüters« in Kalkar.
    Paris hat mit dem »Centre National d’Art et de Culture Georges Pompidou« eine neue Attraktion.
    Das Überschallflugzeug »Concorde« darf jetzt auch in New York landen.
    In Kapstadt, Südafrika, scheitert die Operation des Chirurgen Christiaan Barnard, der einem Patienten das Herz eines Schimpansen eingepflanzt hat. Der Patient überlebt die Operation nicht.
    Die Frauen und Männer, die am 13.   Oktober 1977 auf dem Flughafen Palma de Mallorca in eine Linienmaschine der Lufthansa steigen, um nach Frankfurt am Main zu fliegen, werden sich in den nächsten Tagen nicht mit dem Weltgeschehen befassen, nicht einmal mit dem politischen und kulturellen Leben in ihrer jeweiligen Heimat. Sie brauchen ihre ganze Kraft, um die körperlichen und seelischen Leiden als Geiseln in einem entführten Flugzeug zu 49 überstehen. Mit ihrem Schicksal werden sie ihrerseits zu einem Thema für Presse, Radio und Fernsehen rund um die Welt. Eine Chronologie mag die Ereignisse dieses Tages noch einmal in Er­innerung bringen:
    Donnerstag, 13.   Oktober 1977
    Palästinensische Terroristen entführen die Lufthansa-Maschine »Landshut«, die am Mittag von Palma de Mallorca nach Frankfurt gestartet ist, und unterstützen damit die Forderungen der Entführer von Hanns Martin Schleyer, elf Terroristen der Roten Armee Fraktion freizulassen. In einer Erklärung, die in den frühen Morgenstunden des Folgetags bekannt wird, heißt es:
     
    »Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass die Passagiere und Besatzung der Lufthansa-Maschine 737 , Flugnummer LH 181 , von Palma nach Frankfurt (M) unter unserer vollständigen Kontrolle und Verantwortung stehen. Das Leben der Passagiere und der Besatzung und das Leben von Dr. Hanns Martin Schleyer hängen davon ab, dass Sie die folgenden Forderungen erfüllen:
Freilassung der folgenden Genossen der RAF aus westdeutschen Gefängnissen: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe, Verena Becker, Werner Hoppe, Karl Heinz Dellwo, Hanna Krabbe, Bernd Rössner, Ingrid Schubert, Irmgard Möller, Günter Sonnenberg. Jede Person soll DM 100 000 mitbekommen.
Freilassung der folgenden palästinensischen Genossen der P.F.L.P. [Popular Front for the Liberation of Palestine, dt.: Volksfront zur Befreiung Palästinas; Anm. d. Verf.] aus dem Gefängnis in Istanbul
- Mahdi
- Hussein
50 Die Zahlung von 15 Millionen US -Dollar gemäß beigefügten Anweisungen.
Vereinbaren Sie mit einem der folgenden Länder die Aufnahme der Genossen, die freigelassen wurden:
Demokratische Republik Vietnam, Republik Somalia, Demokratische Volksrepublik Jemen.
Die deutschen Gefangenen sollen in einem von Ihnen gestellten Flugzeug zu ihrem Zielort gebracht werden. Sie sollen über Istanbul fliegen und die zwei aus dem dortigen Gefängnis entlassenen palästinensischen Genossen aufnehmen.
Die türkische Regierung ist über unsere