Die Ueberlebenden von Mogadischu
?
Die Lufthansa ist dort nicht regelmäßig vertreten, weil wir den Platz nicht anfliegen. Aber wir haben natürlich Kooperationen, international, mit anderen Airlines, und wir versuchen jetzt für die Maschine zu tun, was wir können, über die Hilfestellung von dritter Seite dort. Und ich glaube nicht, dass es Versorgungsprobleme gibt, die sind auf einem Platz mit solcher Einrichtung leicht lösbar.
Welche Möglichkeiten der Kontaktaufnahme hat die Deutsche Lufthansa, hat der Krisenstab ?
Das spielt sich jetzt natürlich vorwiegend über Telefon und Telex ab, eine andere Möglichkeit kann ich im Augenblick nicht sehen. Aber eine Landung ist noch nicht allzu lange her, und der Krisenstab versucht jetzt mit allen Mitteln und auf allen Wegen, die entsprechenden Kontakte zu bekommen.
Über den Zustand der Maschine, über die Passagiere und die Besatzung haben Sie keine neuen Erkenntnisse ?
Ja, das ist im Augenblick noch schwierig, aber ich glaube sagen zu können, dass die Maschine in einwandfreiem Zustand ist. Das hat ja auch die glatte und problemlose Landung gezeigt in Aden. Und soweit wir wissen, sind die Passagiere den Umständen ent 65 sprechend auch – nun, man scheut sich zu sagen, in guter Verfassung – aber es ist uns nicht bekannt, dass es große Probleme gäbe [. . . ].«
Die Deutsche Lufthansa ist auch in diesem Fall offenkundig bemüht, die bangenden, entsetzten Zuschauerinnen und Zuschauer am Bildschirm zu beruhigen, doch tatsächlich haben die Mitglieder des Krisenstabes und der Pressesprecher keine Ahnung vom Ernst der Lage. Es handelte sich in Aden um eine Notlandung. Die Maschine setzte so hart auf, dass einer der Geiseln das künstliche Gebiss aus dem Mund fiel. Die Chefstewardess Hannelore Piegler schreibt in ihrem Erlebnisbericht, der im darauffolgenden Jahr als Buch erscheinen wird: »Wir standen im Sand. Er war keine Landebahn unter uns, sondern nur Wüste. Ein Verkehrsflugzeug landet ganz einfach in einer Wüste!«
Die Deutsche Lufthansa beschränkt sich nicht auf eine Begleitung des Geschehens von ihrer Frankfurter Zentrale aus, sondern entsendet einen Mitarbeiter, Wolfgang Hintze, nach Dubai, der Werner Utter und seine Kollegen laufend unterrichten soll. Außer ihm gehören Martin Gaebel, Chefpilot und Flugkapitän auf dem Typ DC - 10 , der Flottenchef der B- 737 , Peter Heldt, sowie Techniker, Ärzte und eine Krankenschwester der Delegation an. Hintze, Gaebel und Heldt halten sich zeitweise im Tower auf und verfolgen die Gespräche mit dem »Landshut«-Cockpit. Erst von diesem Zeitpunkt an erhält die Fluggesellschaft authentische Informationen vom Ort des Geschehens.
In Deutschland richtet der Lufthansa-Betriebsrat einen Aufruf an die Entführer. Gesamtbetriebsrat des Unternehmens und Gesamtvertretung des fliegenden Personals erklären, von den Aktionen der Entführer würden nicht nur die Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord betroffen, sondern auch die Mitarbeiter der Lufthansa, die sich in jahrzehntelanger Arbeit darum bemüht hätten, einen Völker verbindenden Luftverkehr auszubauen.
Es gibt nur eine Situation, in der die Deutsche Lufthansa unmittelbar in das Geschehen rund um die Entführung eingreift. 66 Als der Maschine in Dubai der Strom ausgeht, Licht und Klimaanlage ausfallen, fahren Lufthansa-Chefpilot Martin Gaebel und B 737 -Flottenchef Peter Heldt, als Flughafenmitarbeiter verkleidet, eine Ground Power Unit an das Flugzeug heran, ein Bodenstromaggregat auf vier Rädern. Entführer Mahmud sieht die beiden kommen, schöpft Verdacht und feuert aus seiner Pistole. Er schreit, das seien keine Techniker, das seien Agenten. Martin Gaebel und Peter Heldt laufen mit den Worten »help yourselves« zum Flughafengebäude zurück. Wenig später gelingt es »Landshut«-Kopilot Jürgen Vietor, das Bodenstromaggregat an die »Landshut« anzuschließen und in Gang zu bringen.
In die Kategorie »redlich gemeint, aber ungeschickt ausgeführt« gehört noch eine andere Entscheidung der Deutschen Lufthansa aus diesen Tagen. Jedes Buch über die »Landshut«-Entführung erzählt die bewegende Geschichte, wie der Freund der »Landshut«-Stewardess Gabriele Dillmann, Lufthansa-Kopilot Rüdeger von Lutzau, in Frankfurt darum bittet, mit nach Mogadischu fliegen zu dürfen, um seiner Freundin nahe zu sein. Tatsächlich sitzt er im Cockpit einer Boeing 707 neben Kapitän und Boeing- 707 -Flottenchef Peter Rogowski, die Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski, dessen Team und
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