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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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»Landshut«-Entführern mit dem Ziel ihrer Aufgabe,
- gewaltsame Befreiung der Geiseln aus der entführten Maschine um den Preis, dass Geiseln und Befreier getötet werden und in der Folge Hanns Martin Schleyer ermordet wird.
    Schon früh in der »Landshut«-Entführungsphase werden die Deutschen auf diese Vorgaben eingestimmt. Dank einer gezielten Informationspolitik der Bundesregierung lenkt Regierungssprecher Klaus Bölling die Aufmerksamkeit auf die Eliteeinheit GSG   9 , die nach einem blamablen, gescheiterten Einsatz herkömmlicher Polizei bei den Olympischen Spielen 1972 in München aufgestellt worden ist. Zum Know-how der GSG   9 gehört unter anderem die Erstürmung eines von Terroristen entführten Passagierflugzeugs. Die GSG - 9 -Leute haben an allen Flugzeugtypen der Zeit geübt, auch an einer Lufthansa-Boeing 737.   Die Übungsmaschine hieß zufällig »Landshut«.
    Die Nachrichtensendungen Tagesschau und heute sowie Ra­dio und Zeitungen berichten über die wechselnden Standorte ei­ner Maschine mit GSG - 9 -Männern an Bord, die der entführten »Landshut« hinterherfliegen soll. Mit solchen Berichten will die Bundesregierung Handlungsfähigkeit demonstrieren und die Bevölkerung auf die Idee einer Befreiungsaktion einstimmen.
    Regierungssprecher Klaus Bölling stellt dabei immer klar, dass die GSG   9 nicht gegen den Willen der Regierung, in deren Land die Erstürmung der »Landshut« erfolgt, zum Einsatz kommen wird. Unter keinen Umständen will die »kleine« Bundesrepublik Deutschland 32 Jahre nach Kriegsende aggressiv auftreten. Sie sucht die Billigung der Weltgemeinschaft. Diese Maßgabe stellt eine kaum zu überwindende Hürde dar. Welches Land würde schon die eigene Souveränität aufgeben und indirekt eingestehen, dass es selbst auf einen solchen Fall nicht vorbereitet ist?
    Aus Sicht der Bundesregierung, die seit der Schleyer-Entführung gnadenlos Getriebene beim Abwägen von Rechtsgütern und In­ 72 teressen geworden ist, gibt es keine Wahl. Die Bevölkerung ist in dieser Sache in zwei gleich große Lager gespalten. Das Institut für Demoskopie in Allensbach ermittelt im Auftrag des Stern , dass 42  Prozent der Bevölkerung für ein Hartbleiben gegenüber den Terroristen einträten, allerdings auch 42 Prozent dafür, den Forderungen der Schleyer- und »Landshut«-Entführer nachzugeben. 16  Prozent der Befragten sind unentschieden.
    Für die Geiseln in der »Landshut« ist die Frage »Hartbleiben oder nachgeben?« verständlicherweise keine Alternative. Sie erwarten, dass die Bundesregierung die Forderungen der Terroristen erfüllt, um das Leben der Frauen und Männer in der Maschine zu retten. Die Rechnung einer Hannelore Brauchart oder eines Matthias Rath – sie äußern sich später dahingehend – ist einfach: Wir Geiseln sind 87 , die freizulassenden Terroristen sind 13. Selbst wenn diese Terroristen wieder Morde an Prominenten begehen, sagt Matthias Rath später einmal zu dem Psychotherapeuten Andreas Ploeger sinngemäß, kommt niemals die Summe von 91  Toten zusammen – dies aber wäre die schreckliche Bilanz nach einer Explosion der »Landshut«. Die Geiseln fühlen sich als Opfer. Sie sollen von den Terroristen für politische Ziele missbraucht werden. Wenn die Bundesregierung nicht nachgibt, werden sie aber auch – so ihre Wahrnehmung – zu Opfern einer Regierung, die nicht alles Mögliche für ihr Überleben getan hat.
    Die Erwartungen an die Bundesregierung, daran, dass sie nachgibt, wird von Tag zu Tag größer – nicht nur bei Hanns Martin Schleyer, der die Hoffnung nicht aufgeben will, auch bei den Menschen in der »Landshut«, die mit einer gewaltsamen Befreiungsaktion nicht rechnen, schon weil sie von der Existenz einer Grenzschutzgruppe 9 nichts wissen.
    Auch die Angehörigen der Geiseln setzen auf eine Verhandlungslösung im Sinne der Entführer. Anders als die Frauen und Männer in der Maschine können sie diesen Wunsch immerhin artikulieren:
     
    73 »Die im Bundeskanzleramt am 17.   Oktober 1977 anwesenden Angehörigen und Freunde der Geiseln von Somalia fordern die Bundesregierung und die Krisenstäbe hiermit auf,
     

sofort und unwiderruflich zu erklären, daß sie zur Auslieferung der gefangenen Verbrecher bereit ist;
die 11 Verbrecher unverzüglich an einem Sammelpunkt zusammenzuführen und ihnen ein Flugzeug zur Verfügung zu stellen [...].«
    Diese von vierzehn Angehörigen unterzeichnete Erklärung ist das Ergebnis eines Gespräches, das

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