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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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nur wenige Leitungen für Telefon und Telex. Und diese Gesprächs- und Fernschreibverbindungen sind oft stundenlang unterbrochen. Als die Maschine in Mogadischu gelandet ist, wird im münsterländischen Ort Milte eine zusätzliche, 42 Meter hohe Antenne errichtet. Trotzdem bleibt die Qualität mangelhaft und die Gefahr von Missverständnissen hoch.
    Der ARD -Korrespondent Kurt Stenzel hat den richtigen Riecher gehabt und ist schon am Sonntag, dem 16.   Oktober, in Mogadischu eingetroffen. Als er am nächsten Morgen im Stuttgarter Funkhaus anruft, um das Eintreffen der Maschine zu melden, fährt ihn plötzlich eine Frauenstimme in der Leitung an: Er müsse sofort den Hörer auflegen, die Bundesregierung wolle mit der somalischen Regierung telefonieren!
    Die Arbeit des Krisenstabes leidet von Anfang an auch darunter, dass seine Mitglieder von der Bundesregierung keine Informationen erhalten oder, wenn sie doch etwas erfahren, zu Stillschweigen verpflichtet sind. Eine entsprechende Anweisung des Bundesinnenministeriums ergeht schon am späten Abend des ersten Entführungstages. Die Bundesregierung hat während der zurückliegenden Wochen, seit sich Hanns Martin Schleyer in der Gewalt von Entführern befand, eine strikte Nachrichtensperre verhängt, und Regierungssprecher Klaus Bölling sorgt jetzt energisch dafür, dass sie nicht durchbrochen wird. Er beherrscht die Kunst von Zuckerbrot und Peitsche: Seine Auftritte in der Öffentlichkeit sind gefasst und im Temperament gedämpft, auf der Hinterbühne agiert er gegenüber Medienleuten laut und autoritär.
      63 Die großen Verlage wie Spiegel oder Springer sind in diesen Tagen auf aktuelle Informationen und damit auf hohe Auflagen und Prestige aus. Die Lufthansa dagegen hat einen Ruf zu verlieren, den Ruf, zu den zuverlässigsten und sichersten Airlines der Welt zu zählen. Ihr geht es auch um die eigene Identität – das Unternehmen gehört zwar zu einem erheblichen Teil dem Bund, doch der Vorstand will nicht den Büttel der Bundesregierung spielen. In dem Zielkonflikt, einerseits Profil zu zeigen, andererseits aber zu diesem Zeitpunkt de facto so gut wie nichts über die Situation in der »Landshut« zu wissen, gerät die Pressearbeit der Fluggesellschaft zu einem missglückten Kompromiss.
    Lufthansa-Pressesprecher Wolfgang Kaulich gibt für die Tagesschau vom Samstag, 15.   Oktober 1977 ein Interview, als die »Landshut« auf dem Wüstenflughafen von Dubai steht und die Terroristen eine makabre Geburtstagsfeier für Anna-Maria Staringer, eine der Stewardessen, ausrichten. Kommandochef Mahmud hatte, als er von dem Geburtstag der Frau erfuhr, nach einer Torte mit 28 Kerzen verlangt. Vor der Übergabe an die Passagiere hält ein Flughafenmitarbeiter die Torte in die Fernsehkameras.
    In der Tagesschau äußert sich Wolfgang Kaulich – offenbar bemüht, die Angehörigen zu Hause zu beruhigen – wie folgt:
    »Die Situation in der entführten Maschine ist offensichtlich recht gut. Das zeigt sich an dem allgemeinen Kontakt, den wir haben. Beispielsweise hat heute eine der Stewardessen Geburtstag, und da haben sogar die Entführer über Funk 28 Kerzen angefordert, damit man den Geburtstag feiern kann. Wir bemühen uns jetzt, die Situation der Passagiere und der Besatzung so erträglich wie möglich zu machen. Es wird für Verpflegung gesorgt, es wird für Getränke gesorgt, und vor allem natürlich laufen ständig die Gespräche zu einer Lösungsmöglichkeit.«
    Diese Schilderung entsprach der wahren, gespenstischen Situation an Bord in keiner Weise. Diese »Geburtstagsfeier« war der Horror für »Jubilarin« und »Gäste«. Mahmud bestand darauf, 64 dass Crew-Mitglieder und Passagiere »Happy Birthday« sangen. Er lief den Gang auf und ab, dirigierte mit der einen Hand das Ständchen und hielt in der anderen die Pistole.
    Pressesprecher Wolfgang Kaulich geht in der Entführungswoche ein zweites Mal vor die Kamera, am Sonntag, dem 16.   Oktober 1977 , gibt er der ZDF -Nachrichtensendung heute ein Interview. Inzwischen steht die Maschine nicht mehr in Dubai, sondern in Aden. Ein Auszug aus dem Dialog zwischen dem fragenden Journalisten und Wolfgang Kaulich sei hier wiedergegeben:
    »Die entführte Lufthansa-Maschine steht inzwischen auf dem Flughafen von Aden. Ist das ein internationaler Airport ?
    Das ist ein internationaler Airport, voll ausgerüstet mit allem, was dazugehört.
    Wird er auch von der Lufthansa angeflogen, haben die dort einen Sta­tionsleiter

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