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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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Smartphone. Die Nachricht bahnt sich trotzdem ihren Weg. Manche lassen ihren Wagen stehen und rennen in hektischer Verbrüderungsabsicht auf die nächstbesten Passanten zu. Alle beflügelt das Gefühl, dass sie gemeinsam eine große Gefahr bezwungen haben.
    In einer Zeitung der Bundeszentrale für politische Bildung, also einer staatlichen Behörde, wird es später heißen: »Wir alle haben 45  Tage mitgelitten. Wir alle haben 45  Tage lang entdeckt, dass uns mehr verbindet als hier wohnen, hier schlafen, hier arbeiten, hier Geld verdienen, hier Schalke  04 und Bayern München. [...] Da war ganz zum Schluss auch jener Stolz, der uns so lange nicht mehr unterkam: Wir – nicht nur der Pässe und der Betroffenheit wegen – Deutsche. Erfolgreich, wie es das schlimmste Klischee 82 über uns in allen Ländern sagt. Aber im Dienst der guten Sache. Hartnäckig und zäh, wie die Deutschen sind. Aber im Dienst der guten Sache. [. . . ]«
    Als sei ein nationaler Albtraum zu Ende. Als sei ein Fluch von einem Land genommen. Als habe Gott ein Einsehen mit den Deutschen gehabt.
    Am frühen Morgen des 18.   Oktober 1977 , wenige Stunden nachdem die Befreiung der Geiseln durch Beamte der GSG   9 bekannt wurde, spricht der Hörfunkdirektor des Südwestfunks, Alois Rummel, in den drei Hörfunkprogrammen dieses Senders, die eigens zur Sonderberichterstattung zusammengeschaltet worden waren, einen Kommentar, der beispielhaft für die Euphorie der Journalisten in Bonn und der überwiegenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung steht. Er soll hier wiedergeben werden, weil er ein wenig von der damaligen Stimmung dieser Stunden plastisch macht. Zugleich ist er ein Dokument für das enge Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten in jener Zeit – die von der Bundesregierung verhängte Nachrichtensperre wurde kaum problematisiert, die Entscheidungen der Regierung erfuhren selten eine differenzierte Kritik:
    »Die Hoffnung hat über die Verzweiflung gesiegt. Niemand braucht sich seiner Tränen zu schämen, man braucht den Herrn der Schöpfung jetzt nicht mehr zu fragen, ob er denn eigentlich wisse und damit einverstanden sei, was Menschen aus Menschen machen. Diese Befreiung kann unsere Zeitgeschichte verändern. Sie kann den Zeitgeist der Skepsis, der Verzweiflung und der Ironie wieder hinführen, zur Einsicht, dass dieser Staat, Bundesrepublik Deutschland, nicht ein Staat der Schwächlichkeit und der Ohnmacht ist, sondern dass der demokratische Rechtsstaat Mittel und Wege besitzt, um auch Herausforderungen dieses apokalyptischen Ausmaßes bestehen und annehmen zu können. Was unsere Staatsmänner in Bonn geleistet haben, übersteigt jedes Maß an Tapferkeit und Urteilsvermögen. Sie haben mit der Kühle des Verstandes, mit der Autorität ihrer Macht und Verantwortung, mit 83 den Mitteln eines Rechtsstaats eine Lage bewältigt, die durch bittere Verzweiflung und schreckliche Verängstigung gekennzeichnet war. Ganz offensichtlich geistesgestörte und mit Eisblut in den Adern ausgestattete Verbrecher haben eine ganze Welt in Atem gehalten und Angst und Schrecken verbreitet, ohne dass eine hochzivilisierte und hochkultivierte Welt zunächst in der Lage gewesen wäre, sich wirkungsvoll zur Wehr zu setzen. Aber Mut und Gelassenheit unserer Staatsmänner haben Instrumentarien gefunden, die wirkungsvoller waren als die menschenverachtende Schwachsinnigkeit der Mörder, die weder an Gott noch an den Teufel, weder an die Würde des Menschen noch an Glück oder das Bedürfnis nach Trost oder Hoffnung glauben. Dank gebührt den Männern des Bundesgrenzschutzes, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens das Leben der verzweifelten Geiseln höher eingeschätzt haben als ihr eigenes junges Leben, die es riskiert haben, der Pflicht zur Pflichterfüllung höheren Rang einzuräumen als der ängstlichen Frage nach dem eigenen Vorteil. Diese Männer erheben ganz gewiss nicht den Anspruch, Helden des Alltags zu sein. Sie haben die politische Herausforderung angenommen, und sie haben sie mit Bravour bestanden. Stolz also kann den erfüllen, der sich auf seine Mitmenschen verlassen kann. Diese Einheit des Bundesgrenzschutzes versteht sich ganz sicher nicht als eine Elite-Einheit besonderen Ranges, es sind Männer, die der jungen Generation angehören und die damit den Beweis geliefert haben, dass sie ihr eigenes Zukunftsschicksal mit dem Wohlergehen der Bundesrepublik Deutschland verknüpft haben. Sie haben dieser Republik, diesem immer noch und immer

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