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Die Übermacht - 9

Die Übermacht - 9

Titel: Die Übermacht - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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echter Vollidiot konnte annehmen, jemand wie Clyntahn würde nicht Mittel und Wege finden, sie früher oder später vollziehen zu lassen, was auch immer Lainyr vorher versprochen haben mag.
    Trotzdem hatten einige seiner Männer – nur wenige, kaum mehr als einige Dutzend – ihre Ketzerei widerrufen und waren ›wieder in den Schoß von Mutter Kirche aufgenommen‹ worden ... zumindest vorerst. Wenigstens hatte man das ihren Kameraden erzählt. Manthyr hatte ernstliche Zweifel, wie lange das wohl noch andauern würde. Und dass alle anderen seiner Männer unerschütterlich an Bord geblieben waren, obwohl sie genau wussten, was sie erwartete, war dem Admiral während der vergangenen Monaten ein Trost gewesen.
    Doch auch dieser Trost war von Bitterkeit überschattet. Verzweiflung war der ständige Begleiter eines jeden an Bord der Gefängnisschiffe. Sie ließ die Männer krank werden. Mindestens ein Drittel der Männer war mittlerweile ernstlich erkrankt. In mancherlei Hinsicht war es während der Wintermonate noch schlimmer gewesen. Doch damals hatten Unterernährung und Entbehrung sie noch nicht derart geschwächt. Jetzt, wo der Frühling mildere Temperaturen mit sich brachte, hätte die Zahl der Kranken wieder sinken müssen, stattdessen stieg sie stetig an. Jeden Fünftag verloren sie drei oder vier Männer.
    Männer, denen es als ›Brut Shan-weis‹ verwehrt war, in geweihter Erde begraben zu werden. Stattdessen wurden die Leichen auf Erzbischof Trumahns persönlichen Befehl hin an Land gebracht und in die Gruben auf dem Feld geworfen, wo der Müll der dohlaranischen Hauptstadt vergraben wurde. Der restliche Müll, wie der gottgefällige Erzbischof sich ausgedrückt hatte. Deswegen waren Manthyr und seine Offiziere mittlerweile dazu übergegangen, ihre Toten im Schutze der Nacht leise und ehrfurchtsvoll über Bord zu schaffen, beschwert mit allem, was sich unter Deck nur finden ließ. Begleitet wurde dieses Ritual mit geflüsterten Worten der Trauerfeiern, die jeder Kapitän nur zu gut auswendig kannte.
    Das Sterben würde noch schlimmer werden. Dessen war sich Admiral Manthyr beinahe sicher. Er sorgte sich zutiefst um den jungen Lainsair Svairsmahn, den einzigen Midshipman von HMS Dancer , der dem Admiral noch verblieben war. Der Junge war kaum zwölfeinhalb Jahre alt. Als man ihm ein Bein abnehmen musste, hatte der Kleine einen Mut und eine Tapferkeit an den Tag gelegt, die Manthyr fast das Herz gebrochen hatten. Vahlain und er hatten sich während des bitterkalten Winters persönlich um Svairsmahn gekümmert, hatten ihm dabei geholfen, sich nach Kräften zu erholen, hatten von ihren eigenen kargen Rationen zumindest einen Teil abgezweigt (und das selbstverständlich rundweg geleugnet, wann immer der kleine Svairsmahn danach gefragt hatte). Vor allem unmittelbar nach der Amputation hatte es immer wieder Momente gegeben, in denen Manthyr gefürchtet hatte, sie würden ihn doch noch verlieren, genauso wie so viele andere Offiziere und Mannschaften. Doch irgendwie hatte Svairsmahn es doch jedes Mal geschafft.
    Genau deswegen war es für Vahlain und Manthyr um so unerträglicher, dass der Kleine im Augenblick so krank war. Manthyr blickte über das Schanzkleid hinweg, beobachtete die Ruderboote der Wachen, die stetig und methodisch in endlosen Kreisen die Gefängnisschiffe umrundeten. Dabei hätte nicht einmal ein charisianischer Matrose hier versucht, an Land zu schwimmen. Schließlich hatte das Wasser immer noch eisige Wintertemperaturen. Zudem waren es beinahe anderthalb Meilen bis zum Strand.
    »Sein Fieber ist vielleicht ein wenig gesunken, Sir Gwylym«, sagte Vahlain, und Manthyr blickte ihn an. Der Kammerdiener zuckte mit den Schultern. »Ich weiß ja, dass wir beide das gern glauben wollen, Sir. Aber es könnte tatsächlich stimmen. Wenn er nicht ohnehin schon so geschwächt wäre ...«
    Seine Stimme verklang, und Manthyr nickte. Dann legte er Vahlain eine Hand auf die Schulter.
    »So weit haben wir ihn immerhin schon, Naiklos. Jetzt werden wir ihn nicht mehr verlieren!«
    »Natürlich nicht, Sir!«, bestätigte der Kammerdiener mutig. Beide versuchten sich nach Kräften einzureden, das sei keine Lüge.
    »Mylord, das ist Mord!«, sagte Lywys Gardynyr unverblümt.
    Er stand mit dem Rücken zum Heckfenster von HMS Chihiro . Sein Gesicht schien aus Stein gemeißelt, der Blick aus seinen Augen war hart. Graf Thirsk war kein besonders hochgewachsener Mann. Doch im Augenblick schien er das ganze Arbeitszimmer

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