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Die Uhr der Skythen (German Edition)

Die Uhr der Skythen (German Edition)

Titel: Die Uhr der Skythen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Cordes
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will Eva zurück.«
    »Ein merkwürdiger Tausch«, murmelt Schwammheimer.
    »Wie meinst du das?«
    Er schaut ihn an wie einen Patienten mit einer Krankheit, die nicht unbedingt bösartig ist, aber immerhin chronisch und äußerst lästig.
    »Laß Eva«, sagt er, legt seine Hand auf Fokkos, und sie zittert nicht. »Sie ist ein anderer Entwurf, sozusagen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Du hast jetzt andere Möglichkeiten.«
    »Kennst du eigentlich jemanden mit einem Siegelring?«
    »Nein, auf keinen Fall«, sagt Schwammheimer, zieht seine Hand zurück, steckt sie in die Hosentasche, erhebt sich und tritt an die Terassentür. »Ich kann keinen Ring am Finger haben, trage nicht einmal eine Armbanduhr.«
    Fokko kommt an seine Seite und schaut hinaus. Ein hoher, klarer Himmel steht über dem Land. Erste Sonnenstrahlen blitzen in den Schneekristallen, die das Geäst der Obstbäume überzuckert haben. Eine Dohle sitzt auf einer Regentonne, scharrt auf dem Eis herum und zeigt mit ihrem Schnabel und dem Punktblick nach einem inneren, ruckhaften Takt in alle Richtungen ihrer kleinen Welt. Vielleicht ist das das größtmögliche Glück: in makelloser Unbefangenheit und grenzenloser Gegenwart wie ein Kind zu sein, wie ein Vogel.
    Nebenher hat Schwammheimer eine Hand auf Fokkos Schulter gelegt, schaut nun parallel in die Winterlandschaft seines Gartens hinaus und schlägt vor, den Schatz, den ihnen das Schicksal gutherzig in die Hände gespielt habe, erst einmal systematisch zu erforschen.
    »Ich habe eine Skizze angefertigt«, sagt Fokko.
    »Wovon?«
    »Vom Inneren der Uhr.«
    »Zeig her!«
    Er kramt den Zettel aus seiner Hosentasche hervor und streicht ihn auf der Scheibe der Terassentür glatt.
    »Hab’ ich ziemlich am Anfang gezeichnet«, sagt er. »Inzwischen glaube ich, daß es eine Bewegung gibt.«
    Schwammheimer beugt sich zu der Skizze, aber das viele Licht aus dem Garten sticht ihm in die Augen, er greift den Zettel, setzt sich an den Schreibtisch, nimmt die Brille ab und studiert Fokkos Aufzeichnungen, als wäre es der Lageplan der Grabkammer eines Pharao.
    »Interessant«, sagt er nach einer Weile. »Wie uralte Schriftzeichen.«
    »Ja.« Fokko ist an den großen Tisch getreten, wiegt die Uhr in der Hand und öffnet sie. Natürlich sind es Schriftzeichen und keine irrelevanten Ornamente. Man kann sich nicht vorstellen, daß sie nicht irgend in Beziehung zu einer alten Sprache stehen. Ihre Seriosität beweist sich allein durch die Wirksamkeit der Uhr.
    »Laß uns noch mal vergleichen«, sagt er, tritt an den Schreibtisch, aber Schwammheimer ist wieder in Bronze gegossen. Er zieht ihm den Zettel aus den Fingern und legt ihn neben die Uhr. Die Skizze ist flüchtig entstanden und ungenau, aber es ist deutlich zu erkennen, daß die beiden Zeichen, die sich oben auf dem äußeren und dem inneren Ring gegenüber stehen, gegeneinander verschoben sind. Die innere Scheibe hat sich ein winziges Stück im Uhrzeigersinn von der äußeren weggedreht: als wäre just eine Minute vergangen.
    Fokko schließt die Uhr.
    »Was für eine Bewegung?« fragt Schwammheimer, sucht zwischen seinen Fingern, begreift endlich und schaut lächelnd zu Fokko, der die Skizze auf den Schreibtisch zurücklegt.
    »Die Scheiben bewegen sich ineinander.« Er dreht eine geöffnete Hand vor der anderen. »Das heißt, die äußere rührt sich nicht. Es ist die innere, sie ist inzwischen ein oder zwei Millimeter nach rechts gerückt.«
    »Wie ein Minutenzeiger.«
    »Ja.«
    »Wäre interessant, es in natura zu sehen.«
    Fokko deutet mit dem Zeigefinger auf die beiden Symbole, die oben, quasi bei der Zwölf, untereinander stehen. »So war es zu Beginn.«
    »Das sind nicht irgendwelche Zeichen, Fokko, die bedeuten was, sie korrespondieren miteinander.«
    »Korrespondieren?«
    »Wie Sternenbahnen. Dieses hier oben auf der inneren, beweglichen Scheibe verläßt den Einflußbereich desjenigen, zu dem es am Anfang in direkter Opposition gestanden hat, es tritt allmählich in den Bereich des zweiten Symbols auf der äußeren Scheibe, das aussieht wie ein Dollarzeichen.«
    »Wird an meiner Zeichnung liegen.«
    »Es ist jetzt nur die Frage, welchem Gesetz die Uhr gehorcht.«
    »Wie meinst du das?«
    Schwammheimer erhebt sich umständlich, geht ein paar Schritte auf und ab, dann bleibt er vor Fokko stehen und tippt ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Meine Taschenuhr läuft immer. Wenn ich sie aufziehe, einstelle und weglege, zeigt sie mir heute Nachmittag um drei die

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