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Die Uhr der Skythen (German Edition)

Die Uhr der Skythen (German Edition)

Titel: Die Uhr der Skythen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Cordes
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ein Glas Wein steht auf dem Nachttisch, es läuft klassische Musik und du liegst an meiner Seite und erzählst mir die Geschichte dieser Uhr?«
    Fokko setzt sich auf die Bettkante und vergräbt das Gesicht in den Händen. Es ist nicht lange her, da hat er gewünscht, er hätte die Zauberuhr niemals gefunden, alles wäre, wie es gewesen war, aber jetzt ist nichts mehr so, und er wünscht sich nichts zurück.
    »Ist es nicht so«, hört er sie sagen, »daß man sich mit unserer Zauberuhr die schönsten Situationen ausdenken kann?«
    Sie hat längst die Möglichkeiten begriffen.
    »Es sind nichts als ein paar Tricks und Gaunereien«, sagt er, erhebt sich und sucht seine Sachen zusammen, »einen wirklichen Wert besitzt die Uhr nicht.«
    »Man kann sich doch vorstellen«, sagt sie, »daß man damit sehr viel Gutes tun kann.«
    Das kommt ihm verdammt bekannt vor.
    »Kann man nicht«, sagt er, legt seine Sachen auf einem Stuhl zurecht, zieht sich nur die Unterwäsche an, tritt an ihr Bett, setzt sich auf die Kante und nimmt die Zauberuhr an sich. »Man kann damit nur in Schwierigkeiten kommen.«
    Ihre Hand kommt unter der Seide hervor und legt sich auf sein Bein.
    »Gelegentlich«, sagt sie sanft, »könnte man das Schicksal ein wenig korrigieren…«
    Er spürt die Müdigkeit wieder. Es ist, als hätte er kaum geschlafen. Der Wecker auf dem Nachtschrank zeigt Viertel vor vier. Punkt sechs beginnt seine Schicht bei Dick. Um halb sechs muß er aus dem Haus, will vorher das Nötigste packen.
    »Es ist spät, Eva«, sagt er, »in zwei Stunden muß ich an der Tankstelle sein.«
    »Es ist nicht spät, Fokko«, flüstert sie, und ihre Stimme besitzt eine heisere Note, »es ist früh, sehr früh, mein Schatz. Alles fängt jetzt neu an. Du arbeitest nicht eine Stunde mehr für Dick, erst wenn wir tausendmal ausgeschlafen haben, spazieren wir zur Tankstelle, und unterwegs holst du dir ein wenig Taschengeld aus einer Sparkasse.«
    Sie besitzt dieselbe Phantasie wie Schwammheimer.
    »Nein«, sagt er.
    Ihre Hand will die Antwort nicht wahrhaben, sucht nervös auf seinem Oberschenkel nach Unebenheiten, aber da ist nichts, an was sie sich festhalten könnte.
    »Du brauchst niemals wieder zu arbeiten Fokko«, sagt sie, und ihre Stimme besitzt etwas Flehentliches, »du bist jetzt…«
    Er hat die Uhr geöffnet.
    Die Seide ist ihr von der einen Brust gerutscht. Es wirkt wie eine peinliche Situation, denn in ihren Augen steht das dazugehörige Unbehagen geschrieben, wie ihm scheint, vielleicht aber ist es ganz anders, und das, was er als Scham verstehen möchte, ist nur ein entfernt verwandtes Gefühl und bezieht sich nicht auf sie selbst. Er nimmt ihre Hand von seinem Bein und legt sie auf das Bett. Das ist wie bei einer Verstorbenen, denkt er, steht auf, legt die geöffnete Uhr auf die Fensterbank und schaut hinaus.
    Die Stille ist nach wie vor das große Geschenk der Zauberuhr.
    Draußen ist keine Menschenseele zu sehen. Der Schnee liegt auf der Straße wie angemalt, die Welt ist nichts als eine gigantische Kulisse, und er allein kann in ihr spazieren gehen. Er darf die Uhr nicht mehr aus den Augen lassen, daran hängt sein Leben, er hat es am Bahnhof erlebt, mit weniger Glück müßte er noch immer Schwammheimer suchen oder er wüßte ihn hinter einer Stahltür, die nicht zu öffnen ist. So wäre er dazu verdammt, allein auf der Welt herumzugespenstern bis das Uhrwerk abgelaufen ist, vielleicht nur ein Jahr, vielleicht hundert.
    Da, wo er jetzt hinwill, wird er das Ding nicht brauchen.
    Er geht in sein Zimmer, sucht nach Musik und entscheidet sich für Albinoni, das Adagio in g-moll. In der Welt der Zeitlosigkeit benötigt er gottlob keinen Kopfhörer. Er dreht die Lautstärke hoch, und die pathetische Musik fließt in die Räume wie ein schwerer Rotwein in ein melancholisches Bewußtsein. Es ist ein Abschied, nichts anderes, aber das Gefühl nach Norden ist einfach so stark.
    Wie bei einem Zugvogel, denkt er lächelnd, räumt im Wohnzimmer den großen Tisch frei, und sammelt und sortiert auf ihm, was er mitnehmen wird. Musik zunächst, die nötigsten Bücher, dann ein wenig Kleidung, etwas zu schreiben und die Sonnenbrille. Die wichtigen Papiere hat er bei sich, die alte Kamera legt er zurück, er ist da oben nicht zu Besuch. Es ist schon erstaunlich, wie wenig Sachen ein Mensch wirklich braucht. Akkurat verstaut er alles in den Reisekoffer und den Rucksack und stellt es im Flur zurecht.
    Die Uhr auf ihrem Nachtschrank zeigt noch immer

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