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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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umliegenden Tischen blickten erstaunt auf und schauten neugierig zu ihnen beiden herüber. Besorgt hielt die Mama-san aus der Ferne ein Auge auf sie.
    »Ja, ich verstehe. Ich werde dich in Frieden lassen und nicht mehr wiederkommen, du kannst also in Ruhe weiterarbeiten.«
    Anna erwiderte nichts. Satake stand auf, zahlte und verließ unter dem gekünstelten Lächeln von Chén den Nachtclub. Es verstand sich wohl von selbst, dass er weder von Anna noch von sonst irgendwem hinausbegleitet wurde. In Kabuki-chō war offenbar schon kein Platz mehr für ihn.
    Seit dem Tag, an dem Kinugasa ihn verhört hatte, war Satake bewusst geworden, wie sehr ihm die Frau nach siebzehn langen Jahren immer noch im Nacken saß. Er hatte den Entschluss gefasst, ihr in die Augen zu sehen. Die Erinnerung, die er so gut in sich verkapselt zu haben glaubte, hatte ihre harte Schale gesprengt und bot ihm nun Fruchtfleisch und Samen dar.
     
    Satake kehrte in seine Wohnung zurück.
    Gut vier Wochen war es her, seit er so plötzlich festgenommen und in Untersuchungshaft gesteckt worden war. Als er die Tür öffnete, schlug ihm der typische, muffige Geruch einer Wohnung entgegen, die mitten im Hochsommer lange verschlossen gewesen war. Plötzlich hörte Satake Stimmen; irgendwo da drinnen redeten Leute. Hastig zog er die Schuhe aus und stürzte hinein. In der Dunkelheit flackerte bläulich weißes Licht.
    Der Fernseher war an. Er musste ihn angelassen haben, als er an jenem Tag, an dem die Sommerhitze so plötzlich eingesetzt hatte, mit diesem unruhigen Gefühl im Bauch aus dem Haus gestürmt war. Hätten sie ihn denn bei der Wohnungsdurchsuchung nicht wenigstens abstellen können? Satake verzog das Gesicht und setzte sich im Schneidersitz vor den Apparat. Gerade lief der Abspann einer Nachrichtensendung.
    Mit dem Sommer, der sich dem Ende neigte, schien auch der Aufruhr in Satakes Innerem zur Ruhe zu kommen. Satake stand auf und öffnete die Fenster. Vom Yamate-Ring drangen Straßenlärm und Benzingestank herein, aber auch die frische Nachtluft, die sich mit der abgestandenen Raumluft vermengte. Die
Wolkenkratzer von West-Shinjuku waren hell erleuchtet, wie um ihre Konturen besser zur Geltung zu bringen. Es war vorbei, alles war wieder gut. Satake, der seine Fassung wiedergewonnen hatte, atmete in tiefen Zügen die schmutzige Stadtluft ein. Jetzt musste er nur noch tun, was zu tun war.
    Er öffnete den Wandschrank, in dem er die alten Zeitungen stapelte. Er sah das vergilbte, in der schwülen Sommerluft feucht gewordene Papier durch und suchte alle Zeitungsteile heraus, in denen etwas über den Mordfall um den Fund der zerstückelten Leiche im Koganei-Park stehen konnte. Nachdem er eine Reihe von Berichten gefunden hatte, breitete er die Seiten auf den Tatami aus, holte sich ein kleines Notizheft und schrieb beim Lesen immer wieder etwas hinein. Dann machte er eine Zigarettenpause, betrachtete seine Notizen und dachte nach.
    Er schaltete den Fernseher ab und stand auf. Er hatte Lust, sich ein bisschen die Füße zu vertreten und ziellos durch die Gassen des Viertels zu laufen. Es gab für ihn jetzt nichts mehr zu bewahren und nichts mehr zu verlieren – es gab gar nichts mehr. Als er den tiefen Fluss gerade überquert zu haben glaubte, hatte man die Brücke gesprengt. Es gab kein Zurück. Aber vielleicht bedeutete das weniger die Heimkehr zu dem weggeschlossenen Traum als vielmehr das Ende eines Irrwegs. Vielleicht war gerade dieses Leben, das er sich über all die Jahre aufgebaut hatte, nur ein einziger großer, hohler Traum gewesen. Bei diesem Gedanken erfasste ihn sogar eine aufgeregte Spannung, und er fühlte sich in seine Zwanziger zurückversetzt, als er Laufbursche bei dem Yakuza-Boss gewesen war. Es bestand eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Gefühl, vom Weg abgekommen zu sein und nicht zu wissen, wohin, und der gefassten Gewissheit, dass es kein Zurück mehr gab. Man fühlte sich vollkommen frei. Auf Satakes Gesicht erschien ein Lächeln.

FÜNFTES KAPITEL

    Der Lohn

1
    Sie hatte kein Geld. Im Portemonnaie waren nur noch ein paar Tausend-Yen-Scheine und etwas Kleingeld. In der Wohnung hatte sie alles auf den Kopf gestellt, aber kein einziger Yen war zum Vorschein gekommen.
    Kuniko starrte schon seit geraumer Zeit auf den Kalender in Kreditkartengröße, den sie bei Mister Minit bekommen hatte. Wie lange sie auch darauf starrte, es änderte nichts daran, dass der Tag, an dem die nächste Zahlung an Jūmonji fällig war,

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