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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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Masako war zu Hause. Anders als bei Yayoi war es vollkommen still am anderen Ende der Leitung. Was mochte Masako da wohl alleine in ihrem aufgeräumten Haus machen, fragte sich Kuniko. Ein Schauder lief ihr über den Rücken, als sie an den grausigen Anblick in Masakos Bad zurückdachte. Was musste man nur für Nerven haben, um sich auf denselben Fliesen zu waschen, die zuvor von Blutspritzern und Fleischklumpen übersät gewesen waren, oder um in dieselbe Wanne zu steigen, auf der man zuvor die Leichenteile abgelegt hatte! Auf einmal fürchtete sie sich wieder so sehr vor Masako, dass sie sich kaum zu sprechen traute: »Hallo, Jōnouchi hier, also...«
    »Richtig, bei dir ist ja bald die nächste Rate fällig«, sagte Masako von sich aus. Sie wusste es also doch noch ganz genau!
    »Ja, deshalb rufe ich an: Was soll ich bloß machen?«
    »Was fragst du mich? Das ist doch dein Problem!«
    »Aber du hast doch damals gesagt, du würdest dafür sorgen, dass ich das Geld zurückzahle, und wenn ich es notfalls woanders
leihen müsste!«, schrie Kuniko, denn sie fühlte sich verraten.
    »Dann besorg’s dir doch woanders«, erwiderte Masako ungerührt. »Geh zu einem anderen Kredithai, der leiht es dir bestimmt! Damit begleichst du dann die Rate ans Verbraucherzentrum. Danach gehst du zum nächsten und leihst dir wieder was, um den anderen Kredithai zu bezahlen.«
    »Aber das geht doch dann immer so weiter, und ich komme nie aus dem Teufelskreis heraus!«
    »Das ist doch nichts Neues, du lebst doch schon die ganze Zeit so.«
    »Ach, hör schon auf, so zu reden, und verrat mir lieber, was ich jetzt tun soll.«
    »Als ob du beraten werden wolltest! Alles, was du von mir willst, ist Geld, oder stimmt das etwa nicht?«, höhnte Masako.
    Kuniko knirschte vor Verzweiflung mit den Zähnen. »Dann leih mir doch was, um Himmels willen! Von Yayoi kriege ich auch noch nichts!«
    »Bin ich verrückt? Dann kann ich es auch gleich aus dem Fenster werfen! Wenn sich die Situation bei Yama-chan beruhigt hat, zahlt sie dich ganz bestimmt aus, das hat sie versprochen! Lass dir so lange was anderes einfallen.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Da kommst du schon selbst drauf, du bist schließlich jung genug«, ließ Masako sie kalt abblitzen.
    Kuniko knallte den Hörer auf. Sie wollte Rache, sie wollte Masako dazu bringen, um Verzeihung zu winseln! Aber im Moment hatte sie ihr absolut nichts entgegenzusetzen. Irgendwann würde sie es diesem Weib schon zeigen, na warte! Kuniko stampfte vor Wut auf den Boden.
    Plötzlich klingelte es an der Wohnungstür. Kuniko zuckte vor Schreck zusammen. Ausgerechnet heute, wo sie einmal ihre Ruhe haben und sich vor sämtlichen Forderungen der Außenwelt verstecken wollte. Am liebsten hätte sie sich in grauem Schlamm vergraben wie eine Sumpfschildkröte. Schwer atmend hielt sich Kuniko die Ohren zu.
    Es klingelte ein zweites Mal. Am wahrscheinlichsten war ein weiterer Besuch von der Kriminalpolizei. Und wenn es wieder
dieser Imai war, der Inspektor mit dem durchdringenden Blick, der vor ungefähr drei Wochen schon einmal da war? Sie war sich zwar eigentlich sicher, sich nicht verplappert zu haben, aber unter seinen Argusaugen hatte sie sich wirklich nicht gerade wohl gefühlt. Wie sollte sie sich verhalten, wenn er ihr mitteilte, es sei ein Zeuge aufgetaucht, der in der Nähe des Koganei-Parks einen grünen Golf gesehen hatte? Nein, sie wollte diesem Imai nie mehr wieder begegnen.
    Sie entschloss sich, weiter so zu tun, als wäre sie nicht zu Hause, und drehte den Ton des Fernsehers ab. Nun klopfte es direkt an der Tür.
    »Frau Jōnouchi? Jūmonji vom ›Verbraucherzentrum Million‹ hier. Sind Sie da?«
    Überrascht nahm Kuniko den Hörer der Gegensprechanlage ab und fragte bang: »Aber es ist doch noch nicht so weit, oder?«
    Jūmonji, offenbar erleichtert, dass Kuniko zu Hause war, antwortete: »Nein, nein. Ich möchte etwas anderes mit Ihnen besprechen.«
    »Was denn?«
    »Lassen Sie mich doch bitte kurz herein. Es soll auch nicht Ihr Schaden sein.«
    Wovon redete er? Was wollte er von ihr? Als Kuniko schließlich halb neugierig, halb argwöhnisch die Tür öffnete, stand Jūmonji mit einer Schachtel Kuchen in der Hand da – eine Sonnenbrille auf der Nase, in Baumwollhosen und einem auffälligen Hawaii-Hemd mit aufgemaltem Paradiesvogel auf schwarzem Untergrund. Die schräge Aufmachung ließ ihn völlig verändert erscheinen.
    »Was ist denn mit Ihnen los?« Kuniko wich zurück, denn sie dachte mit

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