Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
haben den gleichen Untergrund.«
»Oh, verzeihen Sie«, meinte die Frau so verlegen, dass sie einem Leid tun konnte.
Masako ließ erkennen, dass sie das Gespräch für beendet hielt. »Ich denke, der Untergrund ist in Ordnung.«
»Und was ist mit dem Wasserabfluss, haben Sie da auch keine schlechten Erfahrungen gemacht?«
»Wir liegen hier auf einer kleinen Anhöhe, da kann sich das Regenwasser nicht stauen.«
»Ja, dann...« Die Frau warf einen raschen Blick ins Hausinnere und verbeugte sich endlich. »Ich verstehe. Vielen Dank und entschuldigen Sie nochmals die Störung.«
Das war alles, trotzdem beschlich Masako ein ungutes Gefühl. Ein paar Tage zuvor war sie bereits von einer Nachbarin auf der Straße angehalten worden.
»Frau Katori?«
Es war die Frau des älteren Ehepaars, das hinter ihnen wohnte, die beiden Häuser waren Rücken an Rücken gebaut. Sie unterrichtete zu Hause Ikebana und war die Einzige, mit der man sich in der Nachbarschaft vernünftig unterhalten konnte.
»Warten Sie doch bitte einen Augenblick. Kürzlich ist etwas Merkwürdiges vorgefallen«, begann die Frau mit gedämpfter Stimme, wobei sie Masako am Ärmel festhielt.
»Was denn?«
»Es ist jemand von Ihrer Firma vorbeigekommen und hat allerlei Fragen gestellt.«
»Von meiner Firma?« Im ersten Moment dachte Masako an ein Missverständnis: Vielleicht war nicht ihre, sondern Yoshikis Firma gemeint, oder es handelte sich um jemanden von der Bank. Aber es bestand längst kein Grund mehr, Yoshikis Kreditwürdigkeit zu überprüfen. Und Nobuki hatte doch mit so etwas noch nichts zu tun. Also blieb nur sie selbst übrig.
»Ja, er hat eindeutig behauptet, er käme von der Lunchpaket-Fabrik«, sagte ihre Nachbarin mit einem argwöhnischen Stirnrunzeln. »Aber ich habe mir gleich gedacht, dass es genauso gut jemand von einem Ermittlungsbüro sein könnte, deshalb bin ich vorsichtig geblieben. Er hat mir eine Menge Fragen über Sie und Ihre Familie gestellt.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Ach, wer alles in Ihrem Haus wohnt, wie Ihr gewöhnlicher Tagesablauf aussieht und was die Leute in der Nachbarschaft über Sie sagen. Ich hab mich natürlich bedeckt gehalten. Aber die von nebenan könnten ihm so einiges erzählt haben.« Die Nachbarin deutete auf das Haus neben Masakos. Dort wohnte ein altes Ehepaar, das sich früher, als Nobuki noch zur Mittelschule ging, des Öfteren heftig über die laute Musik aus seinem Zimmer beschwert hatte. Wenn sie immer noch schlecht auf sie zu sprechen sein sollten, könnte das die Gelegenheit gewesen sein, ihr eins auszuwischen.
»Ist er denn hier überall herumgelaufen und hat die Leute ausgefragt?« Masako wurde mulmig zumute.
»Ja, scheint so. Ich habe ihn beobachtet, wie er um Ihr Haus herumgegangen ist, sich alles genauestens angesehen und dann bei den Nachbarn geklingelt hat. Also, mir kam das sehr suspekt vor, finden Sie nicht auch?«
»Hat er gesagt, weshalb er diese Erkundigungen einziehen würde?«
»Ja, das war ja gerade das Merkwürdige. Er sagte, es handele sich um Ermittlungen im Vorfeld Ihrer Beförderung zur Festangestellten.«
»Das ist doch nicht möglich!« Wenn Teilzeitkräfte befördert wurden, dann höchstens zu festen Freien, das hieß, sie wurden
nur behandelt wie Festangestellte, bekamen aber keinen solchen Vertrag. Und auch dazu mussten sie mindestens drei Jahre ohne Unterbrechung in der Fabrik beschäftigt gewesen sein. Es war also eine glatte Lüge gewesen.
»Eben, das habe ich auch gedacht. Vollkommen unglaubwürdig, das Ganze.«
»Was war das denn für ein Mann, wie sah er aus?«
»Er wirkte noch ziemlich jung, korrekt gekleidet, mit Anzug.«
Einen Moment lang dachte sie an Jūmonji, aber das war unwahrscheinlich, er kannte sie schließlich schon seit Jahren. Dann fiel ihr die Polizei ein, aber die Kripo würde wohl kaum zu dieser Art von verdeckten Ermittlungen gegen sie greifen.
Irgendjemand spionierte sie aus.
Zum ersten Mal seit Yayois Mord an Kenji kam Masako der Verdacht, dass da noch eine andere, unbekannte Macht mit im Spiel war. Nicht die Polizei, sondern eine mysteriöse dritte Partei, die sich nicht zu erkennen gab. Vielleicht gehörte auch diese Frau dazu, die sich Morisaki nannte und so plötzlich bei Yayoi aufgetaucht war. Höchst merkwürdig auch, dass Yayoi keinerlei Verdacht geschöpft hatte, obwohl die Geschichte der Frau so hanebüchen klang. Ob sie denn dermaßen clever vorgingen und alles genau geplant hatten? Die Polizei würde doch
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