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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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bassähnliche Geräusch der schweren Maschine dröhnte über den weiten, sich zu allen vier Himmelsrichtungen in Dunkelheit verlierenden Parkplatz. Da fielen Masako ihre Bedenken hinsichtlich einer mysteriösen dritten Partei ein, und sie hielt Jūmonji zurück.
    »Warten Sie!«
    »Was denn?« Jūmonji klappte erneut das Visier seines Helms hoch.

    »Bei mir hat jemand herumgeschnüffelt, ganz merkwürdig, jemand von einem Ermittlungsbüro oder so.«
    »Was!« Jūmonji wirkte völlig entgeistert. »Was kann das bedeuten?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Doch nicht etwa die Polizei? Das fehlte noch!«
    Seine Worte bestürzten Masako. Sie wollte schon vorschlagen, den Auftrag doch besser abzulehnen. Aber dazu war es bereits zu spät. Sie schluckte und sagte: »Wir machen es trotzdem, ja?«
    »Die Sache ist schon zu weit fortgeschritten, wir können nicht mehr zurück. Es gibt jemanden, der dann sein Gesicht verlieren würde.« Geschickt wendete Jūmonji das Motorrad und brauste Erde aufwirbelnd davon. Masako blieb allein auf dem Parkplatz zurück.
    Auf dem dunklen, verlassenen Weg zur Fabrik ging sie im Kopf die bevorstehenden Arbeitsschritte durch: Zuerst den Schädel, dann die Gliedmaßen abtrennen, Längsschnitt durch den Rumpf... Noch einmal rekapitulierte sie das Teufelswerk von vor einigen Wochen. Bei dem Gedanken, in welchem Zustand die Leiche womöglich bei ihr ankommen könnte, graute es ihr ein wenig. Ihre Knie begannen zu zittern, als würde sich ihr Körper all dem verweigern. Das Zittern wollte nicht aufhören, bis sie irgendwann nicht mehr weitergehen konnte und mitten auf dem nächtlichen Weg stehen blieb.
    Der Herd dieses Bebens aber lag tief in Masakos Herzen. Es war das vage Wissen um die Existenz eines unsichtbaren Gegners.
    Als sie in den Aufenthaltsraum trat, kam Kuniko gerade heraus. Mit abgewandtem Gesicht, als wollte sie sagen, na warte, dir werd ich’s zeigen, rauschte sie an ihr vorbei. Masako kümmerte sich nicht darum, sondern sah sich sofort nach Yoshië um. Sie entdeckte sie zusammen mit Yayoi beim Umziehen im Umkleideraum.
    »Kommst du mal kurz?« Masako tippte Yoshië, die sich gerade den Reißverschluss ihres Arbeitskittels hochzog, auf die Schulter. Yayoi, die daneben stand, drehte sich fragend zu ihr um.
    Mit arglosem, unbekümmerten Gesicht sah sie Masako in die kalten, verhärteten Augen. Diesmal hatte sie Yayoi noch verschonen wollen, aber plötzlich wurde Masako von dem grausamen
Impuls getrieben, dieses Unschuldslamm, das alles vergessen zu haben schien, das Fürchten zu lehren. Yayoi sollte auch noch erfahren, was es hieß, wenn einem die Knie zitterten! Mit zusammengebissenen Zähnen hielt Masako dem Drang vorerst stand.
    »Ist etwas passiert?«, fragte Yoshië mit erschrockenem Gesicht, so als ahnte sie die Antwort längst.
    »Wir haben einen Auftrag«, sagte Masako nur. Yoshië presste die Lippen aufeinander und schwieg. Masako begriff, dass sie ihr auf keinen Fall von jener mysteriösen dritten Partei erzählen durfte. Denn dann würde Yoshiës Mut sofort dahinwelken, und alleine konnte sie keine Leiche auseinander nehmen.
    »Wovon redet ihr beiden da?«, fragte Yayoi und schob sich zwischen Masako und Yoshië.
    »Willst du das wirklich wissen?« Masako sah Yayoi unverwandt an. Dann packte sie sie bei den zarten, zierlichen Handgelenken.
    »Was ist, was willst du?« Schatten der Furcht huschten über Yayois Gesicht. Ohne sich darum zu kümmern, ließ Masako die Handgelenke los und griff nach ihren Ellbogen.
    »Man nimmt ein Messer und schneidet hier und hier durch. Von so einer Arbeit reden wir.«
    Die Arme fest in Masakos Griff, bog Yayoi die Hüften zurück. Besorgt um die Blicke der anderen Arbeiterinnen, mahnte Yoshië Masako mit den Augen zur Vorsicht. Doch niemand schien sich um die drei Frauen zu kümmern. Alle zogen sich stumm und mit schlecht gelaunten Gesichtern, von denen man die Gedanken an die bevorstehende harte Arbeit ablesen konnte, um.
    »Das ist doch nicht wahr«, murmelte Yayoi mit leisem Stimmchen. Es klang wie das Seufzen eines Kindes.
    »Doch. Hast du Lust mitzumachen? Wenn ja, komm doch morgen Vormittag bei mir zu Hause vorbei!« Masako ließ Yayoi los, die benommen stehen blieb. Schlaff baumelten ihr die Arme zu beiden Seiten herab, und ihr Kochmützchen fiel zu Boden.
    »Ach, da fällt mir noch ein«, fuhr Masako fort, »komm erst, wenn du diese Frau Morisaki rausgeschmissen hast, die bei dir herumlungert, ja?«
    Sprachlos starrteYayoi Masako

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