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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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zu fragen, ob etwas vorgefallen ist.«
    »Aber es wäre doch besser, wenn der Täter so schnell wie möglich gefunden würde, oder nicht?«
    »Ja, das ist wahr. Zu schlimm, wenn es einfach so weiterginge und er davonkäme!« Yayoi zog ein betrübtes Gesicht.
    »Das kann ich mir vorstellen. Aber dass dieser Mann sich aus dem Staub gemacht hat, bedeutet dann ja wohl, dass er wirklich der Täter ist, oder?«
    »Schön wär’s«, entfuhr es Yayoi, bevor sie hastig den Mund zuklappte. Doch Frau Morisaki schien nichts bemerkt zu haben, sondern nickte nur und wiederholte: »Ja, sicher, ganz bestimmt.«

    Es war nur eine Frage der Zeit, bis Yayoi und Frau Morisaki vertrauter miteinander wurden und sich anfreundeten.
    Oft, wenn Yayoi aus ihrem Mittagsschlaf aufgewacht war und es allmählich Zeit wurde, das Abendessen vorzubereiten und die Kinder vom Hort abzuholen, kam Frau Morisaki vorbei. Sie sagte, sie käme gerade vom Färberunterricht, und brachte meistens preiswerte Süßigkeiten oder andere, nicht allzu teure Leckereien mit. Bald schon hatte sie sich auch mit den Kindern angefreundet. Sie hörte sich voller Mitgefühl Yukihiros Klagen über die weggelaufene Katze an und ging sogar mit den beiden Jungen los, um Milky zu suchen und einzufangen.
    Dann überraschte sie Yayoi mit dem schüchtern vorgebrachten Vorschlag: »Hören Sie, Yayoi, soll ich nicht hier übernachten und auf die Kinder aufpassen, während Sie zur Schicht gehen?«
    Yayoi konnte kaum glauben, dass ein Mensch, den sie gerade erst kennen gelernt hatte, so freundlich zu ihr war. »Aber das kann ich Ihnen doch nicht zumuten!«
    »Wieso nicht? Ich schlafe doch sowieso, das kann ich hier genauso gut. Stellen Sie sich einmal vor, Yukihiro-chan wacht mitten in der Nacht auf, und niemand ist für ihn da, Papa sowieso nicht, und Mama ist arbeiten!« Frau Morisaki verhätschelte Yayois jüngsten Sohn besonders, und auch Yukihiro hing an ihr wie eine Klette.
    Yayoi, die ausgehungert war nach der Zuneigung anderer Menschen, nahm das Angebot erfreut an. »Tja, dann essen Sie doch wenigstens mit uns zu Abend, wo ich Ihnen schon kein Geld zahlen kann.«
    »Danke!« Plötzlich füllten sich Frau Morisakis Augen mit Tränen.
    »Was haben Sie denn?«, fragte Yayoi, und Frau Morisaki wischte sich lachend die Tränen aus dem Gesicht.
    »Ich freu mich nur so, es ist fast, als hätte ich eine neue Familie gefunden. Ich war so lange allein, dass ich mich irgendwie nach so etwas sehne. Ich fühle mich immer so einsam, wenn ich in meine Wohnung zurückkehre.«
    »Ich fühle mich auch einsam. Seitdem mein Mann so plötzlich gestorben ist, muss ich mich als Frau allein durchschlagen, und ich strenge mich an, aber es ist so bitter, wenn ich daran denke,
was die Leute hinter meinem Rücken über mich reden. Niemand hat Verständnis für mich.«
    »Ja, das ist wirklich traurig, Sie tun mir so Leid!«
    »Ach, es geht schon irgendwie...«
    Weinend fielen sie einander um den Hals. Takashi und Yukihiro starrten die beiden Frauen mit großen Augen und offenen Mündern an. Das sah so komisch aus, dass Yayoi lachen musste, während sie sich die Tränen abwischte. »Die Tante schläft von jetzt an nachts bei euch – ist das nicht wunderbar?«
     
    Nie im Leben hätte sie sich träumen lassen, dass es wegen Frau Morisaki zu einer heftigen Auseinandersetzung mit Masako kommen würde.
    »Wer bitte ist die Frau, die ans Telefon geht, wenn man bei dir anruft?«, nahm Masako sie vor Schichtbeginn in der Fabrik ins Kreuzverhör.
    »Das istYōko Morisaki, eine Nachbarin von mir. Sie ist so freundlich! Sie passt auf die Kinder auf, während ich weg bin.«
    »Heißt das, sie schläft in deinem Haus?«
    »Ja, sie übernachtet bei mir, damit nachts jemand bei den Kindern ist.«
    Masako schaute misstrauisch. »Wohnt sie bei dir?«
    »Nein, so gut kennen wir uns auch noch nicht«, erwiderte Yayoi eingeschnappt. »Sie macht eine Ausbildung. Und abends, auf dem Rückweg von ihrer Schule, kommt sie bei uns vorbei und isst mit uns, dann geht sie nach Hause und kommt nachts wieder, wenn ich zur Arbeit muss.« »Sie bleibt also die ganze Nacht bei den Kindern – macht sie das umsonst?«
    »So gut wie, ich koche nur das Abendessen für sie mit.«
    »Das scheint mir ja ein ausgesprochen selbstloser Mensch zu sein! Wenn da nur nichts anderes dahinter steckt und sie irgendetwas im Schilde führt.«
    »Nein, das tut sie nicht«, widersprach Yayoi. Sie konnte solche gemeinen Verdächtigungen gegen Frau Morisaki

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