Die Un-Heilige Schrift
von jeglicher köstlichen und auserlesenen Gattung und von allen Arten der Farbe, sodass die Welt verändert wurde.
Gottlosigkeit nahm zu, Hurerei mehrte sich und sie sündigten und verderbten alle ihren Weg.
Amazarak lehrte alle die Zauberer und Wurzelteiler; Armers die Lösung der Zauberei; Barkajal die Beobachter der Sterne; Akibeel die Zeichen, Tamiel lehrte Astronomie und Asaradel lehrte die Bewegung des Mondes. Aber die Menschen, da sie untergingen, klagten und ihre Stimme gelangte bis zum Himmel. (Übersetzung Hoffmann)
Der Erzengel Gabriel agierte konfessionesübergreifend: Hier eine Abbildung des Himmelsboten aus einer arabischen Handschrift ("Die Wunder der Schöpfung und die Seltsamkeiten des Daseins", Syrien/Ägypten 1375–1425)
Die „guten“ Engel, Uriel, Michael, Gabriel, Raphael usw., sprechen daraufhin beim Herrn vor und halten ihn zu einer Reaktion an. Er erteilt denn auch rasch Order, u. a. sollen auserwählte Menschen von der nahenden Sintflut verständigt, die Riesen vernichtet und Azaziel ins tiefste und finsterste Loch gesteckt werden, wie auch die übrigen gefallenen Engel für „siebzig Geschlechter“ unter die Erde verbannt werden sollen, „bis das ewige Endgericht vollzogen wird. In jenen Tagen wird man sie in den Abgrund des Feuers abführen, und sie werden in der Qual und im Gefängnis immerdar eingeschlossen werden“. (diebibel4you.de)
Nun taucht Henoch in der Geschichte auf; er weiß von dem Urteilsspruch „ewige Verdammnis“ und trägt dies Azaziel und den anderen sündigen Wächtern des Himmels zu; diese ersuchen ihn um Fürsprache bei Gott.
Henoch, der Gerechte, tut wie geheißen und tritt vor Gott selbst. Der macht ihm zuerst einmal klar, dass eigentlich die Wächter für die Menschen bitten sollten und nicht umgekehrt, listet dann die Verfehlungen der ehemals unsterblichen und unleiblichen Geister auf und lässt Henoch ausrichten: „Ihr werdet keinen Frieden haben!“ Nicht zuletzt deshalb, weil sie die Riesen in die Welt gebracht haben, die zwar körperlich erschlagen werden können, fortan aber bis zum „Endgericht“ als böse Geister ihr Unwesen treiben werden.
Henoch hat nun Traumvisionen, in denen er auch den Verbannungsort der Wächter erblickt:
Ich sah einen tiefen Abgrund mit Säulen himmlischen Feuers, und ich sah unter ihnen Feuersäulen herabfallen; sie waren weder nach Tiefe noch nach Höhe zu messen. Hinter diesem Abgrund sah ich einen Ort, wo weder die Himmelsfeste darüber noch die festgefügte Erde darunter noch Wasser unter ihm war, noch gab es dort Vögel, sondern ein Ort war es, wüst und grausig. Ich sah dort sieben Sterne wie große brennende Berge. Als ich mich danach erkundigte, sagte der Engel: Dies ist der Ort, wo Himmel und Erde zu Ende sind; ein Gefängnis ist dies für die Sterne und für das Heer des Himmels. (Ebd.)
Uriel, die "Flamme Gottes" – ein moderner Fantasy-Mythos. Jay French, 21. Jh. Im Gegensatz zu den drei "kanonischen" Erzengeln Gabriel, Michael und Raphael verliert sich die biblische Spur Uriels im 4. Jh. Seit dieser Zeit taucht er in den Westbibeln nicht mehr auf, lediglich im apokryphen 4. Buch Esra. War Uriel, die Sonne, das Feuer und das Licht, der stets östlich des Herrn saß, dem christlichen Erlöser zu ähnlich?
Henoch wandelt weiter und erblickt die Wunder der Schöpfung. Dann beginnt der zweite Teil des Buches Henoch, in denen er Parabeln erzählt: Vom zukünftigen Gottesreich oder von den schlechten Aussichten der Menschheit, doch noch Vernunft anzunehmen. Denn die Weisheit versucht, sich bei den Menschen niederzulassen, findet aber keinen Platz und schlüpft daher bei den Engeln unter.
Ganz anders ist es mit der Ungerechtigkeit: Sie wird mit offenen Armen empfangen und hochgeschätzt wie Regen in der Wüste.
Henoch erkennt die Sterne und Gottes Allmacht in ihnen – er weiß nun, wo die Macht zu finden ist, und wird dadurch selbst zum Mächtigen.
Auch die Vorstellung von der Auferstehung nach dem Tag des Jüngsten Gerichts sind im Buch Henoch zu finden. Die Gerechten und Heiligen werden ausgewählt werden, sogar die Hölle wird herausgeben, was sie schuldet. Zuvor wird jedoch noch ein großes Strafgericht ergehen, nichts anderes als die Sintflut.
Zuletzt wird das Buch Henoch politisch, kündigt den Ansturm der Heiden auf Jerusalem und die jüdische Diaspora an – doch auch, dass es einen Auserwählten für die Auserwählten geben werde, einen Messias also für das Volk Gottes.
Henoch kehrt ein ins
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