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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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diesem gütigen Gesicht zerschmettern und dem alten Mann mit einer Glasscherbe die Drosselvene aufschlitzen.
    Tatsächlich erfolgte ein weiterer Filmriss. Aber das Nächste, was er wusste, war, dass er auf der Bettkante saß und die Tequilaflasche nicht mehr umklammert hielt.
    Der alte Mann hielt die Flasche in der Hand und schraubte den Deckel darauf. Danach stellte er die Flasche auf die Kommode.
    Keine Schreie mehr. Nur noch das Schluchzen.
    Der alte Mann kehrte zu Tom zurück und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich bin nie in Ihrer Lage gewesen, mein Sohn. Aber wenn wir darüber reden, kann ich Ihnen vielleicht helfen, von dort, wo Sie jetzt sind, einen Weg zurück zu finden.«

59
    Paul Jardine wollte zwei Stunden für das Informationsgespräch, aber nach fünf Minuten sagte Grady: »Das hier ist Blödsinn. Ich gebe Ihnen eine halbe Stunde. Straffen Sie das Ganze und sehen Sie zu, dass Sie fertig werden. Wenn Ihnen eine halbe Stunde nicht reicht, dann erheben Sie Anklage gegen mich, und ich werde um vollständige Aufdeckung in einem öffentlichen Verfahren kämpfen.«
    Als Jardine die Gesetze aufzusagen begann, nach denen ein Zivilbürger wegen unterlassener Mithilfe in einer Angelegenheit der Staatssicherheit angeklagt werden konnte, nachdem ihm Straffreiheit zugesichert worden war, schloss Grady sein linkes Auge und kniff auch das rechte ein wenig zusammen, als visiere er ein Ziel an. Er flüsterte: »CheyTac M200«, die Bezeichnung des Scharfschützengewehrs, das beim Militär bevorzugt wurde.
    Jardine verstand. Einen Moment lang dachte er über Gradys Fähigkeiten und seinen Ruf nach. Danach setzte er das Verhör mit weniger Arroganz und gestraffter fort.
    Als sie damit fertig waren, nahm Grady zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und gesellte sich zu Cammy – und einem bedrückten Merlin – auf der Veranda vor dem Haus. Sie saß auf einem der Schaukelstühle und sah zu, wie am Ende von Cracker’s Drive vier weitere Wissenschaftler aus einem weiteren Hubschrauber ausstiegen.
    »Danke«, sagte sie, als sie das Bier entgegennahm. »Schon fertig?«
    Er setzte sich in einen anderen Schaukelstuhl. »Die Leute glauben, Macht verleihe ihnen Größe, und dabei lässt sie doch nur das verzogene Kind, das in ihnen steckt, hervorkommen und macht sie klein.«
    »Warst du jemals in Michigan?«, fragte sie.
    »Ja. Und das hat ihn gewaltig interessiert.«
    »Was glaubst du, was in Michigan geschieht?«
    »Etwas. Wir wussten doch, dass es um mehr geht, nicht nur um Puzzle und Riddle.«
    Nach kurzem Schweigen sagte sie: »Du hast mir erzählt, du seist beim Militär gewesen. Viel mehr hast du nie dazu gesagt.«
    »Ich habe mich mit achtzehn freiwillig gemeldet, nachdem meine Mom an Krebs gestorben war. Ich dachte, es müsste etwas Besseres als diese Berge geben.«
    »Gibt es Gründe dafür, dass du nicht darüber reden willst?«
    »Nein. Nur, dass es mich verbittert. Und ich bin nicht gern verbittert.«
    »Kannst du wirklich jemanden aus tausend Metern Entfernung treffen, wie Jardine behauptet hat?«
    »Von noch viel weiter. Aus bis zu zweitausenddreihundert Metern. Das Gewehr ist mit diversen Visierhilfen ausgestattet. Bei der CheyTac benutzt man Kaliber .408, mit einem Geschossgewicht von 419 oder 305 grain. Mit einem davon lassen sich die meisten Jobs erledigen.«
    »Wo war das?«
    »In erster Linie in Afghanistan. Zeitweise auch im
Irak. Terroristen, Massenmörder. Die merken nicht mal, dass man sie ausfindig gemacht hat. Man visiert sie an und macht sie kalt. Im Rahmen eines Krieges gibt es kaum etwas Humaneres. Scharfschützen richten keine Kollateralschäden unter der Zivilbevölkerung an.«
    »Von dort aus ist es ein weiter Weg zur Möbeltischlerei«, sagte sie.
    »Von dort aus ist überallhin weit.«
    »Wo kommt die Verbitterung ins Spiel?«
    »Mein bester Freund. Marcus Pipp. Er war in meinem Scharfschützenteam. Die Gegenseite hatte ebenfalls Scharfschützen. Sie hielten nach uns Ausschau, während wir nach ihnen Ausschau hielten. Marcus wurde von einer Kugel in den Hals getroffen. Das hätte nicht passieren müssen.«
    »Warum ist es dann passiert?«
    »Dieser Senator in der Heimat zieht eine große Show ab. Er hält ein Foto von toten Frauen und Kindern in einem afghanischen Dorf hoch. Marcus – er ist auf dem Bild, mit seinem Gewehr. Der Senator ist überzeugt davon, dass wir töten, weil wir das toll finden. Er ist sich so sicher, dass er gar nicht erst versucht, die Fakten zu überprüfen. Er

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