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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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gibt den Namen von Marcus an die Presse weiter und verlangt, dass er vor ein Militärgericht gestellt wird. Die Taliban haben diese Menschen getötet und wir haben nichts weiter getan, als die Leichen zu finden.«
    »Marcus ist doch gewiss nicht vor ein Militärgericht gestellt worden.«
    »Nein. Das Militär hat das Missverständnis ausgeräumt und dem Senator gesagt, was Sache ist, aber entschuldigt
hat der sich nie. Marcus hat sein Foto im Internet gesehen, Zeitungsberichte mit Schlagzeilen, in denen er quasi als Kindermörder bezeichnet wurde. Er war außer sich.«
    »Aber es war nicht die Wahrheit.«
    »Du hättest Marcus kennen müssen. Das klingt jetzt komisch, aber in mancher Hinsicht war er wie meine Mom. Es war nicht nur so, dass er nie gelogen hat – er konnte gar nicht lügen. Und das Militär war ihm wichtig. Er glaubte an das Prinzip von gerechtfertigter Gewaltanwendung. Er wusste, wie die Welt andernfalls ausgesehen hätte. Die Lüge hat sich nicht nur gegen ihn gerichtet, sondern auch gegen das Militär, dieses Land und sein Volk. Die Ungerechtigkeit hat an ihm genagt, sie hat ihn abgelenkt. In einem Scharfschützenteam kann man es sich nicht leisten, abgelenkt zu sein. Die Konzentration des Einzelnen bestimmt über sein Schicksal. Ich habe gesehen, was mit ihm los war. Ich dachte, er käme mit der Zeit darüber weg. Ich hätte viel mehr tun müssen, damit er sein Gleichgewicht wiedergefunden und sich wieder konzentriert hätte. Ich habe es nicht getan, er war unaufmerksam und ist einen halben Meter neben mir gestorben.«
    »Daran kannst du dir doch nicht die Schuld geben.«
    »Wenn wir nicht füreinander da sind, wozu sind wir dann überhaupt da?«
    Von der Veranda aus sahen sie, wie die Bürokraten und die bewaffneten Agenten des Ministeriums für Muffensausen durch ihre prall aufgeblasene Siedlung dahin und dorthin hasteten und die Nation vor der Bedrohung durch Verwunderung und Entzücken bewahrten.
    Der Wolfshund, der neben Gradys Stuhl lag, hob gelegentlich seinen edlen Kopf, um dem einen oder anderen Individuum nachzublicken, das vorbeilief. Keines von ihnen animierte ihn dazu, mit dem Schwanz zu wedeln.
    Nach einer Weile sagte Cammy: »Was werden wir wegen Puzzle und Riddle unternehmen?«
    »Nicht in unserer Konzentration nachlassen. Bereit sein, zu handeln, wenn sich die Gelegenheit bietet.«
    »Und was, wenn sich keine Gelegenheit bietet?«
    »Es bietet sich immer eine Gelegenheit, wenn man in seiner Konzentration nicht nachlässt.«

60
    Josef Yurashalmi hatte seine Straßenschuhe gegen Pantoffeln eingetauscht, trug aber immer noch die Strickjacke und die rote Fliege, als er um den Tisch herumschlurfte und die Gedecke durch weiße Leinenservietten vollendete, die mit großer Präzision gefaltet waren, um das eine kleine, bunte Blumensträußchen zu zeigen, das auf jede von ihnen gestickt war.
    Hannah, Josefs Frau, war damit beschäftigt, die verschiedenen Gemüsesorten in einem Suppentopf auf dem Herd daraufhin zu überprüfen, ob sie gar waren. Als Tom sie das erste Mal gesehen hatte, hatte sie draußen vor seinem Motelzimmer gestanden und ein Handy in der Hand gehalten, damit sie jederzeit einen Krankenwagen oder die Polizei rufen konnte.
    Das Motel gehörte dem Paar, und sie lebten in einer ordentlichen Wohnung, die das kleine Obergeschoss über dem Büro einnahm. Es gab ein Esszimmer, doch Josef sagte: »Je älter ich werde – und niemand wird schneller als ich älter –, desto lieber habe ich es behaglich. Am Küchentisch ist es gemütlicher.«
    Als er sich durch ihre Privaträume bewegte und sich dann an den Tisch setzte, während das ältere Paar das Abendessen zubereitete, fühlte Tom sich klobig, tollpatschig, linkisch und einfach fehl am Platz. Es bestürzte ihn, dort zu sein, und er konnte sich nicht erklären, warum
er sich nicht seinen Rucksack geschnappt hatte und geflohen war. Josef und Hannah waren gemeinsam eine Naturgewalt, ein Wind, der sanft und doch kräftig genug war, um ihn an den Ort zu fegen, an dem sie ihn haben wollten.
    Obwohl er sich in ihrem Gästebad das Gesicht und die Hände gewaschen hatte, fühlte sich Tom im Vergleich zu der blitzblanken Wohnung schmutzig. Sein widerspenstiges Haar hatte er mit den Fingern gekämmt, so gut es eben ging, und den Kragen seines Jeanshemds hatte er zugeknöpft.
    Hannah füllte Schalen mit Bouillon, und Josef stellte sie auf den Tisch. Die kräftige Rinderbrühe war mit Kartoffeln, Karotten und Limabohnen angereichert. Tom

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