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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Recht war eine fabelhafte Sache. Seine Karriere als Anwalt hatte ihm Reichtum, einen gewissen Ruhm, mächtige Freunde in hohen Ämtern und eine junge, umwerfend schöne Ehefrau eingetragen, ihm die Mittel an die Hand gegeben, Probleme zu lösen, die andere Männer entmutigt oder ruiniert hätten, und ihm die Freiheit verschafft, selbst die radikalsten Veränderungen in seinem Leben vorzunehmen, um sein Glück zu mehren und dafür zu sorgen, dass sein Leben immer so erfüllt war, wie es ihm mit Fug und Recht zustand.
    Seine Eltern und die meisten seiner Lehrer im Verlauf seiner Ausbildung, von der Vorschule bis zur Universität, hatten stets betont, nichts sei wichtiger als Selbstachtung, denn das Selbstwertgefühl sei der Fahrschein für einen befriedigenden Lebensweg. In Liddons Fall vergeudeten sie ihre Zeit darauf, einem wahren Gläubigen zu predigen, der sich von kleinauf seiner zahlreichen herausragenden Eigenschaften bewusst war, zu denen nicht zuletzt auch die Entschlossenheit zählte.
    Wenn er sah, was getan werden musste, tat er es. Oder er engagierte jemanden wie Rudy Neems, der es für ihn tat. Liddon zauderte nie, und wenn er zur Tat schritt, verspürte er niemals Gewissensbisse.
    Manchmal, wenn er im Besitz der richtigen Informationen war, brauchte er Arbeiten weder selbst zu erledigen noch dafür zu bezahlen, dass sie ihm abgenommen wurden. Viele Leute hatten Geheimnisse, die sie zerstören konnten, und wenn man ihre Geheimnisse kannte, waren sie manipulierbar. Dann taten sie Dinge für einen, die sie zu bloßen Marionetten degradierten. Da Liddon Freunde in hohen Ämtern hatte, denen unbegrenzte öffentliche Mittel zur Verfügung standen, um Nachforschungen über jedes Mitglied der Gesellschaft anzustellen, bereitete es ihm nie Schwierigkeiten, die schmutzigen Geheimnisse derer herauszufinden, auf die er es abgesehen hatte, vorausgesetzt, sie hatten genug Dreck am Stecken.
    Sosehr er das Recht, das Geld und sich selbst liebte – am allermeisten liebte er die Manipulation. Er war einfach zum Herrscher des Universums geboren. Macht war besser als Sex. Macht war besser als Reichtum. Macht war besser als alles andere.
    Diese Gedanken und zahllose weitere Überlegungen unterschiedlichster Natur schwirrten durch Liddons nie ruhenden Verstand, während er durch den Wald zu der Anliegerstraße lief, an der er seinen Mietwagen geparkt hatte. Da er von Einzelheiten der Verwaltung des Universums und von anderen Gedanken in Anspruch genommen wurde, die mit den bevorstehenden Veränderungen
in seinem Leben zu tun hatten, nahm er die Schönheit des Waldes kaum wahr.
    Ihn bezauberte die Natur nicht, was sie heutzutage anscheinend bei so vielen anderen Leuten tat. Er mochte Gras, das säuberlich gemäht war, Bäume, die von einem talentierten Gärtner einen kunstvollen Formschnitt erhalten hatten, Blumen, die in ordentlichen Reihen in gut geplanten Beeten wuchsen, Wasser, das in künstlichen Teichen und Brunnen im Zaum gehalten wurde. Er fand jedoch keinen Gefallen am Überschwang der Natur, die alles zu einem wüsten Durcheinander zusammenwarf, an der Fruchtbarkeit, der Vielfalt, dem Chaos.
    Vielleicht beschloss die Natur gerade deshalb, weil er so unbeeindruckt von ihr war, ihm einen heftigen Klaps auf den Kopf zu geben. Gerade eilte er noch in einem selbst fabrizierten Nebel durch den Nebel, der ihn umgab, und im nächsten Moment machte es Bumm!
    Es passierte so plötzlich, dass er mit einem Schreckensschrei taumelnd davor zurückwich, aber es gab keinen Ort, an den er zurückweichen konnte, denn es geschah überall um ihn herum, so dass er entweder davor kapitulieren oder sich widersetzen und dem Geschehen standhalten musste. Liddon Wallace hatte noch nie im Leben vor etwas kapituliert, nicht ein einziges Mal, und er weigerte sich, jetzt damit anzufangen. Wenn hier irgendeine Form von Manipulation stattfände, dann würde er derjenige sein, der manipulierte. Er würde sich nicht manipulieren lassen, er würde nicht nachgeben, niemals .
    Die Energie des Ereignisses, die unglaubliche Wucht dessen, was sich da abspielte, verschlug ihm den Atem. Er
bekam buchstäblich keine Luft mehr. Denn die Luft wurde so dick wie Wasser, zusammengepresst durch eine unwiderstehliche Kraft von unvorstellbarer Macht. Es schien ihm, als würde auch der Sonnenschein kondensiert, aber nicht etwa zu einer größeren Helligkeit, sondern zu einem üppigen goldenen Konzentrat, zu einer Substanz , die er fühlen und riechen konnte, zu einer

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