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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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das Mobiliar kurz und klein – wie sollten sie ihn dann aufspüren, damit er für den Schaden aufkam? Er war schon an übleren Orten als diesem abgewiesen worden.
    Aber jetzt waren härtere Zeiten angebrochen, wie man sie schon länger nicht mehr erlebt hatte. Geld regierte die Welt, und erst recht in dieser Konjunkturflaute, in der nur wenige Leute Bares oder Plastikgeld ausgaben. Er vermutete, sie würden sein Bargeld annehmen, denn wenn sie heutzutage in Bezug auf ihre Kundschaft allzu wählerisch waren, konnten sie ihr Motel ebenso gut gleich anzünden und die Versicherungssumme kassieren.
    Vor der Tür des Büros zögerte er. Er machte kehrt, blieb jedoch nach ein paar Schritten stehen und drehte sich wieder zum Eingang um.
    Schon immer war es Tom unangenehm gewesen, Räume zu betreten, in denen er noch nie gewesen war. Ob hier oder woanders – es machte ihn einfach nervös, eine Schwelle erstmals zu überschreiten.
    Tatsächlich war er zu jeder Zeit lieber im Freien, denn dort konnte er, wenn er der falschen Person über den Weg lief, ganz einfach eine andere Richtung einschlagen. Ohne Wände und mit dem Himmel statt einer Decke über dem Kopf hatte er Wahlmöglichkeiten. Drinnen hatte er immer Bedenken, seine Flucht könnte durch Hindernisse und eine begrenzte Anzahl von Ausgängen erschwert werden.
    Die falsche Person würde keine von denen sein, die nur über ihn kicherten oder grobe Bemerkungen über sein Aussehen oder seinen Zustand machten. Was er fürchtete, war eine tiefer reichende Begegnung mit jemandem, der ihn in einer Weise berührte, auf die er nicht vorbereitet war.
    Er wollte nicht berührt werden. Was einen berührte, zog zwangsläufig Veränderungen nach sich. Tom Bigger wollte sich aber nicht verändern.
    Er war, was er war, und er wusste nicht, wie man etwas anderes war. Mit seinen achtundvierzig Jahren war er schon doppelt so lange, wie er es nicht gewesen war, das, was er jetzt war.
    Im Büro des Motels saß hinter der Rezeptionstheke ein weißhaariger Mann von sicher mehr als siebzig Jahren an einem Schreibtisch und war in ein Buch vertieft. Er trug eine graue Strickjacke über einem weißen Hemd und eine auffällige rote Fliege, auf halber Höhe seiner Nase saß eine Lesebrille, und er sah aus, als sei er schon als alter Mann geboren worden.
    »Guten Morgen, Sir«, sagte er, legte sein Buch zur Seite und stand auf. »Was kann ich an diesem prachtvollen Vormittag für Sie tun?«
    »Ich brauche ein Zimmer«, sagte Tom.
    »Um diese Tageszeit ging es früher hektisch zu, die Leute wollten abreisen und alle hatten es eilig, ihre Rechnung zu begleichen und loszufahren. Doch wie Sie sehen, besteht für mich heute Morgen nicht die Gefahr eines Schweißausbruchs.«
    »Ich bin die ganze Nacht gelaufen«, erklärte Tom.
    »Das ist auch klüger so. Wenn es kühl ist. Und wenn der Verkehr schwach ist, damit man nicht auf Schritt und Tritt die Auspuffgase einatmet.«
    Der alte Mann legte einen Stift und ein Meldeformular auf den Tresen.
    »Ich habe keine Kreditkarte, und ich kann mich auch nicht ausweisen«, sagte Tom. »Ich zahle bar im Voraus.«
    »Das spart uns beiden Mühe. Seit vierzig Jahren höre ich mir an, dass Geld bald überholt sein wird. Viel Bargeld ist heutzutage nicht mehr in Umlauf, aber aus der Mode gekommen ist es mit Sicherheit noch nicht. Schreiben Sie einfach nur Ihren Namen in Druckbuchstaben in die oberste Zeile und unterschreiben Sie unten.«
    Tom kam seiner Aufforderung nach. Dann zählte er das Bargeld ab.
    Als er ihm einen Schlüssel reichte, sagte der alte Mann: »Nummer vierundzwanzig. Wenn Sie aus der Tür kommen, biegen Sie nach links ab und gehen bis zum Ende des Korridors. Nummer vierundzwanzig ist das letzte Zimmer im Nordtrakt, damit Ihr Schlaf heute Nachmittag nicht gestört wird, wenn all die großen Filmschauspieler mit ihrem Gefolge hier einlaufen.«
    »Haben Sie Mineralwasser und Eis?«
    »Der Getränkeautomat steht am Ende des Südtrakts. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, Mr. Bigger.«
    In seinem Zimmer zog Tom seinen Rucksack ab und ließ ihn auf das Bett fallen.
    Er starrte aus dem Fenster auf den leeren Parkplatz.
    Er beobachtete den Verkehr, der auf der Küstenschnellstraße vorüberrauschte.
    Er zog die Vorhänge zu.
    Er musterte den Fernseher, schaltete ihn aber nicht ein.
    Auf dem Bett lag ein Gratisexemplar von USA Today.
    Er nahm es nicht in die Hand.
    Er starrte seine breiten, knochigen Hände an.
    Er ging ins Badezimmer.
    Er

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