Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
Vom Netzwerk:
betrachtete sein Gesicht im Spiegel.
    Der alte Mann mit der Strickjacke hatte ein Buch gelesen und konnte daher nicht blind sein.

49
    Für eine Vorbesprechung mit seinem potenziellen Mandanten trug Liddon Wallace einen dunkelblauen Anzug aus der Linie Purple Label von Ralph Lauren, ein Hemd und eine Krawatte von Costume National, Schuhe von Gucci, eine Rolex – und einen Hauch Black von Kenneth Cole.
    Obwohl der Hauptsitz seiner Kanzlei in San Francisco war und er gegenüber wohnte, in Marin County auf der anderen Seite der Golden Gate Bridge, war Liddon noch in drei anderen Bundesstaaten als Anwalt zugelassen, darunter auch im Staat Washington. Der Wohlstand in Seattle und Umgebung, gepaart mit dem Hang derer, die ihren Reichtum durch Hightech erworben hatten, sich für Internetgurus zu halten, die über jegliche Gesetze erhaben waren, konnte von Zeit zu Zeit zu der Form von Ärger führen, die es einem modebewussten Anwalt erlaubte, seinen begehbaren Kleiderschrank bis ins Unendliche auszudehnen.
    Der potenzielle Mandant lebte in einem Haus mit 2600 Quadratmetern Wohnfläche im neogeorgianischen Stil auf zweieinhalb ummauerten Hektar Land. Der Wächter am Torhaus gab Liddon die Einfahrt frei. Ein Pförtner kam, noch während er auf der zweispurigen Auffahrt parkte, aus dem Haus, um ihn zu empfangen. Sowie er im Haus war, nahm ihm der Pförtner den Ralph-Lauren-Mantel
ab und vertraute den Besucher einem Butler an, der ihn in einen Salon führte, wo man ihn bereits erwartete.
    Wenn Liddon den Fall übernahm, würde er für seine Dienste von Bob Marlowe entlohnt werden, dem Vater des Mandanten. Swithin, der zweiundzwanzigjährige Sohn, war noch dabei, gemächlich seinen Weg durchs College zurückzulegen. Sein gemessenes Tempo hatte ihn inzwischen ins vorletzte Studienjahr geführt, und er hatte natürlich keinen Job. Der junge Mann erwartete ihn allein im Salon, weil Liddon das erste Gespräch grundsätzlich unter vier Augen führte.
    Swithin war von Kopf bis Fuß in Costume National gekleidet, was vermuten ließ, dass es ihm entweder an Fantasie für einen eklektischen Geschmack mangelte oder dass er enormes Selbstbewusstsein besaß. Er war ein gut aussehender Junge mit einem leicht schmollenden Gesichtsausdruck. Um sein dichtes, von Natur aus leicht zerzaust wirkendes Haar hätte ihn jedes männliche Model beneidet.
    Im Laufe ihrer anfänglichen Plauderei wurde deutlich, dass Swithin klar war, wie man vorbildliche Manieren dafür einsetzte, einen guten ersten Eindruck zu machen. Ebenso offensichtlich war es, dass seinem sorgsamen Betragen keine Philosophie zugrunde lag, sondern nur Eigennutz, und dass er für die Regeln der Gesellschaft eigentlich nur Verachtung übrighatte.
    Um zur Sache zu kommen, sagte Liddon: »Dann lautet die Anklage gegen Sie also auf Körperverletzung mit Tötungsabsicht. Erzählen Sie mir etwas über diesen Jungen, diesen Branden Jones.«
    »Er ist kein Junge, Sir. Wir sind schon befreundet, seit wir beide sechs Jahre alt waren. Er ist ein Mann wie ich.«
    »Ja, natürlich. Und wieso sollte jemand glauben, Sie hätten ihm das angetan?«
    »Wollen Sie wissen, ob ich es getan habe?«
    »Meines Wissens haben Sie der Polizei gesagt, Sie hätten es nicht getan.«
    »Aber Sie als mein Verteidiger, Sir, wollen Sie es denn nicht wissen?«
    »Für mich ist es unerheblich, ob Sie unschuldig oder schuldig sind.«
    »Wirklich?«
    »Bei meiner Vorgehensweise würde es mir die Arbeit nur erschweren, wenn ich es wüsste.«
    Swithin entspannte sich sichtlich und sank auf seinem Stuhl zusammen. »Wie lange wird diese Besprechung dauern?«
    »Für gewöhnlich ein bis zwei Stunden.«
    »Ersparen wir uns den Eiertanz. Benehmen wir uns wie zwei Kerle. Es ging alles um ein Bückstück.«
    »Wie bitte?«
    »Ein Bückstück, ’ne Schnepfe.«
    »Führen Sie das näher aus.«
    »Eine Schnepfe, ein Bückstück, ’ne Schlampe eben, dieses Mädchen – Rain Fishman.«
    »Sie heißt tatsächlich Rain, wie das Wasser, das vom Himmel fällt?«
    »Ja. Richtig dicke.«
    »Richtig dicke?«
    »Rain. Da stimmt’s halt, wir sind dicke miteinander. Sie gehört mir, das weiß jeder.«
    »Sind Sie mit ihr verlobt?«
    »Wer heiratet denn heutzutage noch?«
    »Was hat Branden mit Rain zu tun?«
    »Er ist ein berüchtigter Wilderer.«
    »Sie meinen, er macht sich an die Frauen von anderen Typen ran?«
    »Am laufenden Band. Da kann keiner mehr mitzählen. «
    »Glauben Sie, er hat sich an Rain rangemacht?«
    »Was glauben Sie

Weitere Kostenlose Bücher