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Die unbeugsame Braut

Die unbeugsame Braut

Titel: Die unbeugsame Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Henley
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ihrer schäbigen Tweedjacke. Entschlossen machte sie kehrt und flüchtete sich ins Haus.
    Sie lief die Treppe hinauf zu ihrem rosafarbenen Schlafgemach und riss die verspiegelte Tür der Garderobe auf. Ich brauche etwas, das mich wie eine Dame von Welt aussehen lässt. Zögernd glitt ihre Hand über die Kleider. Ich muss älter aussehen … ich muss größer aussehen. Ach verdammt, nichts passt richtig.
    Schließlich entschied Georgina sich für ein Morgenkleid in einem schönen Apricot. Ärmel und Saum waren mit einem klassischen griechischen Muster in sattem Bernsteingelb bestickt. Die schlanke Empirelinie wirkte elegant und raffiniert – nicht etwa mädchenhaft und lieblich.
    Dann bürstete sie ihre Locken auf dem Hinterkopf zusammen, um an Größe zu gewinnen, und befestigte sie mit zwei Schildpattkämmen. Sie selbst schmückte sich mit langen Bernsteinohrringen, puderte dann die Nase, betonte ihre Lider mit Khol und benutzte einen Hauch Lippenrouge. Schminke galt zwar als skandalös für eine junge Dame, die noch nicht debütiert hatte, doch Georgina scherte sich keinen Deut um Konventionen. Sie griff nach ihrem kleinen Elfenbeinfächer und begutachtete sich im Spiegel.
    »Lady Georgina, Sie sehen mindestens zwei Jahre älter und zwei Zoll größer aus«, sagte sie mit befriedigtem Nicken zu ihrem Spiegelbild. Ehe ihr Selbstvertrauen sie im Stich ließ, ging sie aus dem Schlafzimmer und hinunter ins Erdgeschoss.
    Kinder liefen ihr über den Weg, voller Erwartung angesichts des bevorstehenden Besuches. Charles und Charlotte waren in ein Gespräch mit ihrem Gast vertieft, und Georgina hörte ihn sagen: »Meine Frau lässt sich entschuldigen. Elizabeth ist ein wenig wetterfühlig.«
    »Das letzte Mal sah ich sie anlässlich eines Empfanges bei der
Königin. Mir scheint, seither sind Jahre vergangen. Richten Sie ihr liebe Grüße aus.« Beim Anblick von Georgina riss Charlotte die Augen auf. »Das war aber ein kurzer Ausritt.«
    Georgina klappte den Fächer auf. »Ich habe meine Absicht geändert.«
    »John, ich möchte Sie meiner Schwester vorstellen.«
    Er wandte sich um, und sein dunkler, bezwingender Blick umfasste sie von Kopf bis Fuß. Er zog die Brauen zusammen, als stünde er vor einem Rätsel. »Sind wir einander schon begegnet, Mylady?«
    Georgina schwenkte ihren Fächer. »Nicht offiziell, Mylord.«
    Charlotte machte die beiden miteinander bekannt. »John, das ist meine Schwester Lady Georgina. Georgina, sicher kannst du dir denken, dass du John Russell, Lord Tavistock, vor dir hast.«
    »Bitte, verzeihen Sie, dass ich Sie angestarrt habe, aber Sie kommen mir bekannt vor. Ich bin sicher, Sie schon gesehen zu haben«, sagte er.
    »Sie haben ein sehr kurzes Gedächtnis, Lord Tavistock. Es ist erst wenige Tage her, dass Sie mich gescholten haben.«
    »Verzeihen Sie, Mylady. Ich bin ratlos …«
    »Ich werde es weder vergeben noch vergessen … alter Mann.«
    Georgina erlebte die Genugtuung, seine Miene zu beobachten, als er ungläubig die Verbindung zwischen ihr und dem Mädchen herstellte, das er am Fluss beschimpft hatte.
    »Ich entschuldige mich untertänigst«, sagte er glatt.
    »Lügner! Untertänigst ist ein Wort, das in Ihrem Repertoire nicht vorkommt.«
    Charlotte spürte, wie sich ihr die Nackenhaare sträubten. Die Spannung zwischen Russell und Georgina war mit Händen greifbar.
    Charles war es, der dem betretenen Schweigen ein Ende machte. »Ich bin ein schlechter Gastgeber. Komm in den Salon, John. Ich habe frisch gebrautes Bier anzubieten, das du probieren solltest.«
    »Wenn Sie mich entschuldigen wollen«, sagte Georgina kühl.
»Ich gehe lieber zu den Kindern und frische die Bekanntschaft mit Ihren Söhnen auf.«
    John Russell kniff die Lippen zusammen und nickte ihr knapp zu.
    Befriedigt registrierte sie das Aufblitzen von Zorn in seinen Augen. Schaudernd fragte Georgina sich, welcher Provokation es bedurfte, damit er dem mühsam gezügelten Groll, der hinter der glatten Oberfläche lauerte, freien Lauf ließ.
    Nachdem Georgina gegangen war, schritt Charlotte voraus in den sonnendurchfluteten Salon. Während ihr Mann Bier einschenkte, sah sie John Russell mit fragendem Blick an.
    Er lächelte reumütig. »Ich bin Ihrer Schwester neulich begegnet, als sie und meine Söhne mitten im Tybourne standen und angelten.«
    »Ach, das erklärt alles! Sie sind der mürrische Kerl, der sie kleines Mädchen nannte und ihr riet, nach Hause zu gehen.«
    John stimmte in das Gelächter ein. »Und sie gab

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