Die unbeugsame Braut
mir unverblümt zu verstehen, ich solle mich zum Teufel scheren.«
»Ihre Worte haben sie zutiefst gekränkt. Ihr Leben lang wurde sie als Jüngste in der Geschwisterschar gehänselt. Und was ihre geringe Körpergröße betrifft, ist sie in dieser Hinsicht sehr empfindlich. Sie müssen meiner Schwester verzeihen, denn sie ist noch sehr jung.«
»Ich fürchte, Ihre Schwester wird mir nicht so rasch verzeihen.«
»Es sieht Georgy gar nicht ähnlich, sich so abweisend zu geben. Normalerweise ist sie jederzeit für Spaß und Unfug zu haben.«
Als die Herren ihr Bier getrunken hatten, erhob sich Charles. »Ich zeige dir jetzt das Pferd, von dem die Rede war. Die junge Stute wäre ein hervorragendes Reitpferd für Francis, wenn er sich schon zu alt für ein Pony fühlt.«
»Zu Beginn des Schuljahres wird er dreizehn. Er ist der festen Meinung, Ponys wären etwas für Kinder.«
»Stimmt. In diesem Alter war ich beispielsweise überzeugt, reif für die Armee zu sein.«
Georgina hatte ein Krocketspiel auf dem Rasen arrangiert und die Spieler in drei Mannschaften eingeteilt. Francis und William Russell spielten gegen Johnny Russell und Charlie Lennox, während sie mit der kleinen Mary antrat.
Obschon Johnny noch nie Krocket gespielt hatte, gewannen er und sein Partner Punkt um Punkt, und der Junge war hellauf begeistert.
»Ich glaube, Kricket ist mir lieber«, erklärte William hingegen.
»Ja, weil du verlierst«, neckte Georgina ihn.
»Jungen sind schlechte Verlierer«, streute Mary Salz in die Wunde.
»Mädchen auch. Jeder möchte gewinnen«, sagte Georgina. »Wie beim Kricket kommt es auch hier darauf an, den Ball im Auge zu behalten. Du und Francis, ihr schwingt eure Schläger zu heftig.«
»Keine guten Tipps, Georgy, sonst verlieren John und ich am Ende«, protestierte Charlie.
Es war zu spät, als dass die älteren Jungen noch etwas aufholen konnten, und John und Charlie konnten den Sieg für sich beanspruchen. Als Francis seinen Vater mit Charles Lennox auf dem Weg zu den Stallungen sah, bat er Georgina, ihn und seinen Bruder zu entschuldigen.
Sie war einverstanden und blickte Francis und William nach. »Vor dem Lunch haben wir ausreichend Zeit für ein weiteres Match«, sagte sie zu den jüngeren Kindern. Johnnys Jubel über den Gewinn hatte sie so gefreut, dass sie ihn noch einmal siegen sehen wollte. »Ich habe eine Idee: Ich werde die Köchin um ein Lunchpaket für euch bitten, damit ihr hier draußen essen könnt.«
»Hurra!«, rief Charlie laut, holte mit seinem Schlagholz aus und traf vor lauter Schwung seinen eigenen Fuß. »Verdammt!«
Johnny erschrak, doch als er sah, dass Georgina über Charlies Kraftausdruck nur lachte, verzog sich sein Mund zu einem Lächeln.
Nach dem Spiel nahm Georgina ihren Fächer vom Gartensitz. »Mary, nicht schmollen. Die jungen Herren haben uns zu Recht geschlagen.
« Gefolgt von ihrer Nichte, ging sie zum Kücheneingang und traf prompt auf Charlotte, die mit der Köchin etwas besprach. »Ich dachte, es wäre vielleicht eine gute Idee, wenn die Kinder draußen auf dem Rasen ein Picknick machen könnten. Die Russell-Jungen dürften sich im Kinderzimmer bei den Kleinen ebenso wenig wohlfühlen wie im Speisezimmer bei den Erwachsenen.«
»Eine famose Idee, Georgina.« Charlotte gab den Küchenmädchen Anweisung, einen Lunch für die Kinder zusammenzustellen, und sah dann ihre Schwester nachdenklich an. »Hast du die Absicht, dich im Speisezimmer manierlich aufzuführen?«
»Ich hatte es nicht vor.« Georgina sagte es leichthin.
»Wollen wir wetten?«, forderte Charlotte die Schwester heraus, wohl wissend, dass Georgina einer Wette nie widerstehen konnte. »Eine Guinee, dass du es nicht schaffst, John Russell so zu verzaubern, wie es dir bei anderen Männern gelingt.«
»Das will ich überhaupt nicht! Vielleicht bleibe ich draußen und esse mit den Kindern.«
»Wage es ja nicht, Georgy. Das wäre eine Brüskierung unseres Gastes.«
»Sein finsteres Aussehen lässt vermuten, dass er zu einem Gegenschlag durchaus imstande ist. Jede Wette, dass er nicht davor zurückschrecken würde, eine Frau zu schlagen.«
»Ach, du hast also Angst vor ihm?«
»Angst? Du beliebst zu scherzen! Voran, die Wette gilt!« Georgina spürte, wie jemand an ihrem Rock zupfte.
»Ich möchte mit dir essen«, sagte Mary.
Georgina bückte sich und senkte ihre Stimme. »Ich muss mit dem alten Mann essen. Wäre für dich ein Picknick mit den Jungen nicht lustiger? Wenn dir etwas nicht
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