Die unbeugsame Braut
dass sie noch ein Kind bekommt.«
Helen nickte verständnisvoll. »Was man nicht ändern kann, muss man hinnehmen.«
»Du bist eine weise Person.« Georgina seufzte. »Gute Nacht, Helen.«
In den folgenden beiden Wochen verbrachten der Duke of Gordon und seine Tochter viele schöne Stunden zusammen. Sie fischten im River Esk, segelten im Firth of Forth und spielten Golf. Der Vater ließ für sie einen Kilt mit den schwarzweißen Gordon-Karos anfertigen, dazu eine Mütze und eine schwarze Samtweste. Er schenkte ihr eine silberne Brosche, die die Form einer Distel hatte und in deren Mitte ein riesiger, purpurfarbener Amethyst prangte.
Als der Herzog offiziell in Holyrood Palace zu tun hatte, durfte Georgina ihn begleiten. Die Residenz des britischen Königshauses in Schottland war ein Ort, dessen bezwingender Atmosphäre sie sich noch nie hatte entziehen können. Wie immer suchte sie auch diesmal die Gemächer auf, die Mary Stuart, die berühmte Königin, bewohnt hatte, und starrte den Blutfleck auf dem Holzboden an, der die Stelle markierte, an der angeblich Marys Liebhaber ermordet worden war.
So viel Unglück wurde durch eheliche Untreue von Männern und Frauen verursacht. Ich will keine Ehe, wie du sie hattest, Mary. Auch möchte ich keine Ehe, wie meine Eltern sie führen . Georgina schloss die Augen und wünschte sich inbrünstig einen Mann, der sie so
tief lieben würde, dass er nie mehr eine andere auch nur ansehen wollte.
Alexander Gordon lud seine Tochter an einem Abend in einen beliebten Austernkeller am Canongate ein, wo der berühmte Geiger Neil Gow aufspielte und wo um Punkt zehn der schottische Tanz begann. Zu Ehren der Gordons, die langjährige, treue Gäste waren, spielte Gow einen Tanz, dessen Melodie aus der Feder des Herzogs selbst stammte.
»Ach, ich wünschte, Neil Gow würde nach London kommen und auf meinem Ball aufspielen«, seufzte Georgina wehmütig.
»Deine Mutter veranstaltet also wieder einen ihrer pompösen Bälle? Sag ihr, sie soll es sich ja nicht einfallen lassen, mir die Rechnung aufzuhalsen.«
Georgina versuchte sich wegen seiner unverblümten Worte nicht zu kränken, schaffte es aber nicht ganz. Als einer der reichsten Grundherren Schottlands konnte er sich ein Fest zu Ehren ihres Debüts sehr wohl leisten. Aber ich bin nicht seine jüngste Tochter – er hat noch andere, uneheliche Kinder. Ist es denkbar, dass er Jean Christies Kinder mehr liebt als uns? Rasch verdrängte sie diesen Gedanken. Kein Selbstmitleid, Georgina Gordon !
Nach zwei Wochen merkte sie ihrem Vater an, dass es ihn juckte, wieder in sein Hochlandschloss zurückzukehren. Georgina sagte ihm liebevoll Lebewohl, ehe sie mit Helen Taylor die Kutsche bestieg, die sie heim nach London bringen sollte. Es war ein angenehmer Besuch mit einigen Wermutstropfen gewesen, aber die vielen, schönen gemeinsamen Unternehmungen mit ihrem Vater entschädigten sie für die kleinen Enttäuschungen.
Sie hatte viele Skizzen von ihm gemacht und fühlte sich sehr geschmeichelt, dass er alle behalten wollte. Nur eine, die beim Angeln im River Esk entstanden war, behielt sie selbst als Andenken. Während der Wagen flott dahinholperte, zog sie die Zeichnung heraus und betrachtete sie.
»Diese Skizze meines Vaters erinnert mich an jemanden«, sagte sie zu Helen. »Wer könnte das nur sein?«
»Der Herzog ist eine sehr markante, stattliche Erscheinung mit seinem schwarzen Haar. Es gibt nicht viele wie ihn.«
Und plötzlich wusste Georgina, an wen ihr Vater sie erinnerte. An John Russell, Lord Tavistock! Wenn auch jünger, sieht der abweisende, herrische Kerl mit dem tiefschwarzen Haar fast aus wie Papa. Verdammt, ich wollte das Bild rahmen lassen und in meinem Schlafzimmer aufhängen, aber immer wenn ich es ansehe, werde ich an den alten Mann erinnert . Rasch steckte sie das störend ähnliche Porträt zurück in ihren Malkasten.
»Es freut mich, dass du eine junge Dame mit Prinzipien bist. Du hattest versprochen, Mitte September zurück zu sein, und da bist du wirklich«, empfing Jane die Tochter. »Eigentlich kein Wunder – du gerätst in jeder Hinsicht mir nach.«
»Vater war in Edinburgh. Mir wurde dadurch die lange Fahrt ins Hochland erspart.«
»Wirklich? Und was machte er in Edinburgh?«
Georgina war zu klug, um Jean Christie zu erwähnen. »Sein Aufenthalt hing wohl mit seinen offiziellen Verpflichtungen als Großsiegelbewahrer zusammen.«
»Ich verstehe. Und zeigte sich der hohe Herr auch nur
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