Die Unbezähmbare
bekommen, ihren geliebten Matthew.
An jenem Tag hatte Jasmine erfahren, dass jedes bisschen Zuwendung, das sie jemals erfahren hatte, mit Geld bezahlt worden war. Auf der Suche nach Liebe hatte sie an Mary geschrieben. Deren Antwort war an ihrem dreizehnten Geburtstag gekommen, eine kühle Bitte, keine weiteren Briefe zu schreiben, da sie nichts mit den “Fehltritten” ihrer Vergangenheit zu tun haben wolle.
Ein “Fehltritt”. Mehr war Jasmine nicht für ihre leibliche Mutter. Und für ihre Adoptivmutter war sie “schlechtes Blut”. Und jetzt musste sie einsehen, dass dieser Makel nicht wie durch einen Zauber verschwunden war. Sie war immer noch ungeliebt. Ungewollt.
Am nächsten Tag beschloss Jasmine, dass es wenig Sinn hatte, Tränen zu vergießen wegen etwas, das sie nicht ändern konnte. Trotz ihres Kummers zwang sie sich, in ihr Studio zu gehen. Dort hob sie die Schere auf, wo sie sie am Tag zuvor fallen gelassen hatte.
Nachdem sie etwa eine Stunde gearbeitet hatte, hörte sie ein Telefon klingeln. Kurz darauf klopfte jemand an die Tür.
“Madam?”
Sie blickte auf. “Ja, Shazana?”
“Scheich Zamanat wünscht Sie zu sprechen.”
Jasmines Kehle war wie zugeschnürt. Am liebsten hätte sie gesagt, sie sei zu beschäftigt. Aber was hätte es wohl für Konsequenzen, wenn sie ein loyales Mitglied des Personals auffordern würde zu lügen?
“Bitte legen Sie das Gespräch auf diesen Apparat.” Sie deutete auf das Telefon neben der Tür. Doch als es Sekunden später klingelte, nahm sie den Hörer kurz auf und legte ihn wieder auf die Gabel. Mit pochendem Herzen eilte sie den Flur hinab zu ihrem Zimmer und hinaus in den Garten. Wieder verbarg sie sich unter dem Baum, während drinnen das Telefon erneut klingelte.
Es war feige, sich vor Tariq zu verstecken, aber sie konnte es nicht ertragen, seine Stimme zu hören, die ihr womöglich noch einmal das Herz brechen und sie auf ihre Unzulänglichkeit und Minderwertigkeit hinweisen würde. Noch war sie nicht bereit, sich den letzten Rest Hoffnung nehmen zu lassen.
Etwa eine Stunde später kehrte sie in ihr Studio zurück. Sie fand eine Notiz, auf der sie darum gebeten wurde, eine bestimmte Nummer anzurufen.
“Geh zum Teufel!” Sie zerknüllte das Papier, warf es in den Papierkorb und begann mit wilder Entschlossenheit weiter zu arbeiten. Heißer Zorn begann unter all ihrer Verletztheit zu brodeln. Scheich Zamanat erwartete also von ihr, dass sie kam, wenn er pfiff? Er würde lernen müssen, dass seine Frau kein Spielzeug war, das er nach Belieben fortwerfen und wieder hervorholen konnte.
Zum vierten Mal legte Tariq den Hörer auf. Er war verärgert über den Widerstand seiner Frau, aber da war noch ein anderes Gefühl. Er konnte nicht den Schmerz in ihrem Blick vergessen, als er zuletzt mit ihr gesprochen hatte.
Nach all der Zeit hatten sich sein Zorn und sein verletzter Stolz endlich Luft gemacht. Als Jasmine ihm ihre Liebe erklärt hatte, hatte sie seine alten, kaum verheilten Wunden aufgerissen. Und diese Wunden hatten damit zu tun, dass er Jasmine brauchte, was er sich jedoch nicht eingestehen wollte. Und deshalb hatte er Dinge gesagt, die er nicht hätte sagen sollen.
Es war etwas ganz und gar Ungewohntes für Tariq, Schuldgefühle zu haben. Aber nun wurde er von ihnen fast erdrückt. Er hatte das Gefühl, als habe er etwas sehr Zerbrechliches zwischen ihnen zerstört. Nur sein wütender Stolz hielt ihn davon ab, sofort zu ihr zurückzukehren.
Er sagte sich, dass Jasmine nicht nachtragend war. Sobald er mit ihr sprechen würde, würde alles wieder normal sein. Und das nächste Mal, wenn er sie anrief, dann würde sie ihm nicht wieder ausweichen!
Jasmine war zu dem Schluss gekommen, dass sie einfach Zeit brauchte, um sich über ihre Gefühle klar zu werden. Tariq hatte ihr einen entsetzlichen Schock versetzt und ihr ein für alle Mal klar gemacht, dass der Mann, den sie liebte, nicht der Mann war, den sie geheiratet hatte.
Liebte sie diesen Tariq?
Sie wusste es nicht, aber dass sie zornig war, stand außer Frage. Sie nahm sich vor, ihm bei seinem nächsten Anruf nicht auszuweichen. Der Anruf kam, als über Zulheil der Morgen dämmerte. Beim zweiten Klingeln nahm sie ab.
“Hallo, hier ist dein geschätzter Besitz”, platzte es aus ihr heraus, und sie war stolz darauf.
Am anderen Ende der Leitung herrschte völliges Schweigen. “Ich finde das nicht lustig, Jasmine”, sagte er schließlich.
“Nun ja, zum Glück bin ich keine
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