Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)
Am nächsten Morgen rief er mich an und dankte mir dafür, dass ich als DJ eingesprungen war.
Dann flog er nach London
Nachdem Connors seinen wackligen Start in der Firma überstanden hatte, war es klar, dass er über ein paar wichtige Fähigkeiten verfügte. Wenn es darum ging, Kunden kennenzulernen, Engagement für sie zu zeigen, ihre Probleme zu verstehen und ihnen zu helfen, Lösungen zu erarbeiten, gehörte er zu den Besten. Die Kunden liebten ihn. Manchmal waren die Lösungen, die er fand, sehr profitabel für die Firma, aber Connors musste lange und hart arbeiten, um diese Transaktionen unter Dach und Fach zu bringen. Das waren keine Quick Wins. Hedgefonds mögen in der Lage sein, nur aufgrund einer Idee, die man ihnen gibt, sofort zu handeln – «on the wire» , wie man sagt –, doch in der Regel brauchen Institutionen wie Pensionskassen (private wie staatliche), Staatsfonds (von Ländern wie Abu Dhabi, China, Hongkong, Norwegen, Katar, Saudi-Arabien und Singapur), Versicherungsunternehmen und Investmentfonds (wie Fidelity, Wellington, T. Rowe, Vanguard) wesentlich länger, um auf das Umsetzen einer Lösung oder Investmentidee hinzuarbeiten. Manchmal liegt es daran, dass sie gründlich analysieren und langfristig planen. In manchen Fällen ist ihre Langsamkeit aber auch ein Problem der Bürokratie und Organisationsgröße. Im schlimmsten Fall liegt es auch an mangelnder Sachkenntnis.
Connors hatte großen Erfolg bei der Betreuung von Kunden, die von vielen in der Firma als «undankbar» betrachtet wurden: verschlafene staatliche Pensionskassen überall im Land, von denen nie jemand gedacht hätte, dass sie mit der Wall Street Geschäfte machen könnten zum Beispiel. Die Manager dieser Fonds wussten die Geduld und die Ausdauer, die Connors für sie aufbrachte, sehr zu schätzen.
Trotzdem war Connors ein Mann fürs Grobe. Was die täglichen Routinearbeiten anging, war sein Arbeitsverhalten recht eigenwillig. Er hatte die Angewohnheit, zu den unmöglichsten Zeiten von seinem Schreibtisch zu verschwinden. Mein Job als seine rechte Hand war es, für ihn einzuspringen – also jedem zu helfen, der nach ihm suchte, damit es keine große Sache war, wenn er nicht am Platz war. Ich fragte ihn nie, wo er gewesen war. Die Etikette bei Goldman verbot es, einen Vorgesetzten zu fragen, warum er nicht an seinem Schreibtisch war. Wenn andere Angestellte oder Kunden ihn suchten, sagte ich einfach: «Connors ist gerade nicht am Platz – kann ich helfen?» Auch wenn es halb fünf an einem Freitag war und er sich ins Wochenende verabschiedet hatte.
Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber ich glaube, dass Connors zwischendurch gern ein Nickerchen machte. Vielleicht ging er auch mal morgens ins Fitnessstudio. Er kam in der Regel spät ins Büro, aber man muss fairerweise hinzufügen, dass er oft länger blieb als alle anderen – gelegentlich bis 23 Uhr –, um an Kundenprojekten zu arbeiten. Connors bewegte sich langsam, aber offensichtlich kann er am Ende immer dorthin, wo er hinwollte. Solange die Einnahmen flossen, wurde diese Art von verlängertem Arbeitstag akzeptiert. Später sollte sich das ändern. Eine Menge Dinge wurden akzeptiert, solange es bergauf ging.
Und es ging steil bergauf: Das Ergebnis des ersten Quartals 2006 war das beste, das unsere kleine Truppe im Derivatives Sales jemals vorgelegt hatte. Wir hatten Millionen von Dollar an Erträgen eingefahren und den Wert des Vorjahres fast verdoppelt.
Und in diesem Moment lud mich Tim Connors zu seinem Junggesellenabschied nach Las Vegas ein.
Es war nett von ihm, mich einzuladen. Im Grunde war es eine Art Belohnung für meinen Einsatz. Vielleicht außerdem auch eine stillschweigende Anerkennung der Tatsache, dass ich einen überdurchschnittlichen Anteil der Schreibtischarbeit für ihn geleistet hatte. Trotzdem brachte mich die Einladung ins Grübeln. Einerseits war ich mir nicht sicher, ob ich mir das Vergnügen einer Wochenendsause in Las Vegas leisten konnte – denn wenn die hohen Tiere von Goldman nach Vegas gehen, dann sprechen wir von einem völlig anderen Preisniveau als bei einem Vegas-Trip mit College-Kommilitonen. Einschließlich Flugticket, Hotel, Spielen und Nebenkosten würde mich dieser Junggesellenabend schätzungsweise zwei-oder dreitausend Dollar kosten. Das mochte für einen VP oder Managing Director Kleinkram sein, aber für mich war das richtiges Geld. War es das wert?
Ich gehörte zu dieser Zeit noch zu den Associates, wenn auch
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