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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gefasst, denn das war die schlichte Wahrheit. Er konnte es nicht, ohne seine Maske abzulegen.
    »Mann Gottes, Mansel. Sie enttäuschen mich!«
    »Das bedaure ich sehr. Ich bitte Sie, meine Kündigung hiermit entgegenzunehmen.«
    Der arme Oberbergamtsrat sah ihn fassungslos an.
    »Einfach so?«, stammelte er.
    »Ich habe meine Arbeit für Sie immer korrekt und mit Sorgfalt erledigt. Aber meine Vergangenheit mag das Gewicht verlagern. Ich möchte Ihnen nicht zumuten, mit einem Mann wie mir weiter in Kontakt zu stehen.«
    Von Alfter schüttelte nur den Kopf.
    »Ich nehme die Kündigung nicht an, Mansel, aber betrachten Sie sich als beurlaubt, bis - mh - die Wogen sich etwas geglättet haben. Man hat mich darauf aufmerksam gemacht, Sie könnten möglicherweise aktuell Unterschlagungen begangen haben, und das möchte ich gerne ausräumen. Oder haben Sie?«
    Hendryk unterdrückte ein bitteres Lachen.
    »Nein, Herr Oberbergamtsrat. Darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, wenn Ihnen das etwas wert ist.«
    »Ist es, ist es. Und - mh - ich hörte, Sie haben Ihren Sekretär entlassen. Könnte womöglich dieser Mann auf Ärger sinnen?«
    »Ohne Zweifel.«
    »Was war der Grund für Ihre Entscheidung? Verließ er Sie im Zorn?«
    »Ja. Ich warf ihn ohne Zeugnis raus, weil er der Zofe meiner Frau Gewalt angetan hat.«
    Der Oberbergamtsrat lief rot an und hüstelte. »Großer Gott«, war sein einziger Kommentar.
    »Darf ich die Angelegenheit damit als beendet ansehen?«, fragte Hendryk.
    »Sie dürfen.« Noch immer kopfschüttelnd stand von Alfter auf und begleitete Hendryk zur Tür. »Ich habe Sie immer für einen achtbaren Mann gehalten, Mansel. Ich weiß einfach nicht, was ich denken soll.«
    »Ich kann Ihnen nicht mit Erklärungen helfen, Herr von Alfter. Es tut mir leid.«

    »Sind Sie in Schwierigkeiten?«
    Lächelnd sah Hendryk den polterigen, aber in seinem Herzen gütigen Mann an.
    »Ja. Aber ich bin auf dem Weg, sie zu lösen. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Dann gehen Sie mit Gott, Mansel. Und richten Sie Ihrer Gattin meine Verehrung aus. Dieser Bazar war ein außerordentliches Ereignis.«
    In vielerlei Hinsicht, dachte Hendryk und nahm den nächsten Schritt in Angriff.
    Ein Zettelchen mit drei stümperhaft in arabischer Schrift geschriebenen Worten war in Frau Jacobs’ Hände gelangt, und als Antwort hatte er einen versiegelten Umschlag in seinem Büro vorgefunden, in dem ein unsigniertes Blatt steckte, auf dem »Ginkgobaum, Freitag, zwei Uhr« stand.
    Der Botanische Garten war kein schlechter Treffpunkt, die Öffentlichkeit dienlicher als Heimlichkeit. Und die Gefahr des Belauschtwerdens in den frühen Mittagsstunden recht gering. Zumal es gerade heute ein schwüler Tag war und ein Gewitter dräute.
    Er brauchte nicht zu lange zu warten. Camilla Jacobs, in Begleitung ihrer schweigsamen Dienerin, erschien bald nachdem die Glocken der Kirchen zweimal geschlagen hatten. In dem Park war alles ruhig, bis auf einige Kindermädchen, die die ihr anvertrauten Sprösslinge ausführten.
    Sie stand vor ihm, schöner fast noch, als er sie in Erinnerung hatte, und ihre dunklen Augen lagen lange und voller Sehnsucht auf seinem Gesicht.
    »Nein, Gamila«, sagte er leise, und Trauer schwang in seinem Ton mit. »Mein Bruder ist wirklich tot. Und ich bin es für die Welt auch.«
    Tränen rollten langsam über ihre Wangen.
    »Die Hoffnung …«
    »Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt.«
    Sie tupfte mit einem Tüchlein ihr Gesicht ab und schlug mit einigermaßen gefasster Stimme vor: »Lass uns ein wenig umhergehen.«
    »Selbstverständlich.«
    Er bot ihr seinen Arm und wählte einen verschwiegenen Pfad zwischen den Büschen.

    »Was ist ihm geschehen?«
    »Ein Unfall, Gamila.«
    »Nein, kein Unfall.«
    »Doch, ein Unfall. Ich war bei ihm, Gamila, und sein letztes Wort galt dir. Liebe, sagte er, und ich denke, er ist mit deinem Bild im Herzen zu den Sternen aufgestiegen.«
    Sie blieb stehen und schluchzte herzzerreißend auf. Er nahm sie in den Arm und hielt sie eine Weile, bis sie, er wusste, mit großer Willensstärke, ihre Haltung wiedergewonnen hatte. Leise redete sie nun: »Jussuf kam zurück, aber er schwieg. Er schwieg und schwieg und schwieg. Wir dachten, er habe vollständig die Sprache verloren. Er malte wie besessen. Aber er schwieg.«
    »Auch das tut mir leid. Ich verdanke ihm mein Leben.«
    Sie wanderten wortlos weiter. Plötzlich blieb die Ägypterin stehen und maß ihn mit trockenen, unergründlichen Augen.
    »Nein, es war

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