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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Befestigungsanlagen mitgenommen, was bei den Zwillingen weit größere Begeisterung hervorrief als der Vorschlag, das Puppentheater aufzusuchen. Sie hatten höflich zugestimmt, aber ganz eindeutig strahlten sie mehr, als ihnen die Alternative geboten wurde, zwischen Kanonen und Lafetten herumzukraxeln, den Marstall zu besuchen und mit den Pistolen des Leutnants Schießübungen zu machen. Sogar Leonie hatte sich an dieser martialischen Übung beteiligt und eine sichere Hand und ein gutes Auge bescheinigt bekommen.
    Am darauf folgenden Montag hatte die Post einen umfangreichen Brief von Lady Frances gebracht, den sie, der Erlaubnis ihres Herrn und Gatten folgend, öffnen durfte. Ihr Englisch war inzwischen so gut, dass sie das Schreiben fast fließend lesen und sogar mit einiger Erheiterung die launigen Formulierungen der alten Dame genießen
konnte. Neue Informationen für Leo hatte sie nicht, aber dennoch berührte Leonie das Schreiben. Lady Frances bekundete nämlich, sie habe sich entschlossen, dem Orient den Rücken zu kehren. Zu viel Staub, zu viel Hitze, die Neuerscheinungen an Büchern mager und die Zeitungen immer veraltet - nein, sie sehnte sich, jetzt, nach zwanzig Jahren, nach ihrer Heimat zurück. Außerdem war vor zwei Tagen ihre Lieblingskatze gestorben, es hielt sie also nichts mehr in dem Land. Sie fragte höflich an, ob sie Hendryk auf ihrem Weg nach England besuchen dürfe.
    Lächelnd strich Leonie das Papier glatt. Sie würde sich freuen, die kauzige Lady persönlich kennenzulernen, und hoffte, die Umstände würden es ermöglichen, eine herzliche Einladung auszusprechen.
    Am Nachmittag erlebte sie allerdings eine größere Überraschung. Sie hatte der Schlange Renenutet gerade die Haut übergezogen, als Rike die Treppen hinaufgepoltert kam. Ihre Zofe hatte sich zwar, ihrem Vorbild folgend, in den letzten Wochen einen gemäßigteren Gang und auch etwas anmutigere Bewegungen angewöhnt, aber in großer Aufregung verfiel sie noch immer in ihre Ungeschicklichkeiten. Es schienen große Ereignisse ihre Schatten vorauszuwerfen, so wie sie die Stufen hochtrampelte. Ein kleiner Stich Freude lag in der Hoffnung, Leo sei unerwartet früher zurückgekommen, doch als sie das Mädchen in der Tür sah, erkannte sie, dass weit Unangenehmeres auf sie zukam.
    Angst packte sie.
    »Rike?«
    »Die Frau Jacobs, bitte, gnädige Frau, sie weint!«
    Es war nicht recht, angesichts ihrer untergründigen Befürchtungen nun Erleichterung zu verspüren, und geschwind stand sie auf, um nach unten zu gehen.
    »Bitte sie in mein Boudoir, Rike, und mach uns Tee. Husch!«
    Camilla trat gleichzeitig mit ihr auf den Flur, der zu den Schlafzimmern führte. Sie öffnete ihr schweigend die Tür und legte ihr den Arm um die Taille.
    »Komm herein, Liebe. Komm, hier sind wir ungestört.«
    Sie geleitete ihre Freundin zu der Recamiere und reichte ihr ein weiteres Batisttüchlein.
    »Ich benehme mich unmöglich, Leonie.«

    »Wahrscheinlich kannst du nicht anders. Was ist passiert, Camilla?«
    Sie hatten sich seit Leos Abreise nur einmal bei einer Soiree gesehen und keine Möglichkeit gehabt, vertraulich miteinander zu sprechen.
    »Ich habe eine unsägliche Dummheit begangen. Sie fällt jetzt auf mich zurück.«
    »Kann ich dir helfen? Willst du dich mir anvertrauen?«
    »Ich muss mit jemandem reden, Leonie. Mit jemandem, der sich in den Feinheiten der Gesellschaft besser auskennt als ich. Ich bin völlig außer mir. Ich weiß nicht weiter.«
    Rike klopfte vorsichtig an der Tür, und Leonie nahm ihr das Tablett ab. Jette schien die Situation realistisch eingeschätzt zu haben und hatte neben dem Tee auch eine Karaffe Sherry darauf gestellt.
    »Wir wollen nicht gestört werden, Rike!«
    »Ja, gnädige Frau. Entschuldigen Sie, gnädige Frau.«
    »Ist schon gut, Rike.«
    »Du sammelst eigenartige lahme Hunde um dich, Leonie«, meinte Camilla, als sich die Tür geschlossen hatte.
    »Sie ist langsam, aber lieb und anständig.«
    »Ich bin schneller und geschmeidiger, aber weitaus weniger lieb und anständig. Ich bin in einer sehr dummen Lage.«
    »Ein Liebhaber, der zu hohe Forderungen stellt?«
    Die Tränen waren jetzt getrocknet, und nach einem Schluck Tee erwiderte Camilla: »Du solltest in das Geschäft der Wahrsagerei eintreten. Dein Gespür für Menschen ist ganz besonders ausgeprägt. Ja, ein - ehemaliger - Liebhaber stellt Forderungen, die ich nicht erfüllen will. Man hat mir meine Vergangenheit als Tänzerin hier immer vorgeworfen, weil

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