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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Sie haben mich aus dem Haus getragen.
    Mich auch. Kutsche?
    Ja.
    Sind wir zusammen?
    Sie strengten sich an. Auf ihre sensible Art nahmen sie wahr, was der andere herausfand. Die Decken waren zwar dick, aber luftdurchlässig, sodass sie atmen konnten. Und mit der Atemluft kam der Geruch.
    Weihrauch, Lennard.
    Ja, ich merke es. Wir sind zusammen. Und ich glaube, wir sind alleine.
    »Lennard!«, sagte Ursel laut, und er rollte sich augenblicklich in die Richtung ihrer Stimme. Er traf ihren Körper und seufzte tief auf.
    »Ich fürchte mich, Lennard.«
    »Ja. Ich auch. Aber wir können etwas versuchen. Kannst du die Hände bewegen?«
    »Sie sind fest an meinen Rücken gebunden.«
    »Aber du kannst die Finger bewegen?«

    »Ja, kann ich.«
    »Ich habe ein Taschenmesser in der Hosentasche. Versuch, es herauszuziehen!«
    Es war eine komplizierte Aktion, aber schließlich gelang es Ursel, das Messer herauszufischen und sogar aufzuklappen. Mit ängstlicher Hast arbeitete sie an dem Strick, der um Lennards Mitte gewickelt war, und nach einer Zeit, die ihnen wie die Ewigkeit vorkam, hatte sie den festen Hanf endlich durchtrennt. Erleichtert schob Lennard die Decke fort. Sehen konnte er noch immer nichts, denn es war vollständig dunkel in dem Raum. Aber er tastete sich zu seiner Schwester und befreite sie auch von Strick und Tuch.
    Sie gab nur ein kleines Aufschluchzen der Erleichterung von sich. Sie war schon ein tapferes Mädchen.
    »Lennard, glaubst du, wir sind in dem geheimen Keller?«
    »Ja, das glaube ich. Es riecht hier so komisch. Und ich hab dir doch gesagt, Thomas’ Vater hat so eine Krokodilsmaske. Der gehört zu diesen Tiermenschen. Wir hätten nicht zu der Feier gehen sollen, Ursel. Der Herr hat ganz Recht gehabt.«
    »Können wir von hier weg?«
    »Wenn wir den Vorhang finden, der zu dem Gang in den Bierkeller führt. Es ist nur so schuckeschwarz hier unten wie im Bauch eines Wals.«
    »Gib mir deine Hand, Lennard. Wir tasten uns die Wand entlang!«
    Sie fanden unterschiedliche Sachen - eine Truhe, einen Haufen Stoffe, etwas Pelzartiges - und schließlich den schweren Gobelin, der die Öffnung zu dem alten Gang verdeckte. Auch hier war es finster, aber sie wussten wenigstens, in welche Richtung sie sich bewegen mussten. Ein paarmal stolperten sie, stießen sich Ellenbogen und Knie an, schrammten sich die Knöchel auf, aber dann wehte ihnen der vertraute Biergeruch entgegen, und eine Lampe spendete ein wenig Licht. Erleichtert blieb Ursel stehen und umarmte ihren Bruder. Er hielt sie auch fest an sich gedrückt.
    »Wie gut, dass du das Messer hattest, Lennard.«
    »Der Leutnant hat es mir geschenkt. Er meint, ein Mann sollte so etwas besitzen. Komm jetzt, wir müssen sehen, dass sie uns hier nicht erwischen.«

    Es ging geschäftig zu im Hof des Bierbrauers, und es gelang ihnen, unbemerkt von den Kutschern und Lagerarbeitern durch die Fässer zum Tor hinauszukommen. In der Abenddämmerung liefen sie beide so schnell sie konnten Richtung Hohe Straße.
    »Wir sagen es der Gnädigen und dem Herrn besser nicht, Ursel. Wir sagen einfach, die Feier war so langweilig, dass wir gegangen sind.«
    »Ja, wir behaupten, wir seien ganz unhöflich durch den Hinterausgang geschlüpft. Sonst hätte uns ja der Mann gesehen, der immer hinter uns her ist. Und der erzählt ihnen sicher, dass er uns verloren hat.«
    »Ist gut. Wir müssten sonst auch zu viel erklären, nicht wahr?«
    »Richtig. Und wo wir doch übermorgen verreisen, kann uns nichts mehr passieren.«
    Sie hatten auch im Haus Glück, alles war in wildem Packeifer, Koffer und Truhen, Mantelsäcke und Körbe standen im Eingang, Rike rang die Hände, weil irgendein Paar Handschuhe unauffindbar war, die Gnädige gab Jette in der Küche Dutzende von Anweisungen, der Herr war ausgegangen, und Albert wies das Hausmädchen an, wie die Polstermöbel mit Leinenüberzügen zu versehen waren, die er aus der Wäschekammer geholt hatte. Onkel Sven war bereits vor drei Tagen abgereist, und so hasteten sie unbemerkt zu ihren Zimmern hinauf, und Ursel - Lennard war manchmal richtig stolz auf sie - half ihm, seine Kleider wieder in einen ordentlichen Zustand zu bringen, und richtete sich auch selbst her.
    Aber dann stellte sie die Frage, die ihm endgültig die Angstschauer über den Rücken jagte.
    »Lennard, was glaubst du, warum haben die das gemacht? Warum haben die uns in diesen entsetzlichen Keller gebracht?«
    »Vielleicht wissen sie, dass wir sie beobachtet haben.«
    »Ich

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