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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Schokolade trinken, während sie dir zuhören?«
    »Oh, gnädige Frau, danke!« Ursel juchzte gedämpft auf.
    »Lauft und sagt Jette Bescheid.«
    Es war ein selten harmonischer Nachmittag, während der Regen an die Fenster schlug, lauschten die Kinder andächtig Svens Erzählungen. Edith und Leonie, die die Geschichten alle schon mehrmals gehört hatten, zogen sich aber bald in Leonies Boudoir zurück.
    »Das sind tatsächlich sehr aufgeweckte Kinder, die beiden. Genau wie du sie beschrieben hast. Gänzlich anders als Rosalie.«
    »Ja, das kann man wohl sagen.«
    »Sie macht mir Sorgen, Leonie. Sie entwickelt sich leider ungewöhnlich schnell. Stell dir vor, sie hat schon ihr monatliches Unwohlsein bekommen. Ich wünschte, du würdest sie für einige Zeit hier aufnehmen.«
    »Nein.«
    »Nein. Gut. Aber ich gebe zu bedenken, deine Stiefmutter, die endlich in guter Hoffnung ist und sich dabei nicht besonders wohlfühlt, wird jetzt noch weniger auf sie aufpassen als zuvor.«
    »Hoffentlich gebiert sie meinem Vater einen Sohn.«
    »Ja, hoffentlich. Und was ist mit dir, Leonie? Du schreibst zwar über vieles, nicht aber deine Ehe. Bist du glücklich?«
    Leonie lehnte sich auf der Recamiere zurück und legte die bestrumpften Füße auf das Polster. Ja, es war Zeit, endlich einmal ihr Herz auszuschütten. Und Edith, ihre beste Freundin und engste Vertraute, war gerade die Rechte dafür.

    »Ich bin froh, nicht mehr in Bonn leben zu müssen. Es ist eine große Erleichterung, Edith, die Frömmelei nicht täglich vor Augen zu haben. Aber den Erinnerungen kann ich nicht entfliehen, und die Narben sind geblieben.«
    »Hast du deinen Mann über ihre Herkunft aufgeklärt?«
    »Nein. Nein, die Gelegenheit ergab sich bisher nicht. Ich weiß nicht, Edith, was er von mir hält oder denkt, aber wir haben - mh - die Ehe noch immer nicht vollzogen.«
    »Oh!«
    »Ja, ich wundere mich ebenfalls mehr und mehr darüber, aber - sieh, ich bin natürlich außerstande, ihn darauf anzusprechen.«
    »Nein, das kann eine Dame schlechterdings nicht. Könnte es sein, dass er anderweitige Neigungen hat?«
    »Es gibt zumindest kein Getuschel über gegenwärtige Liaisons, nur einen vagen Hinweis auf gebrochene Herzen in Aachen. Nun, dorthin fährt er gelegentlich. Vielleicht …«
    »Vielleicht, aber dann wären die Herzen ja nicht gebrochen, nicht wahr? Ich dachte auch eher an eine gewisse unnatürliche Neigung zu Männern oder Knaben, aber eigentlich sagt mir mein Instinkt, dass das bei ihm nicht der Fall ist.«
    »Ich glaube auch nicht. Erklären könnte ich mir dann sein Verhal- ten nur noch dadurch, dass er vielleicht durch seinen Unfall weitergehende Verletzungen erlitten hat.«
    »Die ihm seine Manneskraft nahmen und zeugungsunfähig machten? Ja, darüber könnte man spekulieren. Aber das zu verschweigen wäre ein Grund, die Ehe aufzulösen. Falls du das möchtest.«
    »Nein. Warum sollte ich? Mir kommt das Arrangement so sehr entgegen. Obwohl - wenigstens eine gelegentlich angedeutete Zuneigung vermisse ich schon. Einmal hat er mir die Hand geküsst, das war bisher die liebevollste Berührung.«
    »Benningsen sah dich sehr bewundernd an. Mit ein wenig Diskretion könntest du Zuneigung und sicher auch Zärtlichkeiten von ihm erhalten.«
    »Was mich auch nur in das Dilemma bringen würde, Dinge zu erklären, die ich nicht erklären möchte.«
    »Auch richtig.«

    Versonnen spielte Leonie mit einer Seidentroddel am Polster.
    »Na, Liebes, da ist doch noch etwas.«
    »Ja, da ist noch etwas. Edith, ich glaube, mein Mann verbirgt mindestens genauso viel vor mir wie ich vor ihm.«
    »Ach ja?«
    »Zum Beispiel die Sache mit der Augenklappe. Er trägt sie fast immer, sogar im Bett. Doch einmal ist sie ihm weggerutscht, und ich habe mir sein Gesicht im Mondlicht angesehen. Es gibt nur eine ganz kleine Narbe über seiner Augenbraue. Einmal, als er einen Albtraum hatte, habe ich ihn aufgeweckt, und er hat mich angesehen. Da schienen seine Augen völlig unversehrt. Wenn er bei dem Unfall - oder wahrscheinlicher war es bei einem Kampf während seiner Soldatenzeit - das Auge verloren hätte, dann müsste er schlimmere Narben tragen.«
    »Nicht unbedingt. Vater sieht man es auch nicht an, dass er auf einem Auge blind ist.«
    »Er trägt auch keine Augenklappe. Ich dachte, die solle bei Mansel die Entstellung verdecken. Aber es gibt keine Entstellung. Und die Klappe selbst, Edith, sieht zwar von außen schwarz und undurchsichtig aus, sie besteht aber aus

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