Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
verwehrt hätten, wollte er nicht untergebracht sein. Er fand keine große Zuneigung zu Gustav Gutermann, mit dem er seit dem unangenehmen Gespräch über Lüning keinen weiteren Kontakt mehr gehabt hatte. Aus einigen Zwischentönen, die ihm bei dem Besuch von Sven und Edith aufgefallen waren, hatte sich auch keine weitere Sympathie entwickelt. Gutermann war ein frömmelnder, kleingeistiger Mensch, der seine eigenen Belange weit über die anderer, auch ihm nahe stehender Menschen stellte. Mansels Verständnis für sein angetrautes Weib wuchs in dem Maße, wie er den Mann einzuschätzen lernte. Sie war tatsächlich nicht so kalt und herzlos, wie er vermutet hatte. Eigentlich war sie sogar sehr liebevoll, zumindest den Kindern gegenüber. Und in der Nacht, als Ursel ins Hospital gekommen war, hatte sie zuerst
so starr und steif neben ihm gelegen, dass er schon fürchtete, eine Nervenkrankheit hätte sie gelähmt. Ab er später war er von ihrem unterdrückten Weinen wach geworden, das sie mit dem Kissen zu ersticken versuchte. Beinahe, ja beinahe hätte er sie in die Arme genommen und sie getröstet.
    Aber er konnte sich zum Glück bezähmen. Es kam nichts Gutes dabei heraus, diese Beziehung zu eng werden zu lassen.
    Obwohl - als er jetzt über den dunklen Münsterplatz schlenderte, um in seinem Gasthaus die Abendmahlzeit zu sich zu nehmen, musste er mit einiger Anstrengung die Gedanken an sie verscheuchen. Es gelang ihm seltsamerweise nicht. Immer wieder schlich sich ihr Bild in seine Gedanken. Sie hatte sich in den letzten Monaten verändert. Ein großer Kenner der Damenmoden war er nicht, aber irgendetwas hatte sie mit ihren Kleidern angestellt. Zumindest deuteten das die Schneiderinnenrechnungen an, die in den letzten Wochen auf seinen Tisch flatterten. Nichts Großes, das es zu erwähnen galt, hier einen Aufputz, da eine Änderung, dort einen Kragen, einen Überwurf. Auf jeden Fall wirkte sie nicht mehr so sehr wie das sitzen gebliebene Mauerblümchen, als das er sie kennengelernt hatte. Es war sogar manchmal ausgesprochen amüsant, sich mit ihr zu unterhalten. Sie hatte einen kleinen, übermütigen Sinn fürs Lächerliche entwickelt, den er ganz charmant fand.
    Nein, er wollte sich doch auf die Speisenfolge konzentrieren, und als der Ober die Bestellung aufgenommen hatte, gönnte er sich einen kräftigen Schluck von dem würzigen Bier, das in diesem Hause ausgeschenkt wurde.
    Besonders beeindruckt hatte sie ihn mit ihren mechanischen Fertigkeiten. Tatsächlich hatte sie nicht nur diese komische Aufziehmaus für die Kinder zustande gebracht, nein, er hatte sie auch an einem Nachmittag dabei angetroffen, wie sie die Pendeluhr im Speisezimmer fachgerecht zerlegt und gereinigt hatte. Ursel und Lennard hatten fasziniert dabei gesessen und ihren Erklärungen gelauscht.
    Jette hatte sich bitterlich über die Unordnung beschwert, und er hatte gelacht.
    Sie hatte auch etwas mit ihren Haaren angestellt, fiel ihm plötzlich ein. Der strenge Knoten war verschwunden, und irgendwie lockten sie sich jetzt gefälliger um ihr Gesicht.

    Ein hübsches Gesicht war es, das vor seinem inneren Auge auftauchte.
    Weg damit!, befahl er sich und faltetet die Serviette auseinander, denn man servierte ihm die Vorsuppe.
    »Hendryk, mein Alter, darf ich mich zu dir setzen?«
    Erstaunt sah er auf. Leutnant von Benningsen stand neben seinem Tisch und grinste in sein verdutztes Gesicht.
    »Aber natürlich. Nimm Platz, Ernst. Was treibt dich nach Bonn?«
    »Kurierdienste. Die königliche Entscheidung betrifft auch das Militär, wie du weißt. Bin heute Nachmittag angekommen und habe keine Lust, durch die kalte Dezembernacht zurückzureiten.«
    »Und was lässt dich die Annehmlichkeiten des Offizierscasinos der Ulanen verschmähen?«
    »Der kleine Hinweis deiner Gattin, ich könne dich hier finden. Ich soll dir Grüße ausrichten.«
    »Ah, danke!«
    Auch Ernst bestellte sich ein Essen und ein Bier, und beide betrieben eine Weile freundschaftliche Konversation, während sie sich stärkten. Doch als die Teller abgeräumt waren, die Weinkaraffe auf dem Tisch stand und beide sich an dünnen Zigarren erquickten, lehnte der Leutnant sich vor.
    »Es ist ganz gut, dass wir uns außerhalb treffen, mein Lieber.«
    »Ist etwas geschehen?«
    »Unterirdisches Gemunkel bei den Ulanen. Ich habe etwas die Ohren gespitzt. Dieser Corporal, von demich dir vor einiger Zeit berichtete, ist auf dich aufmerksam geworden.«
    »Der von der Legion?«
    »Genau, Gerhard

Weitere Kostenlose Bücher