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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Im Ankleidezimmer des Herrn, nehme ich an.«
    »Ja, gnädige Frau.«
    In dem Raum gab es einen eingebauten Wandschrank, wie auch in ihrem Boudoir, der im unteren Bereich einige tiefe Laden hatte. Ursel hatte eine davon schon leer geräumt und aufgezogen. Das hintere Brett hatte sich gelöst und war heruntergefallen, was erklärte, wie der Junge dahintergerutscht war.
    »Expeditionsleiter an Forscher, wie ist die Lage in der Höhle?«, fragte Leonie in das Dunkel des Schrankes. Ein weiteres Kichern antwortete ihr und dann die ordentliche Meldung: »Man kann aufrecht stehen, es gibt Spinnweben, aber genügend Luft zum Atmen. Verletzte hat es nicht gegeben.«
    »Nun, dann wirst du noch einige Minuten überleben können, sofern es sich bei den Spinnen nicht um giftige Taranteln handelt.«
    »Ziemlich vertrocknete Taranteln, gnädige Frau. Und ich habe auch schon weitere Erkundungen durchgeführt. Ich fühle hier Scharniere an der Rückwand des Schrankes. Etwa dort, wo die Paletots
des Herren hängen. Es scheint eine Tür zu geben, die man von vorne öffnen kann.«
    »Das wird einfacher zu sein, als den Ausstieg durch die wackeligen Laden zu wählen. Einen Moment, junger Forscher!«
    Leonie öffnete die Schranktüren, fand eine ganze Reihe sehr ordentlich aufgehängter Überröcke, Fracks, Westen und Überzieher, wie alles, was ihr Gatte trug, von ausgezeichneter Qualität und Machart. Dem dumpfen Klopfen folgend entdeckte sie dann auch an der Rückwand die Tür. Sie hatte ein Schloss. Sie zog daran, aber es war versperrt.
    »Ich fürchte, wir haben es hier mit einem Hindernis zu tun, junger Höhlenforscher. Reichen die Vorräte noch für eine gewisse Zeit, damit ich das Schloss öffnen kann?«
    »Es wird schon knapp, der Hungertod ist nahe!«
    »Nun, dann werde ich mich sputen müssen. Weißt du, wo der Herr die Schlüssel zu diesem Schrank hat?«
    »Nein, gnädige Frau. Der ist nie abgeschlossen.«
    Leonie wunderte sich nur wenig über die Tatsache, dass es offenbar einen Hohlraum hinter dem Schrank gab. Der Konstrukteur des Möbels mochte seine Gründe haben, ihn nicht ganz an die Wand zu bauen, vielleicht gab es Rohre oder Kaminschächte dahinter. Und ein einfaches Schloss wie das, was an der Tür angebracht war, konnte für eine versierte Feinmechanikerin keine Herausforderung ausmachen.
    »Ursel, meine Werkzeugtasche.«
    »Bin schon unterwegs!«
    Sie nahm einige Jacken heraus und legte sie über den Sessel, schob die anderen Bügel zusammen und zündete ein Handlämpchen an. Von Ursel ließ sie sich verschiedene Werkzeuge reichen, und nach wenigen Minuten sprang die Tür auf.
    »Gerettet, Freunde!«, rief Lennard seinen vermeintlichen Kameraden zu. »Ein Hurra für unsere Retterin!«
    Ursel mimte die Gefolgschaft und stimmte pflichtschuldigst in das Hurra mit ein.
    »Schön und gut, ihr Rabauken. Ist das Gold gesichert?«
    Stolz zeigte Lenard die Krawattennadel vor, die das Abenteuer ausgelöst hatte.

    »Da ist aber noch mehr hinten, gnädige Frau.«
    »Mehr Gold?«
    »Nein, eher Staub und ein alter Koffer und Akten. Und eine Kassette aus Eisen. Sehr schwer.«
    »Diese Schätze werden wir zunächst ungehoben lassen. Und ich denke, wir sollten dem Besitzer dieser Höhle auch nicht allzu viel von diesem gefährlichen Ausflug schildern. Wer weiß, welchen Fluch wir dann wecken!«
    Begeistert gingen die Zwillinge auf das Spiel ein, halfen Leonie dabei aber eifrig, alles wieder an seinen Platz zu räumen.
     
    Allerdings hatte das Erlebnis die unangenehme Eigenschaft entwickelt, sich in Leonies Gedanken festzufressen, und je weiter der Tag fortschritt, desto häufiger stellte sich ihr die Frage, was ihr Gatte wohl in dem geheimen Raum verbarg. Er war am Morgen nach Bonn aufgebrochen und würde erst am nächsten Tag zurückkehren. Und als sie sich abends ins Schlafzimmer zurückzog, konnte selbst die Warnung vor den Schrecken von Blaubarts Kammer sie nicht mehr davon abhalten, doch noch einmal dort nachzuschauen.
    So machte sie sich also zum zweiten Mal an diesem Tag an dem Schloss zu schaffen und trat, mit einer hellen Lampe in der Hand, durch die Tür in den hinteren Schrankraum.
    Ein großer Koffer stand da, was nicht ungewöhnlich war. Irgendwo mussten Gepäckstücke ja untergebracht werden. Auf ihm aber stand eine Reihe Akten, auf denen Jahreszahlen standen. Sie schlug den aktuellsten Band auf.
    Ein Brief war als oberstes abgeheftet, der das Datum vom November des vergangen Jahres trug. Mansels Schrift notierte

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