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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Schweinehund!

    Ob das Kind überlebt hatte? Vermutlich nicht. Diese Operation war auch für das Kind nicht gefahrlos gewesen.
    Herrgott, sie hatte eine ungewollte Schwangerschaft unter vermutlich demütigendsten Bedingungen durchgemacht, einen entsetzlichen Eingriff überstanden und ihr Kind verloren. Er hörte noch ihre trockenen Worte im Botanischen Garten, als er ihr vorgeworfen hatte, sie kenne weder Mütterlichkeit noch Mutterliebe: »Damit haben Sie wohl Recht, Herr Mansel, diese Regungen sind mir fremd.«
    Ja, unter diesen Umständen durften sie ihr wohl fremd sein. Umso höher aber musste man ihr ihre Fürsorge und Zuneigung zu den Zwillingen anrechnen. Noch etwas verstand er mit einem Mal - ih- re Sprödigkeit entwuchs nicht einer übertriebenen Prüderie, sondern mit Sicherheit dem Wunsch, eine weitere Geburt eines Kindes auf jeden Fall zu vermeiden.
    Und dann keimte ein zweiter Gedanke in ihm, und der fragte sich mit seidiger Stimme: »Ob sie den Vater des Kindes wohl geliebt hat?«
    Wenn das der Fall war, antwortete er grimmig dieser Stimme, dann hatte sie zu allem anderen auch noch einen Geliebten verloren. Er verspürte nichts als Mitleid mit ihr, die Idee, er könne als betrogener Ehemann dastehen, streifte ihn noch nicht einmal.
    »Arme Leonie!«, flüsterte er und dachte an die Türen zu finsteren Räumen, die man besser nicht aufstieß. Unwissentlich hatte er eine weitere geöffnet, und die Dunkelheit dahinter erstickte ihn fast.
    Er hörte die Tür oben zugehen und ihre Schritte auf der Treppe. Mit Anstrengung riss er sich zusammen. Sie hatte ihn nie auf das angesprochen, was Sven ihr über Hendryk Mansel berichtet hatte, er würde sie nie, das schwor er sich, nie auf diese Narbe ansprechen.
    »Herr Mansel, Sie hier um diese Zeit? Ist etwas passiert? Oh, sind Sie gestürzt? Sie sind ja völlig durchweicht!«
    »Ein hirnloser Droschkenkutscher befand, es sei für mich an der Zeit für eine kalte Dusche«, knurrte er.
    »Dann würde ich Ihnen raten, sollten Sie zufällig einmal darauf angewiesen sein, mit ihm zu fahren, mit dem Trinkgeld etwas zu knausern.«
    »Sollte das der Fall sein, werde ich ihn mit einer rechten Geraden niederstrecken.«

    »Tatsächlich bin ich froh, Herr Mansel, dass Sie Lennard mit in den Boxklub genommen haben, sodass er mir die dort geläufigen Termini technici erklären konnte.«
    Ihm gelang ein kleines Lächeln.
    »Wie weit sind Sie mit der Technik des Zweifingerpfeifens gekommen, Madame? - sollte ich an dieser Stelle doch einmal nachfragen.«
    »Ich werde es Ihnen an diesem Ort nicht vorführen. Im Übrigen mögen ja das Kaminfeuer und der Alkohol wärmend wirken, die Akkuratesse Ihrer Kleidung stellt beides allerdings nicht wieder her.«
    »Da stimme ich Ihnen zu, doch hieß es, Sie nähmen ein Bad, und da wollte ich nicht stören.«
    »Ich weiß Ihre Rücksichtnahme zu schätzen, aber jetzt sollten Sie wirklich schleunigst die Wäsche wechseln, sonst erkälten Sie sich.«
    Er hatte sich schnell umgezogen und fand sie am Klavier, eine Beethovensonate üben. Sie unterbrach ihr Spiel, als er eintrat.
    Er fragte: »Wären Sie gegebenenfalls gewillt, mit mir den kurzen Weg zu Müllers Caféhaus zu machen und sich dort zu einem Stück Torte verleiten zu lassen?«
    Die Arbeiten im Büro waren ihm inzwischen vollkommen gleichgültig geworden. Eine ganze Reihe anderer, wesentlich brisanterer Dinge auch. Das Einzige, das ihm wirklich wichtig erschien, war, seine Gattin glücklich zu sehen.
    »Ja … ich weiß nicht recht. Meine Haare …«
    Sie trug ein cremeweißes Hauskleid, wie all ihre Kleider sehr schlicht und nur mit einigen beigen Paspeln verziert. Ihre Locken ringelten sich noch ein wenig feucht unter einem Nichts von Spitzenhäubchen, und ihre goldbraunen Augen sahen ihn ein klein wenig überrascht an.
    »Ich weiß, es ist ein Schmuddelwetter, wir können es auf einen anderen Tag verschieben, aber dann lassen Sie uns hier Kaffee trinken. Ich möchte mit Ihnen reden, Leonie.«
    »Oh. Nun ja, wenn Sie es wünschen!«
    Sie war wieder spröde geworden, klingelte aber nach Jette.
    »Was möchten Sie mit mir bereden, Herr Mansel?«, fragte sie, als Kaffee, delikate kleine Kekse und Marmelade serviert worden waren.

    »Ich möchte Sie, auch wenn ich weiß, dass die Umstände es für Sie schwer machen, bitten, mir zu vertrauen. Es ist eine völlig unbescheidene Bitte, Leonie, doch mir liegt unendlich viel daran, mit Ihnen in Freundschaft zu leben. Die letzten Wochen waren Sie

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