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Die ungehorsame Tochter

Die ungehorsame Tochter

Titel: Die ungehorsame Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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beharrlich, Berno Steuer, der Sohn des Korbflechters am Altonaer Pötgergang, sei der Schuldige. Der habe
     Anna geliebt, sie ihn darum verlacht und so sei es eben geschehen. Er habe den Schmuck von ihm und sich selbst nichts zuschulden
     kommen lassen, als über sein Mitwissen geschwiegen zu haben. Aus alter Freundschaft. Er bereue das tief und wolle dafür büßen.
     Er sei sogar bereit, sich nach den amerikanischen Kolonien verkaufenund deportieren zu lassen, wie es neuerdings in einigen Städten mit Verurteilten geschehe.
    «Und?», unterbrach Claes Wagners hastende Rede. «Habt Ihr diesen Benno Dingsbums gefunden? Und befragt?»
    «Berno, Monsieur Herrmanns. Berno Steuer. Ich musste ihn nicht finden. Das hatten die Lotsen schon getan. Sie brachten ihn
     in die Fronerei, im Gegensatz zu Luther noch mit allen Zähnen. Polizeimeister Proovt und sein Knecht kamen gleich darauf.
     Es war alles gelogen.»
    «Was, Wagner, war gelogen?»
    «Alles. Steuer war es nicht. Es war Luther. Sehr wahrscheinlich jedenfalls, wie ich schon sagte. Steuer hat Glück gehabt.
     Reines Glück.»
    Schnell berichtete Wagner, dass der Korbflechterssohn, wie Luther Aushilfe beim Hafeninspektor, die Tat sofort gestand. Obwohl
     er sich an nichts erinnerte. Er sei betrunken gewesen in jener Nacht, sinnlos betrunken, er konnte sich nicht erinnern, die
     Schenke
Zum Weißen Wal
, in der er mit Luther gesessen und getrunken hatte, verlassen zu haben. Und doch habe er am nächsten Morgen Annas Kettenschmuck
     in seiner Tasche gefunden. Auch habe Luther gesagt, er, Berno, sei einmal zum Abtritt im Hof gegangen und sehr lange, ganz
     gewiss lange genug, fortgeblieben. Es gebe deshalb keine andere Möglichkeit, auch wenn er sich nicht erinnere und nicht glauben
     könne, jemals etwas so Schreckliches zu tun,
müsse
er es gewesen sein, der das Mädchen   …
    «Da versagte ihm die Stimme, und er brach weinend zusammen. Ganz umsonst», schloss Wagner, «ganz und gar umsonst, denn Proovts
     Knecht, der bei der Befragung dabeistand, sagte, das könne nicht stimmen.»
    Auch der hatte in dieser Nacht im
Weißen Wal
gehockt, allerdings nicht im Geringsten betrunken, und bezeugte, dass Berno wohl einmal im Hof auf dem Abtritt gewesen war,
     aber nur kurz, und er selbst hatte ihn, der tatsächlich völlig betrunken war, wieder in die Schenke zurückgebracht. Der Polizeiknecht
     hatte den ganzen Abend mit dem Bräutigam seiner Schwester am Nebentisch gesessen, jeder von Bernos Kumpanen, der hinauswollte,
     musste sich an ihm vorbeidrücken. Berno verschwand kein zweites Mal, schon gar nicht für längere Zeit. Luther hingegen, erklärte
     er dann, sehr wohl. Der sei nicht sehr betrunken gewesen, tatsächlich habe er den Eindruck gehabt, der habe überhaupt nur
     so getan.
    Nicht Berno, sondern Luther war also an diesem Abend für einige Zeit verschwunden, während Berno schon sternhagelvoll mit
     dem Kopf auf dem Tisch lag und leise vor sich hin schnarchte.
    An dieser Stelle begriff Samuel Luther, dass leugnen nicht mehr half, und er gestand. Nur ein klein wenig hatte Wagner Luthers
     auf der Galiot wundersamerweise gebrochene Finger der rechten Hand tätscheln müssen. Er gab schließlich auch zu, dass er Berno
     Steuer den Schmuck in die Joppe geschoben hatte, als sie auf dem Heimweg nur knapp der Nachtwache entkamen.
    «Donnerwetter», sagte Claes, «so ein Dreckskerl. Bringt ein Mädchen um und schiebt die Tat auch noch seinem Freund in die
     Schuhe.»
    «Warum hat er sie umgebracht?», fragte Christian, und Claes fragte: «Ja, warum? Und was hat das alles nun mit Rosina zu tun?»
    «Warum? Gewiss nicht, weil sie ihm zufällig über den Weg gelaufen ist. Er hat sie bis in diese dunkle Ecke verfolgtund es dann getan, weil er dafür bezahlt wurde. Allerdings war er dumm genug, der Falschen zu folgen. Er hat sie verwechselt.
     Bezahlt wurde er dafür, Mademoiselle Rosina zu töten. Und wenn wir uns nicht sehr beeilen, tut das nun jemand anderes. Wenn
     er es noch nicht getan hat.»
     
    Matthias Paulung sah aus, als habe er schon Monate im Kerker verbracht. Sie hatten ihm wohl an jedem Morgen Wasser gegeben,
     damit er sich wasche, aber nicht viel und auch kein Rasiermesser. Er trug noch die Kleider, in denen der Polizei- und der
     Weddemeister ihn in die Fronerei gebracht hatten. Zuerst hatten der Gestank und die Läuse ihn gequält, aber inzwischen waren
     ihm diese Dinge gleichgültig geworden. Er hockte Stunde um Stunde auf dem Strohsack in einer Ecke

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