Die Ungetroesteten
Jawohl, in den Zoo! Können Sie sich das vorstellen? Nach all den Jahren! Und das hat Mr. Brodsky auch wirklich verdient, das haben wir beide sofort gesagt. Jawohl, Miss Collins sollte bei ihrer Ankunft dort sein, sie sollte an einem vereinbarten Platz auf sie warten, und die offizielle Gesellschaft würde ihr wie zufällig begegnen, und sie würde mit Mr. Brodsky ins Gespräch kommen. Es ist alles arrangiert worden. Können Sie sich das vorstellen? Sie würden sich nach all dieser Zeit begegnen und miteinander reden! Wir haben gesagt, wir hätten vollstes Verständnis dafür, wenn unser Treffen ein wenig abgekürzt würde, aber Herr von Braun war so nett zu uns, ganz offensichtlich hatte er Gewissensbisse deswegen, und er hat zu uns gesagt: ›Wieso kommen die Damen eigentlich nicht mit in den Zoo? Ich kann Sie nicht gut bitten, sich der offiziellen Gesellschaft anzuschließen, aber Sie könnten vielleicht aus einiger Entfernung zuschauen.‹ Wir antworteten, daß wir außerordentlich entzückt wären. Und da hat er dann zu uns gesagt: ›Natürlich, wenn Sie meinem Vorschlag folgen, werden Sie nicht nur einen flüchtigen Eindruck von Mr. Brodskys Treffen mit seiner Frau nach all diesen Jahren bekommen, Sie werden‹ – und an dieser Stelle machte er eine Pause, stimmt es nicht, Trude, er machte eine Pause, und dann sagte er so ruhig und beherrscht, wie Sie sich das nur vorstellen können -, ›Sie werden auch Mr. Ryder ganz aus der Nähe sehen können, der sich freundlicherweise bereit erklärt hat, sich der offiziellen Gesellschaft anzuschließen. Und wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt, aber dafür kann ich natürlich nicht garantieren, werde ich den Damen ein Zeichen geben und Sie dann beide mit ihm bekannt machen.‹ Wir waren völlig verblüfft! Aber natürlich, als wir hinterher auf dem Nachhauseweg darüber nachdachten, gerade eben noch haben wir wieder darüber gesprochen, wenn man es richtig bedenkt, ist es gar nicht so erstaunlich. Schließlich haben wir es in den vergangenen Jahren weit gebracht, da waren die Flaggen für die Leute aus Peking, und all die Mühe, die wir uns mit den Sandwiches für das Henri-Ledoux-Essen gemacht haben...«
»Das Pekinger Ballett, ja, das war wirklich der Wendepunkt«, warf Trude ein.
»Ja, das war der Wendepunkt. Aber ich glaube, wir haben uns nie richtig Zeit genommen, darüber nachzudenken, wir haben einfach mit allem so weitergemacht, haben hart gearbeitet, wir haben wahrscheinlich nie begriffen, wie sehr wir in der Achtung der Leute gestiegen sind. Die Wahrheit ist, um ganz ehrlich zu sein, daß wir inzwischen ein wirklich bedeutender Teil des Lebens dieser Stadt geworden sind. Es ist höchste Zeit, daß wir das begreifen. Sehen wir es doch so, wie es ist, deshalb hat Herr von Braun auch uns persönlich in sein Büro eingeladen, deshalb hat er das alles vorgeschlagen, was er heute vorgeschlagen hat. ›Und wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt, stelle ich Sie beide ihm vor.‹ Das hat er doch gesagt, oder, Trude? ›Ich weiß, Mr. Ryder wird entzückt sein, Sie beide kennenzulernen, zumal Sie ja seine Eltern betreuen werden, eine Sache, die ihm wirklich sehr am Herzen liegt.‹ Natürlich haben wir immer schon gesagt, stimmt es nicht, daß wir, wenn man uns erst einmal diese Aufgabe anvertraut, auch die Chance haben werden, Mr. Ryder vorgestellt zu werden. Aber wir hatten nicht damit gerechnet, daß es schon so bald passiert, und deshalb sind wir so aufgeregt gewesen. Fiona, was ist denn los, Liebes?«
Neben mir war Fiona unruhig hin und her gerückt und hatte versucht, Inges Wortstrom zu unterbrechen. Als Inge nun schwieg, kniff mich Fiona in den Arm und warf mir einen Blick zu, als wollte sie sagen: »Jetzt! Das ist der richtige Moment!« Leider war ich von dem Treppensteigen immer noch etwas außer Atem, und womöglich ließ mich das zögern. Jedenfalls kam es zu einem peinlichen Moment, während alle drei Frauen mich anstarrten. Als ich immer noch nichts sagte, fuhr Inge dann fort:
»Also, wenn Sie nichts dagegen haben, Fiona, möchte ich das, was ich zu sagen habe, noch zu Ende bringen. Ich bin überzeugt, Sie haben uns viele interessante Dinge zu erzählen, meine Liebe, und wir sind sehr begierig, sie zu hören. Zweifellos hatten Sie wieder einen hochinteressanten Tag in Ihren Straßenbahnen, während wir im Stadtzentrum unterwegs waren in all den Angelegenheiten, über die ich gerade berichten will; also wenn Sie sich noch eine Minute
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