Die Ungetroesteten

Hoffman?«
    »Ich meine die Sache mit den Sammelmappen meiner Frau. Vielleicht erinnern Sie sich daran, daß ich Ihnen davon erzählt habe, als wir uns kennenlernten. Meine Frau ist seit so vielen Jahren schon eine glühende Verehrerin von Ihnen...«
    »Ja, natürlich, ich erinnere mich sehr gut. Sie hat einige Sammelmappen mit Zeitungsausschnitten meine Karriere betreffend angelegt. Nein, nein, ich habe das nicht vergessen. Tatsächlich habe ich mich während all dieser geschäftigen Angelegenheiten gerade darauf sehr gefreut.«
    »Sie hat das alles mit glühendem Eifer betrieben, Mr. Ryder. Über viele Jahre hinweg. Zuweilen hat sie sich wirklich große Mühe gemacht, sich gewisse alte Ausgaben von Zeitungen oder Zeitschriften zu beschaffen, die wichtige Artikel über Sie enthielten. Tatsächlich war es höchst bemerkenswert, Mr. Ryder, ihren ganzen Eifer mitzuerleben. Es würde ihr wirklich so viel bedeuten...«
    »Glauben Sie mir, Mr. Hoffman, ich habe ganz bestimmt vor, mir die Mappen so bald wie möglich anzusehen. Wie gesagt, ich freue mich schon sehr darauf. Aber jetzt würde ich es sehr begrüßen, wenn wir die Gelegenheit nutzen und über gewisse, nun ja, gewisse Aspekte des heutigen Abends reden könnten.«
    »Wie Sie wünschen, Mr. Ryder. Aber ich kann Ihnen versichern, daß wir alles fabelhaft im Griff haben. Es gibt nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müßten.«
    »Ja, ja, das glaube ich gern. Aber da die Veranstaltung so unmittelbar bevorsteht, wäre es vielleicht trotzdem ganz vernünftig, uns in Gedanken etwas darauf einzustellen. Da ist zum Beispiel die Sache mit meinen Eltern, Mr. Hoffman. Wenn ich auch vollstes Vertrauen zu den Menschen dieser Stadt habe und überzeugt davon bin, daß sie sich ihrer sehr gut annehmen werden, bleibt doch die Tatsache bestehen, daß die Gesundheit der beiden recht angegriffen ist, und deshalb würde ich es sehr zu schätzen wissen...«
    »Aber ja, natürlich, das verstehe ich vollkommen. Ich finde es übrigens, gestatten Sie mir die Bemerkung, ganz rührend, daß Sie sich so um Ihre Eltern sorgen. Es freut mich außerordentlich, Ihnen versichern zu können, daß gründlichste Vorbereitungen getroffen wurden, damit es Ihre Eltern jederzeit auch wirklich bequem haben. Eine Gruppe sehr charmanter und fähiger Damen hier aus der Stadt ist dazu eingeteilt worden, sich während der Dauer ihres Aufenthaltes hier um Ihre Eltern zu kümmern. Und was nun die Veranstaltung heute abend betrifft, so haben wir etwas ganz Besonderes für sie geplant, ein glanzvolles Spektakel, von dem ich annehme, daß es Ihnen gefallen wird. Wie Sie ja sicher wissen, ist die Firma der Gebrüder Seeler hier in der Stadt bereits seit zweihundert Jahren berühmt für den Bau von Kutschen, und früher haben sie viele vornehme Kunden beliefert, sogar im Ausland, etwa in Frankreich und in England. Hier in der Stadt finden sich immer noch einige herrliche Beispiele der Kunst der Gebrüder Seeler, und ich habe mir gedacht, daß Ihre Eltern heute abend gern in einem besonders edlen Exemplar vorfahren würden, und für die Gelegenheit haben wir ein Paar prächtige Vollblüter ausgewählt. Vielleicht können Sie sich die Szene vorstellen, Mr. Ryder. Um diese Abendstunde wird die Lichtung vor dem Konzertsaal hell erstrahlen, und all die führenden Persönlichkeiten unserer Gemeinde werden dort versammelt sein, sie werden lachen und einander begrüßen, alle werden höchst elegant gekleidet sein, und die Luft wird vor Aufregung flirren. Mit dem Wagen kann man die Lichtung natürlich nicht erreichen, also werden die Leute zu Fuß durch die Bäume auf das Haus zukommen. Und wenn sich erst einmal eine ausreichend große Menschenmenge vor dem Saal versammelt hat – können Sie sich das vorstellen, Mr. Ryder -, wird aus dem Dunkel der Wälder das Geräusch der sich nähernden Pferde dringen. Die Damen und Herren werden ihre Gespräche unterbrechen und sich umdrehen. Das Geklapper der Hufe wird lauter, und die Kutsche nähert sich mehr und mehr dem Lichtkegel. Und dann werden sie ins Blickfeld preschen, diese prachtvollen Pferde, der Kutscher in Frack und Zylinder, die funkelnde Kutsche der Gebrüder Seeler, in der Ihre so zauberhaften Eltern sitzen! Können Sie sich die Aufregung, die freudige Erwartung vorstellen, die in dem Augenblick durch die Menge gehen wird? Natürlich müssen Ihre Eltern nicht lange mit der Kutsche fahren. Nur über die große Allee durch den Wald. Und ich kann Ihnen versichern, die