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Die Ungetroesteten

Titel: Die Ungetroesteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kazuo Ishiguro
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erwiderte er unsicher und griff zum Telefonhörer. Einen Augenblick später war die Verbindung hergestellt.
    »Gustav? Gustav, es tut mir sehr leid. Hier ist Walter. Ja, ja, tut mir leid, daß ich Sie wecke. Ja, ich weiß, tut mir wirklich leid. Aber hören Sie bitte. Mr. Ryder ist gerade zurückgekommen. Er hat Ihren Enkel bei sich.«
    Danach hörte der Angestellte eine ganze Weile nur zu und nickte von Zeit zu Zeit. Dann legte er wieder auf und lächelte mich an.
    »Er kommt sofort herunter. Er sagt, er wird sich um alles kümmern.«
    »Wunderbar.«
    »Sie müssen sehr müde sein, Mr. Ryder.«
    »Ja, das bin ich wirklich. Es war ein sehr anstrengender Tag. Aber ich glaube, da gibt es noch einen Termin, den ich wahrnehmen muß. Es müßten einige Reporter hier auf mich warten.«
    »Ach ja, die Reporter. Die sind vor ungefähr einer Stunde wieder gegangen. Sie wollen einen neuen Termin vereinbaren. Ich habe vorgeschlagen, daß sie sich direkt an Fräulein Stratmann wenden, so daß Sie damit nicht behelligt werden. Also, Sie sehen wirklich sehr müde aus. Sie sollten sich jetzt um all diese Dinge keine Sorgen mehr machen und zu Bett gehen.«
    »Ja, das sollte ich wohl. Hhm. Die sind also gegangen. Erst kommen sie zu früh, und dann gehen sie einfach wieder.«
    »Ja, wirklich sehr ärgerlich. Aber wenn Sie mich fragen, Mr. Ryder, sollten Sie jetzt zu Bett gehen und sich ausschlafen. Sie sollten sich darüber wirklich keine Sorgen mehr machen. Ich bin fest davon überzeugt, daß alles bestens geregelt wird.«
    Ich war dem Angestellten dankbar für diese tröstlichen Worte, und tatsächlich verspürte ich das erste Mal seit vielen Stunden ein Gefühl der Entspannung. Ich stützte die Ellenbogen auf den Empfangstisch, und für einen Moment nickte ich im Stehen ein. Aber ich schlief nicht richtig, denn die ganze Zeit über war ich mir bewußt, daß Boris seinen Kopf schwer an meine Seite gelehnt hatte, und ich hörte die Stimme des Angestellten in demselben beruhigenden Tonfall direkt vor meinem Gesicht.
    »Gustav wird gleich hier sein«, sagte er, »und er wird sich darum kümmern, daß Ihr Junge gut untergebracht wird. Es gibt wirklich keinen Grund mehr, sich Sorgen zu machen. Und Fräulein Stratmann kennen wir hier im Hotel schon so lange. Eine wirklich sehr tüchtige Frau. Sie hat sich im Laufe der Jahre um die Angelegenheiten vieler prominenter Gäste gekümmert, und alle waren sie hundertprozentig beeindruckt von ihr. Fehler gibt es bei ihr einfach nicht. Also können Sie die Sache mit den Reportern beruhigt ihr überlassen, da wird es schon keine Probleme geben. Und was Boris betrifft, so werden wir ihn in einem Zimmer genau Ihnen gegenüber unterbringen. Morgens hat er von da eine herrliche Aussicht, die ihm bestimmt gefallen wird. Also, Mr. Ryder, ich finde wirklich, Sie sollten sich jetzt schlafen legen. Heute können Sie bestimmt nichts mehr erreichen. Und wenn ich mir einen Vorschlag erlauben dürfte: Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie Boris in der Obhut seines Großvaters lassen, sobald Sie alle nach oben gegangen sind. Gustav wird jeden Moment hier sein, er zieht nur noch seine Uniform an, das wird ihn noch ein wenig aufhalten. Aber bald wird er in all seinem Glanz dastehen, das ist Gustav, wie er leibt und lebt, in tadelloser Uniform, alles picobello. Wenn er kommt, müssen Sie ihn einfach nur dazu bringen, daß er sich sofort um alles kümmert. Er macht, so schnell er kann. Er wird jetzt in diesem Moment gerade dabei sein, sich die Schnürsenkel zuzubinden und dabei auf dem Rand seines kleinen Bettes sitzen. Er wird jetzt jeden Moment fertig sein, er wird aufspringen, obwohl er aufpassen muß, daß er sich dabei nicht den Kopf an den Deckenbalken stößt. Jetzt kämmt er noch schnell seine Haare durch, und dann ist er auch schon auf dem Korridor. Ja, jeden Moment wird er hier sein, und dann gehen Sie einfach in Ihr Zimmer, schalten ein bißchen ab und schlafen sich einmal tüchtig aus. Ich würde Ihnen einen kleinen Schlummertrunk empfehlen, einen der Spezialcocktails, die schon fertig gemixt in Ihrer Minibar stehen. Die sind wirklich ausgezeichnet. Oder vielleicht möchten Sie sich lieber ein heißes Getränk heraufbringen lassen. Und Sie könnten das Radio anmachen und ein wenig entspannende Musik hören. Abends um diese Zeit sendet ein Kanal aus Stockholm nur ruhigen Mitternachts-Jazz, wirklich sehr entspannend; den Sender höre ich selber oft, um ein bißchen abzuschalten. Oder wenn Sie richtig

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