Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)
sehr fortschrittliches Land.«
»Sie haben also all diesen Menschen, die fordern, dass die Freaks freigelassen werden, nichts zu sagen?«
»Doch. Vier Wörter möchte ich ihnen sagen«, sagte Captain Hoseason mit einem Grinsen. » Nur über meine Leiche. Und ich habe letzte Woche in Toronto ein großartiges neues Exemplar gefunden. Ein hochinteressanter kleiner Junge. Er weigert sich, dem Gesetz der Schwerkraft zu gehorchen.«
»Kleine Jungen sind manchmal sehr ungehorsam!«, rief eine Mutter hinter der Absperrung. Sie schaute auf ihren Sohn hinunter, der wütend zu ihr hinaufschaute. »Sie können eine richtige Pest sein.«
»Da haben Sie recht, Madam«, sagte Captain Hoseason. »Ja, da haben Sie wirklich recht. Aber zum Glück befindet sich dieser Junge nun in einem Käfig, das heißt, die Öffentlichkeit ist in keiner Weise durch ihn bedroht. Und für nur hundert Ihrer abgewerteten irischen Euros können Sie ihn sehen, an vier Abenden in Ihrer Hauptstadt, in Dublin, und dann noch an drei Abenden in Skibereen in der Volksrepublik Cork. Die Details entnehmen Sie bitte der Tagespresse. Bis dahin, meine Damen und Herren, wünsche ich Ihnen allen einen schönen Tag.«
Und mit diesen Worten begab er sich zu einem Lastwagen, auf den gerade der letzte der Freaks-Käfige aufgeladen wurde – aber bevor er einsteigen konnte, kam ein älterer Mann angerannt, um ihm die Hand zu geben. Der Mann umarmte den Captain dann so fest, dass drei Gardaí nötig waren, um ihn zu befreien. Ein wenig durchgeschüttelt strich Captain Hoseason seinen Anzug glatt und ließ sich dann in den Dubliner Nachmittag fahren.
»So wie es klang, waren da hinten einige Leute auf unserer Seite«, sagte Francis, währen der Lastwagen durch die Stadt bretterte.
»Sie können uns nicht retten«, seufzte Liam. »Niemand kann uns retten.«
»Dieser Mann ist ein Monster«, sagte Delilah.
»Tyrann widerlicher ein«, fügte Felicia hinzu.
Eine halbe Stunde später hielt der Lastwagen an, und die hinteren Türen wurden aufgerissen. Ein ganzes Team von Männern erwartete sie, alle trugen knallrote Polohemden und gelbe Khakihosen. Sie schleppten die Käfige in einen speziell für sie errichteten Wohncontainer, wo sie jeden Freak neugierig inspizierten – vor allem Jeremy, den Jungen mit den Flossen.
»Du bist garantiert ein erstklassiger Schwimmer, oder?«, fragte einer der Männer.
»Ihre Bemerkung ist erstens unsensibel und zweitens dumm«, erwiderte Jeremy.
»Und du musst der Neue sein«, sagte ein anderer Mann, als er Barnaby oben in seinem Käfig schweben sah. »Man glaubt es nicht – du kannst ja tatsächlich fliegen.«
Stumm starrte Barnaby zu ihm hinunter und versuchte, an glücklichere Tage zu denken, zum Beispiel an den Nachmittag, als Captain W. E. Johns den Fußball an Henry vorbei in das Tor in ihrem Garten kickte.
»Ach, mach doch nicht so ein trauriges Gesicht«, sagte der Mann. »Wir haben was ganz Spezielles hier eingebaut, extra für dich.«
Zu seiner großen Verwunderung sah Barnaby, dass in einer Ecke des Wohncontainers eine Matratze an die Decke genagelt war, genau wie Alistair es gemacht hatte, als Barnaby noch ein Baby war. Bei dem Anblick überkam ihn großes Heimweh.
»Ist es eine David-Jones-Bellissimo-Matratze?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Nein, eine von Argos. Sonderangebot«, antwortete der Mann und ließ Barnaby aus seinem Käfig heraus. »Aber das dürfte genügen.«
»Was für ein seltsamer Ort«, sagte Francis, als sie allein waren, und blickte hinaus zu der Villa, in welcher der Präsident von Irland wohnte.
»Schaut euch das mal an«, sagte Delilah und deutete auf das riesige Zelt, das mitten im Park aufgestellt worden war und auf dem Freak-Gemeinde stand. Die Schrift war eingerahmt von Zerrbildern seltsamer Gestalten, die aber keinerlei Ähnlichkeit mit den aktuellen Gefangenen hatten. »Dort werden sie uns zur Schau stellen, wie … wie …«
»Wie Freaks«, sagte Jeremy, setzte sich in eine Ecke und schlug die Flossen vors Gesicht.
Später am Abend ereignete sich jedoch etwas völlig Unerwartetes. Captain Hoseason war eingeladen worden, um mit dem Präsidenten zu speisen. Der Präsident hatte vor, ein ernstes Wort mit ihm zu reden, und zwar in zwei Sprachen. Er wollte dem Captain mitteilen, wie sehr er seine Aktivitäten missbilligte. Die Freaks hatten sich in einer Ecke des Containers versammelt und spielten Karten. Barnaby beobachtete alles von oben und musste sich zusammennehmen, um es nicht
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