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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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bereits unnötig hoch, und so wäre das der Gesellschaft gleichzeitig von Nutzen. Es ist meine vollste Überzeugung, dass Wissenschaft, die die Menschheit nicht voran- oder weiterbringt, und wenn auch nur einen Schritt oder einen Sprung, sich nicht Wissenschaft nennen sollte, sondern Humbug, im schlimmsten Fall ein Verbrechen. Wir waren also auf dem Weg nach diesem Drammen, genauer gesagt zur Trondenes Kirche, zu meiner eigenen Hochzeit. Notto Fipp war nicht besonders redselig. Aber ich. All das sagte ich, große und kleine Worte. Übrigens lief es wie geschmiert. Wir kamen genau zur rechten Zeit an, und was wäre besser gewesen? Warum soll man zu früh kommen, solange man nicht zu spät kommt? Wartezeit ist für die Kantigen ein kleiner Tod. Wir fuhren vor der Kirche nach Art der großen Leute vor, hier kommen wir, der Bräutigam und sein Trauzeuge, Bernhard Hval und Notto Fipp, der Zweitverrückteste und der Verrückteste, Platz da!
    Tora stand draußen, heimlich rauchend, ungeduldig, ihr Knie schien jedenfalls wieder gesund zu sein, als sie uns sah, warf sie die Zigarette fort und musterte zunächst mich, schüttelte nur den Kopf, bevor sie sich langsam zu Notto Fipp umdrehte, der im Hintergrund geblieben war, und musterte ihn, besonders seinen Spitzbart, und sagte schließlich:
    »Du bist also der beste Mann?«
    Notto Fipp verstand diese infame Anspielung, dieses in ihren Augen scharfsinnige Wortspiel, ein Aufschlagass, nicht sofort, und er schaute zu Boden, verlegen, und wenn es etwas gibt, was mich rasend macht, dann Leute, die andere verlegen machen, ob es sich nun um Könige oder Bettler handelt, und ich wollte an seiner statt Tora eine Antwort entgegenschleudern, die gepfeffert war. Doch Notto Fipp kam mir zuvor:
    »Ach, das weiß ich nicht so recht. Aber ich gebe auf jeden Fall mein Bestes.«
    Welche Antwort! Welche Parade! Welche demütige Würde! Welche Rückhand! Und Tora bekam den Schlag buchstäblich zurück auf ihre Stirn. Also wandte sie sich lieber wieder mir zu, zog sogar meine Schleife zurecht und sagte:
    »Na, Jungs, wollen wir reingehen und uns ein bisschen verheiraten?«
    Hic et nunc!
    Lasst es uns hinter uns bringen!
    Während wir alle Mann um die Kirche herumgingen, um zur Sakristei zu kommen, schob ich schnell eine Hand in die Tasche, um mich zu vergewissern, dass die Drops dort lagen. Das taten sie nicht. Natürlich nicht! Ich hatte ja den Anzug gewechselt. Die Schachtel lag in der anderen Jacke. Augenblicklich wurde ich von Panik und Durst übermannt, wie ich es noch nie erlebt hatte, ich knirschte mit den Zähnen, saugte den Staub der Keramik in mich und schnappte nach Luft. Es machte die Sache nicht besser, als ein drakonischer Pfarrer uns in Empfang nahm und die Trauzeugen, also Tora und Notto, ermahnte, welche Verantwortung sie übernommen hätten, sie waren die Zeugen Gottes und der Familie, dass das Band, das jetzt geknüpft werden sollte, in einem reinen, züchtigen Knoten gebunden wurde. Tora versuchte ernst zu bleiben, Notto versuchte alles zu verstehen, und ich versuchte ein Glas Wasser zu finden. Meine Hände zitterten um mich herum, ich wurde immer schwächer und verlor bald den letzten Rest an Beherrschung. Ich war schlicht und ergreifend seekrank, musste hinaus auf eine gefährliche Fahrt und war seekrank, bevor wir noch ablegten. Ich könnte meinen Zustand damals, in der Sakristei am 12. September 1929, als globulus hystericus bezeichnen, auch wenn dieses nervöse, krampfartige Verhalten meist bei Frauen auftritt, das sie wie ein Wollknäuel im Hals beschreiben, das aber, wenn auch selten, ebenfalls bei nervenkranken, schwachen Männern zu beobachten ist. Es gefällt mir, ein wenig an Pensum zu repetieren, meine Dissertation, meinen Doktorgrad. Das hält den Kopf klar, während ich hier mit dem Rücken zur Uhr sitze und schwatze. Die Diagnose war ganz simpel die, dass die Magie des schwarzen Drops mich verlassen hatte, wie die Seele bei gewissen Gelegenheiten den Körper verlässt. Ich ähnelte zum Verwechseln den Patienten, die heutzutage bei mir angekrochen kommen, mit trockenen, aufgerissenen Lippen, und um das große Rezept bitten. Der Pfarrer, der, wie sich herausstellte, gar nicht mehr so drakonisch war, sagte irgendeinen Quatsch in der Richtung, dass es keinen Grund gab, nervös zu sein, ganz im Gegenteil, alles war eitel Freude und Feierlichkeit, und viele hatten das schon vor mir getan, auch wenn ich es das erste und einzige Mal tun würde.
    »Du

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